SENDETERMIN Mo., 22.05.23 | 00:05 Uhr | Das Erste

Denis Scheck empfiehlt "Philip Roth" – die Biographie

PlayDenis Scheck empfiehlt die erste umfassende Biografie von Philip Roth, verfasst von Blake Bailey
Denis Scheck empfiehlt | Video verfügbar bis 21.05.2028 | Bild: ARD

Ich möchte Ihnen eine Biographie über den in meinen Augen wichtigsten US-amerikanischen Schriftsteller unserer Zeit vorstellen: Philip Roth. Die Geschichte dieser Biographie liest sich fast selbst wie ein Roman von Philip Roth. Unmittelbar nach Auslieferung wurde Blake Baileys über tausendseitige Lebensbeschreibung von der Kritik gerühmt und stürmte die Bestsellerlisten. Dann erhoben einige Frauen aus seinem akademischen Arbeitsumfeld Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen den Biographen. Bailey bestritt die Anschuldigungen, die gerichtlich bislang nicht geklärt wurden, sein ursprünglicher Verlag ließ ihn dennoch fallen und nahm das Buch aus dem Handel. Jetzt erscheint die deutsche Übersetzung bei Hanser.

Philip Roth hat in allen seinen Werken die Goldader seiner Biographie ausgebeutet. Viele seiner Lebensstationen erscheinen uns deshalb vertraut. Die Kindheit in Newark als geliebter Sohn von Vater Herman und Mutter Bess, die Erfahrung von Rassismus, der Durchbruch mit "Goodbye Columbus", die Jahre in New York, der Welterfolg von "Portnoys Beschwerden", die tumultöse Ehe mit der britischen Schauspielerin Claire Bloom, sein Engagement für osteuropäische Autoren, seine zahllosen Affären, seine langen Aufenthalte in London, Israel und Prag. Blake Baileys Biographie lässt nun hautnah miterleben, wie sich diese individuellen Erfahrungen in Roths Schreiben verwandelte in allgemeingültige Literatur – am triumphalsten um die Jahrtausendwende in Philip Roths genialer Amerika-Trilogie "Amerikanisches Idyll", "Mein Mann, der Kommunist" und "Der menschliche Makel", Romane,  die das wahrhaftigste Abbild des Lebens in den Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts boten.

Das hartnäckigste und in Zeiten übergriffiger Identitätspolitik bezeichnendste Missverständnis über sich hat Philip Roth in einer Rede 2002 selbst ausgeräumt. "Ich habe mich nie, nicht für die Länge eines einzigen Satzes, als amerikanisch-jüdischen oder jüdisch-amerikanischen Schriftsteller verstanden", so Roth, "ebenso wenig wie sich vermutlich Theodore Dreiser, Ernest Hemingway oder John Cheever als amerikanisch-christliche oder christlich-amerikanische Schriftsteller verstanden haben." Literatur als Lösungsmittel falsch angepappter Etiketten – auch dies lässt sich bei Philip Roth lernen. Also vertrauen Sie mir und lesen Sie Blake Baileys Biographie "Philip Roth", erschienen in der deutschen Übersetzung von Dirk van Gunsteren und Thomas Gunkel im Hanser Verlag.

Blake Bailey: "Philip Roth", übersetzt aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren und Thomas Gunkel, Hanser Verlag

Stand: 21.05.2023 18:05 Uhr

7 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.