Mo., 30.10.23 | 00:20 Uhr
Denis Scheck empfiehlt: "Die Bibliothek des Wahnsinns"
Ein Koran, geschrieben mit dem Blut eines Präsidenten? Eine solche Geschmacklosigkeit gab es tatsächlich – Iraks Diktator Saddam Hussein, selbst ein Blutsäufer, ließ sich Ende des Jahrtausends über Jahre hinweg 27 Liter Blut abzapfen, um die Tinte zu einem kalligraphisch gestalteten Koran herstellen zu lassen. Die Geschichte dieses absonderlichen Werks erzählt der spleenige Engländer Edward Brooke-Hitching in seinem Buch "Die Bibliothek des Wahnsinns".
Und natürlich umfasst dieses Buch der Bücher noch viele andere Skurrilitäten. Zum Beispiel die Geschichte des berühmtesten Druckfehlers der Literaturgeschichte, der 1631 zur sogenannten "Sinner’s Bible" von Barker und Lucas führte: Die Drucker hatten beim 7. Gebot das "nicht" weggelassen, so dass die Sünderbibel die göttliche Aufforderung zum Ehebruch enthält: "Thou shalt commit adultery". Brooke-Hitchings schreibt über Zauberbücher und Bücher, die töten. Unsichtbare Bücher. Bücher, die man nur unter einem Elektronenmikroskop lesen kann und Bücher, die so groß sind, daß man einen Motor braucht, wenn man die Seiten umblättern möchte. Nicht zu vergessen schreibt er über "anthropodermische Bibliopegie" – mit anderen Worten in Menschenhaut gebundene Bücher. Eine französische Comtesse etwa war so in die Werke des Astronomen Nicolas Camille Flammarion verschossen, dass sie verfügte, nach ihrem Tod solle ihr die Haut abgezogen werden und dem Autor übereignet, damit er sein neues Werk darin binden lassen könnte.
Jeder, der einen Funken Bibliophilie in sich trägt, wird dieses Buch lieben. Also vertrauen Sie mir und lesen Sie "Die Bibliothek des Wahnsinns" von Edward Brooke-Hitching, erschienen in der deutschen Übersetzung von Lutz W. Wolff im Knesebeck Verlag.
Stand: 29.10.2023 18:00 Uhr
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