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Provokant, überraschend, anregend

Der Dokumentarfilm "Feminism WTF" 

PlaySzene aus dem Dokumentarfilm "Feminism WTF" 
Provokant, überraschend, anregend – Der Dokumentarfilm "Feminism WTF"  | Video verfügbar bis 28.08.2024 | Bild: ARD

Feminismus ist noch immer ein Reizwort. Und noch immer wird über ihn gestritten. Der Film „Feminism – What the Fuck“ ist ein kämpferisches Plädoyer für Gleichberechtigung mit starken Bildern. Regisseurin Katharina Mückstein ist selbst eine engagierte Feministin. Sie hat einen Film gemacht, in dem Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen zu Wort kommen.

„Feminismus bedeutet für mich im Großen und Ganzen eine ständige Auseinandersetzung mit Machtverhältnissen und unbedingte Solidarität mit jeweils denen, die wenig Macht haben“, sagt Mückstein.

Ungerechtigkeit beginnt bei der Geburt

Die Ungerechtigkeit beginnt bereits mit der Geburt: mit der Idee, dass Menschen entweder Mädchen oder Jungen sind. Dabei weiß die Biologie durch Analyse von Genen und Chromosomen, dass es dazwischen noch mehr gibt. „Wenn man nur zwei Kategorien hat, dann ist immer eine über der Anderen. Das ist der Grund, warum es sich so hält: es hält die einen an der Macht und die anderen nicht“, sagt die Biologin Sigrid Schmitz.

Im Film werden Jungen rosa und Mädchen blau angezogen. Das Baby X-Experiment zeigt, wie sich das Verhalten der Erwachsenen gegenüber den Kindern gravierend ändert – selbst die Tonlage – je nach angenommenen Geschlecht. Es geht um die erwartende Wahrnehmung, also das heißt, wir nehmen nicht mehr wahr, wir nehmen nicht mehr genug wahr und dann fangen wir an Menschen reinzupressen“, sagt die Maisha Auma, Erziehungs- und Genderwissenschaftlerin.

„Wir ignorieren den Stand der Wissenschaft“

„Dabei ignorieren wir eben auch den Stand der Wissenschaft, dass es nicht einmal auf biologischer Ebene nur zwei Geschlechter gibt. Und wir sind gar nicht bereit, unsere Kinder kennenzulernen als die, die sie wirklich sind und sie die werden zu lassen, die sie halt werden wollen oder müssen,“ sagt Katharina Mückstein. „Geschlecht ist der letzte Ort der Versicherung in einer sehr unsicheren Welt und ich glaube, das hat damit zu tun, dass die Vorstellung, Biologie ist Schicksal, das Biologische ist nun mal so schicksalhaft, dass die auch eine gewisse Sicherheit gibt“, sagt Schmitz.

Männer werden aufgrund ihres Geschlechts bis heute bevorzugt – nicht nur finanziell. Der Film macht deutlich: Unser Wirtschaftssystem fußt auch darauf, dass Frauen die meiste Sorgearbeit übernehmen.

„Eine bestimmte Gruppe, die wir Frauen nennen, ist zuständig, und zwar gratis für diese ganze Sorgearbeit. Und damit einhergehend eben auch die Abwertung dieser Gruppe, weil wenn diese Gruppe ein bisschen weniger wert ist, weil’s ja Frauen sind, dann ist es umso legitimer, dass sie diese Arbeit gratis machen oder schlecht bezahlt“, sagt Franziska Schutzbach, Geschlechterforscherin und Soziologin.

Männer haben zu wenig Interesse am Feminismus

Männer haben wenig bis gar kein Interesse an Feminismus. Macht, Stärke, Dominanz zählen. Immer noch ist unsere Gesellschaft in allen Lebensbereichen männlich dominiert, das belegt der Film mit Zahlen. „Für Männer ist das ein blinder Fleck, weil Männer profitieren davon, Männer sehen das nicht. In meinen Seminaren sind alle erstaunt, wenn ich ihnen sage, dass es immer noch so ist, weil sie alle davon ausgehen, dass wir längst Gleichberechtigung haben, Gleichstellung und das ist absurd“, erklärt der Männerforscher Christoph May.

Der Film geht über Feminismus hinaus, verbindet ihn mit Kapitalismuskritik, Rassismus- und Genderforschung. Für die Interviews und Tanzszenen nutztRegisseurin Katharina Mückstein leere Büroräume, die für sie ein Sinnbild eines kaputten kapitalistischen Systems sind. So wird „Feminism WTF“ zum Gesamtkunstwerk – inhaltlich, visuell und körperlich – das anregt und Zusammenhänge erschließt.

„Darum war mir das so ein großes Anliegen, einen Film zu machen, der eigentlich in seiner Argumentation erklärt, wie Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus Größen sind, die unser Zusammenleben organisieren und die auch ohne einander nicht können. Und dass wir sie deshalb auch nicht getrennt voneinander bekämpfen können“, so Mückstein.

Stand: 05.09.2023 13:31 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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