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Weltspiegel

Tunesien: Alles muss raus! - Besuch beim Diktator-Schlussverkauf:

Vor zwei Jahren setzte das politische Tauwetter des Arabischen Frühlings ein. Tunesiens Jugend jagt in der 'Jasmin-Revolution` seinen korrupten Alleinherrscher und Präsidenten Ben Ali aus dem Land. Der weilt heute krank im Exil in Saudi-Arabien. Wie andere Tyrannen vor ihm lebte Ben Ali samt Familienclan in Saus und Braus. Was er nicht mitnahm wird jetzt in einem Hotel in der Hauptstadt Tunis versteigert - im Diktator-Schlussverkauf. Sportschlitten, Juwelen und Möbel aus Gold: Insgesamt 12.000 konfiszierte Kostbarkeiten umfasst die Haushaltsauflösung, die der tunesischen Regierung bis Monatsende rund zehn Millionen Euro einbringen soll. Schuhe, Handtaschen und Uhren unter 5000 Euro werden zum Festpreis angeboten. Stücke, die diesen Schätzwert übersteigen, gehen an den Meistbietenden. Der Haken an der Sache: Wer an der Versteigerung teilnehmen will, muss allein schon 15 Euro Eintritt zahlen - schon das ist für die meisten Tunesier unbezahlbar. Denn die Hoffnung, dass sich neben der poltischen auch die wirtschaftliche und soziale Situation verbessert, ist nicht eingetreten - es regieren Armut, Arbeitslosigkeit und Polizeigewalt.

Autor: Stefan Schaaf, ARD-Studio Madrid

China: Wohin mit Oma? - Seniorenheime als Wachstumsmarkt: Demografieforscher blicken sorgenvoll auf das Milliardenvolk, denn China altert schneller als erwartet: Ab 2030 soll die Bevölkerung schrumpfen, während gleichzeitig der Anteil der Alten in die Höhe schnellt. 2050 wird schon rund jeder dritte Chinese im Rentenalter sein. Spätestens dann werden sich die negativen Folgen der Ein-Kind-Politik offenbaren: Denn die Tradition sieht vor, dass Kinder und Enkel für die Senioren sorgen. Was aber, wenn sich nur ein Enkel um vielleicht vier Großeltern kümmern muss? Das kann nicht funktionieren, weder organisatorisch noch finanziell, und so entdecken nun chinesische Unternehmen Seniorenheime als Wachstumsmarkt. Vor den Toren Pekings entsteht gerade ein gigantisches Projekt: Taiyang Cheng - die Sonnenstadt. 100.000 Menschen sollen hier einmal wohnen; mit Notrufknöpfen überall, medizinischer Top-Versorgung, alles behindertengerecht. Kosten: Sieben Milliarden Euro. Doch derartige Luxus-Unterkünfte können sich bestenfalls gut abgesicherte mittelständische Städter leisten. Was aber geschieht mit den 800 Millionen Bauern, die heute noch in China leben? Dem Land droht eine gewaltige Alters-Armutswelle.

Autorin: Ariane Reimers, ARD-Studio Peking

Schweden: Heimweh - Wenn Koreaner in Lappland Bremsen testen: Herr Choi hat Heimweh. Deswegen hisst er auch jeden Morgen die südkoeranische Flagge in Arjeplog in Lappland in Schweden - kurz vor dem Polarkreis. Es ist saukalt, einsam, und Yong Choi versteht kein Wort. Doch der Ingenieur hat einen Job zu erledigen: Er muss Bremsen testen für einen südkoreanischen Autokonzern. Neue Teile und Fahrzeugmodelle testet die globale Autoindustrie am liebsten im Dauerfrost von Lappland, unter Extrembedingungen. Gemeinden wie Arvidsjaur oder eben Arjeplog avancierten so in den vergangenen vier Jahrzehnten zum internationalen Test-Mekka. Nicht ungewöhnlich, wenn die Orte in dieser Zeit ihre Population verdoppeln und im Rufe stehen, ein ganzes „Belgien mit 3000 Einwohnern" zu sein. Zehn Wochen geht das so, jedes Jahr. So lang, bis die Bären wieder aus ihrem Winterschlaf kommen ... Fünf Dutzend Kollegen hat Choi dabei - und natürlich einen eigenen Koch. Denn was die Lappen da essen, na ja. Nur die heiße Sauna findet der 35-jährige Choi cool. Sowas, sagt er, hätten in Korea nur die Reichen.

Autor: Clas Oliver Richter, ARD-Studio Stockholm

Thailand: Pillen-Mafia - Im Land der gefälschten Medikamente: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist weltweit etwa jedes zehnte Medikament gefälscht. Besonders beliebt bei der Pillen-Mafia ist das Potenzmittel Viagra. Allein in Thailand sollen bis zu 90 Prozent der blauen Pillen eine Fälschung sein. Zu haben sind sie an jeder Ecke - ganz ohne Rezept und ärztliche Beratung. Die Folgen können lebensgefährlich sein, vor allem wenn die Fälschungen mit gefährlichen Inhaltsstoffen gestreckt wurde. Die meisten Imitate kommen aus China. In Hinterhof-Fabriken haben Behörden Zutaten wie Rattenkot, Druckerfarbe und Metamphetamin gefunden, ein synthetisches Stimulansmittel. Trotzdem sind sie falschen Lustmacher ein Verkaufshit in Thailand. Das Viagra-Imitat gibt es schon für einen Euro. Das Original hingegen kostet zehn Mal so viel. Geiz, Geilheit und Gedankenlosigkeit - eine tückische Kombination im Land des Lächelns. Jetzt will der staatliche Pharmakonzern GPO mit einer eigenen blauen Pille den Schwarzmarkt austrocknen. Die Thai-Version heißt ?Sidagra`, soll genauso wirken wie das Original und ist sogar billiger als die meisten gefälschten Präparate.

Autor: Norbert Lübbers, ARD-Studio Singapur

Russland: Leben im Gestern - Der ewige Mythos von Stalingrad: Stalingrad heißt seit 1961 Wolgograd und hat im Grunde nicht viel zu bieten. Die Millionenstadt geht allein und noch immer in ihrem "Stalingrad"-Mythos auf. Das Wahrzeichen: ?Mutter Heimat`, ein riesiges Denkmal. Die Stadt lebt im und vom Gestern. Bildungsreisende und Weltkriegs-Nostalgiker pilgern an die Gedenkstätten, suchen auf riesigen Soldaten-Friedhöfen nach Angehörigen. - Wladimir Turow ist 92 Jahre alt, Kommunist und Stalingrad-Veteran. Vital und fröhlich sammelt er Unterschriften. Seine Kommunisten wollen Wolgograd wieder in Stalingrad umbenennen. Viktoria hingegen ist 25, Doktorandin und Englisch-Lehrerin. Die junge Frau denkt, dass ihre Stadt nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft blicken sollte. Viktoria verweist auf die verlassenen Fabriken - verschwunden die Jobs für junge Leute. Auch das Freizeitangebot ist extrem dürftig. Und so sitzt sie mit ihren Freunden im Restaurant 'Stalingrad` und blickt auf all die Fundstücke des Krieges. Auch dieses Restaurant soll deutsche Touristen anziehen, die hier Schlachtfelder und Friedhöfe besuchen. - Die Schlacht von Stalingrad gilt als eine der größten des Zweiten Weltkriegs und als Wendepunkt des Deutsch-Sowjetischen Krieges. Insgesamt kamen hier mehr als 700.000 Menschen ums Leben. Die Schlacht endete am vor 70 Jahren 2. Februar 1943.

Autor: Udo Lielischkies, ARD-Studio Moskau

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