So., 21.07.19 | 18:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel-Reportage: Lachs und Avocado für Europa
Die dunkle Seite von Trend-Food
Der Lachs gehört eigentlich nicht in die Küstengewässer von Chile. Er ist auf der Nordhalbkugel heimisch, aber hier wächst er wunderbar zur Schlachtreife heran. So nennen es die Betreiber der Aquakulturen. 700.000 dieser Raubfische züchten sie im Süden von Chile für den Weltmarkt. In den 1980er Jahren war es noch ein Luxusprodukt, zu finden auf den Buffets der Reichen, mittlerweile ist Lachs aber zum Trend-Food geworden.
Auch dank der Massenzucht in Chile ist der Fisch erschwinglich geworden. Relativ billig und eine gesunde Alternative zum Fleisch – alles scheint für den Lachs zu sprechen. Wäre da nicht die dunkle Seite des Booms. Antibiotika-Gaben, damit der Fisch in den Aquakulturen gesund bleibt, bis zu 700-mal mehr als in Norwegen zum Beispiel, weil in Chile die Umweltgesetze so viel laxer sind.
Schließlich wurden die Lachse, die eigentlich Raubfische sind, zu Vegetariern "erzogen". Klingt erst einmal wie eine gute Idee, so kann verhindert werden, dass die Meere leer gefischt werden. Die Kehrseite des "vegetarischen Lachses" findet man in Brasilien. Soja-Anbau in riesigen, immer mehr Land verschlingenden Agrar-Großbetrieben. Dazu kommt, dass die Soja-Pellets für das Lachs-Mästen mit gesundheitsschädlichen Mitteln behandelt werden, die in der EU und in den USA verboten sind. Aber nur so kann das Soja haltbar gemacht werden, um es in riesigen Mengen zu den Lachs-Farmen zu transportieren. Die dunkle Seite des Trend-Foods, wie Matthias Ebert im Süden Lateinamerikas zeigt.
Avocados – das "grüne Gold"
Weiter im Norden bauen Farmer Avocados im großen Stil an. Ein Lebensmittel, das fast schon Kult-Status in den USA und in Europa erreicht hat: Gesundes Fett, cremig liegt es bei Veganern, Vegetariern und der wachsenden Hipster-Gemeinde der Metropolen im Trend.
In Mexiko werden mehr Avocados produziert als irgendwo sonst in der Welt. Das "grüne Gold" nennen sie es hier, doch längst glänzt es nicht mehr, wie Xenia Böttcher zeigt.
Niemals hätte José Gonzalez gedacht, dass Avocados sein Leben so dramatisch verändern würden. Seit 35 Jahren arbeitet er im Avocado-Geschäft und die steigende Nachfrage hat ihn zu einem wohlhabenden Mann gemacht. Und zu einem bedrohten. Nur noch mit schwer bewaffneten Bodyguards geht er auf seine Plantagen, sein Sohn wurde bereits entführt, 100.000 USD sollte er zahlen. Er selbst wurde schon zwei Mal entführt.
Erhielt Gonzalez für ein Kilo Avocados einst 20 Cent, so sind es jetzt bereits 3,50 Euro. Und es werden Milliarden Avocados exportiert.
Brutaler Machtkampf
Mexikos organisierte Kriminalität will mitmischen beim Geschäft mit dem "grünen Gold". Kartelle streiten im Bundesstaat Michoacan um die Macht. Die "Tempelritter" gegen "Jalisco – neue Generation". Der Kampf ist besonders brutal, Hinrichtungen keine Seltenheit. Der Terror, die Angst soll die Farmer gefügig machen. Wer sein Schutzgeld nicht zahlt, verschwindet oder wird leblos aufgefunden.
In Lateinamerika haben Globalisierung und der Boom von Lebensmitteln, die in den Industriegesellschaften zum Trend werden, nicht selten brutale Auswirkungen. Ausbeutung von Natur und Menschen, damit in der nördlichen Hemisphäre der Tisch gedeckt ist. Eine Reportage der ARD-Lateinamerika-Korrespondenten Xenia Böttcher und Matthias Ebert über die dunkle Seite von Trend-Food.
Ein Film von Xenia Böttcher und Matthias Ebert
Stand: 31.08.2019 13:15 Uhr
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