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Vietnam: Kaffee trotz Klimawandel

PlayKaffee-Bauer prüft Kaffee-Bohnen
Vietnam: Kaffee trotz Klimawandel | Bild: SWR

Vietnam ist nach Brasilien der zweitgrößte Kaffeeexporteur der Welt. Wenn es um Robusta-Bohnen geht, ist Vietnam sogar unumstrittene Nummer eins. Wegen des Klimawandels werden die Pflanzen anfälliger für Schädlinge. Bisher war die einzige Antwort: Mehr Pestizide. Nun aber findet ein Generationswechsel statt. Kinder von Kaffeebauern wollen es anders machen als ihre Eltern und setzen auf neue, nachhaltige Anbaumethoden. Kaffeebauer Dinh Van Dong kämpft im zentralen Hochland Vietnams ehrgeizig für den Erhalt von Vietnams Kaffeekultur. Erfolgreich – der Robusta kommt mit den widrigen Bedingungen bereits relativ gut klar. Nun investiert auch die Regierung in die Erforschung neuer Kaffeesorten. Ziel: Die Züchtung eines "Super-Kaffees".

Dünger aus Bananen und Hühnerkot

Ein stinkender Brei: Sein Wundermittel. Dinh van Dong mischt Bananen, Hühnerkot und Zuckerrohrsaft. Mit Enzymen, die das alles zersetzen. Die perfekte Mischung für den Dünger. Der landet auf seiner Kaffeeplantage. Die Flächen hat er vor sieben Jahren von seinen Eltern geerbt. Aber er macht alles ganz anders sie. "Meine Eltern hatten wie alle hier exzessiv chemische Pestizide und Dünger verwendet. Der Boden war hart und sauer. Die Pflanzen schwach. Das war nichts für die Zukunft. Deshalb wollte ich es anders machen und hab mich auf den organischen Anbau spezialisiert."

Kaffeekirschen in Korb
Der Klimawandel bedroht den Kaffeeanbau | Bild: SWR

Einmal im Monat gießt er seine Kaffeepflanzen mit dem stinkenden Nährstoff-Mix, das schützt auch vor Schädlingen. Früher lebte Dong in Ho Chi Minh City, der Millionenmetropole im Süden Vietnams Jetzt ist der 35jährige zurück im zentralen Hochland, seiner Heimat. Seit drei Monaten hat es hier nicht mehr geregnet. Ungewöhnlich lang für diese Jahreszeit. Dazu ist es heiß. Kaffeebauern schwören eigentlich auf das kühle Klima hier oben. Aber mittlerweile sei das Wetter unberechenbar, finden viele hier.

Kaffeebauern brechen mit der Tradition

Bauer Dong hält mit Hühnermist seinen Boden weich. Für jeden Baum ein Sack. Damit kämpft er gegen die Folgen des Klimawandels. "Die Trockenzeit ist extrem in diesem Jahr. Andere Kaffeefarmer mussten zwei- bis dreimal mehr wässern als ich mit meinen organischen Methoden. Wir können das hier schaffen. Die Bäume wachsen gesund und gleichmäßig bei mir, sie sind stark." Er kennt seine Pflanzen, jeden Baum, jeden Busch. Und er wartet, bis die Kaffeekirschen ihre schöne rote Farbe entwickeln. Denn dann erst sind sie reif. Die eigentliche Erntezeit ist zwischen November und Dezember. Aber auch das ist anders auf seiner Plantage: Das ganze Jahr über reifen hier die Früchte. Für Qualität brauche es Zeit, sagt er. Und Leidenschaft. "Die sind so süß wie Honig, und hier mitten in der Süße stecken die Bohnen."

Luftaufnahme Kaffeeplantage
Hier wächst vietnamesischer Robusta-Kaffee | Bild: SWR

Ein Kaffeebauer, der mit den Traditionen bricht. Die anderen Farmer aus der Umgebung haben ihn erst belächelt. Er hatte sich das meiste einfach nur angelesen und nicht so viel Erfahrung wie sie. Aber mittlerweile ist er ein gefragter Mann. Und berät die anderen. Sie haben sich zusammengetan zu einer Kooperative und können so gemeinsam von seinen Methoden profitieren. "Seit drei Jahren dünge ich jetzt organisch, dank ihm", sagt Kaffeebauer Ninh Van Hah. "Ich hab viel von Dong gelernt. Es geht zwar alles langsamer, aber es ist nachhaltiger, die Wurzeln sind stärker, und die Bohnen besser. Ja, die Qualität ist gut."

Test der neuen Super-Bohne

Eine neue Generation von Kaffeebauern übernimmt in Vietnam die Anbauflächen. Trotz der schwierigen Bedingungen, unter denen Kaffeepflanzen und –bauern leiden. Hier leben überwiegend Kleinbauern. So um die zwei Hektar Land haben die meisten, knapp 2.000 Bäume. Sie wollen ihre Existenz und den Kaffeeanbau retten. Auch er gehört dazu, Kaffeebauer Tanh. In seiner Baumschule testet er EINE ganz neue Bohnen-Sorte. Sie heißt TS5, aber hier nennen sie alle nur die Super-Bohne. Weil sie so gute Erträge bringt. Auf einen stabilen Wurzelstock steckt er die gezüchteten Kaffeepflanzen. Er testet, welche Kombination gut wächst in der Region. "Mit dieser neuen Pflanze versuchen wir, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: hohe Erträge aus der neuen Bohnen-Sorte und starke Wurzeln, die den extremen Wetterbedingungen standhalten."

Kaffee-Testerin probiert verschiedene Kaffees
Die Qualität entscheidet | Bild: SWR

Zwei Monate haben die Kaffeepflanzen Zeit, um geschützt zusammenzuwachsen, dann kommen sie raus auf die Plantage. Eines weiß er schon sicher: Der Anbau ist günstiger als bei anderen Sorten: auch er benötigt weniger Wasser, weniger Dünger. Und wenn’s gut läuft, liefert die Ernte nach ein paar Jahren deutlich mehr Bohnen. Dass die Qualität der Bohnen nicht unter dem Klimawandel leidet – das ist überlebenswichtig für die Kaffeehändler in der Region. Die Nachfrage nach Kaffee wächst. Nicht nur in Europa auch in Asien. Bevor die Bohnen verkauft werden, müssen sie erstmal die Geschmacksnerven der Kaffeetester überzeugen. Sie checken Süße und Säure des Kaffees und bestimmen damit auch den Wert der Ernte. "Ich kann nicht schmecken, ob ein Kaffee organisch angebaut wird, aber ob er hochwertig ist", sagt die Qualitätskontrolleurin Doan My Khen. "Die neue Bohne TS5 hat zum Beispiel einen tollen Nachgeschmack."

Klimawandel führt zu Innovationen

In Vietnam wächst bislang überwiegend die kräftige Robusta-Bohne. Sie ist nicht ganz so empfindlich beim Anbau wie die Arabica. Aber hohe Temperaturen und Dürre setzen ihr zu. "Indem wir die Herausforderungen des Klimawandels angehen, profitieren wir davon: wir entwickeln besseren Kaffee, bessere Methoden für den Anbau und die Verarbeitung", erklärt Nachhaltigkeitsmanager Thuan Sarzynski."Der Klimawandel führt schlussendlich dazu, dass wir innovativer sind."

Kaffeebauer pflanzt Kaffeepflanze
Eine neue Bohnensorte soll dem Klimawandel standhalten | Bild: SWR

Kaffeebauer Dong und seinen Nachbarn geht es noch um mehr. Sie lieben den traditionellen vietnamesischen Filterkaffee und wollen die Kaffeekultur erhalten. Sie verbindet die Generationen. "Das Gemeinsame hilft jedem von uns", sagt Kaffeebauer Dinh van Dong. "Wir machen ja auch das gleiche. Und so können wir vieles zusammen neu entdecken. Wenn es uns dann auch noch Freude bringt, ist das doch besonders gut. Die Kollegen hier geben mir Energie, das motiviert mich und so kann man immer neue Ideen entwickeln." Im Wettlauf mit dem Klimawandel holen die Kaffeebauern in Vietnam gerade einen kleinen Vorsprung raus. Sie alle hier hoffen: Mit neuen und nachhaltigen Methoden können auch noch weitere Generationen vom Kaffeeanbau leben.

Autorin: Christiane Justus, ARD-Studio Singapur

Stand: 18.03.2024 09:10 Uhr

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