So., 21.01.24 | 23:35 Uhr
Das Erste
Denis Scheck empfiehlt "Der eiserne Marquis"
Heute möchte ich Ihnen eine wahre Höllenmaschine von einem Roman empfehlen: "Der eiserne Marquis" des Münchner Autors Thomas Willmann. So begeisternd spannend, so mitreißend lebensprall wurde lange nicht mehr in der deutschen Gegenwartsliteratur erzählt!
Hauptfigur und Ich-Erzähler ist nichts weniger als ein Genie der Feinmechanik: geboren Mitte des 18. Jahrhunderts als Sohn eines Provinzschulmeisters und Untertan Ihrer allerkatholischsten Majestät Kaiserin Maria Theresia, absolviert er in Wien eine Ausbildung zum Uhrmacher und lernt die Geheimnisse sogenannter Zauberapparate kennen: mechanische Wunderwerke wie etwa Vaucansons berühmte mechanische Ente oder van Kempelens Schachtürken. Verwundet nach einem Intermezzo als Soldat im Heer des preußischen Königs, landet er in Diensten eines geheimnisvollen französischen Marquis in Paris. Gemeinsam forschen und experimentieren sie an künstlichen Gliedmaßen, konstruieren Roboter und träumen von Automatenmenschen.
Thomas Willmann erzählt in "Der eiserne Marquis" eine Art Retro-Science Fiction in der Zeit unmittelbar vor der französischen Revolution. Dabei gelingt ihm, die Aufklärung wie einen ansteckenden Rausch zu schildern. Am Ende lässt er seinen am Altar der Vernunft opfernden Marquis und seinen Uhrmacher gegen den Tod selbst zu Felde ziehen: "Was aber", so der Marquis, "wenn’s ans Sterben geht und die Göttin der Vernunft einem sagt: 'Du weißt es doch – keine Ausnahme. Für niemanden.'"
Dieser Roman ist derb wie eine Ohrfeige, betörend wie ein Fest des Ancien Régime und unvergesslich wie Patricks Süskinds "Das Parfüm". Also vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue, und lesen Sie Thomas Willmanns "Der eiserne Marquis", erschienen im Liebeskind Verlag.
Stand: 21.01.2024 18:00 Uhr
Kommentare