Tierrechtsverstöße bei Zulieferbetrieben von Kentucky Fried Chicken
Undercover-Bildmaterial der Tierrechtsgruppe ANINOVA dokumentiert Tierrechtsverstöße in Geflügelfarmen, deren Fleisch unter anderem der Fastfoodkette KFC zugeliefert wird.
Die Betriebe produzieren auch für den Verband Initiative Tierwohl. Dieser hat nach Bekanntwerden Sanktionsverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder ermittelt wegen strafrechtlich relevanter Verstöße gegen das deutsche Tierschutzgesetz.
Text des Beitrags:
Elegant sehen sie aus, Rassehähnchen wie Models auf einer grünen Wiese, hochwertig. Aus solchen Haltungen soll das Fleisch der KFC-Produkte stammen. So verkauft es uns deren Werbung.
KFC verspricht mehr Tierschutz
Beim Tierschutz geht der Fastfood-Konzern in die Offensive mit großen Versprechungen. So heißt es: „Auch in Sachen Tierschutz möchte man Maßstäbe in der Branche setzen.“
Man habe sich freiwillig zur „Verbesserung der Lebensbedingungen von Tieren verpflichtet.“ Dabei hat KFC gar keine eigenen Betriebe, sondern bekommt das Fleisch zugeliefert, letztlich aus Betrieben unter anderem in Brandenburg. Was ist also dran an den Versprechungen?
Bedingungen in den Betrieben sehen oft anders aus
REPORT MAINZ bekommt über die Tierrechtsgruppe Aninova Bildmaterial zugespielt, das in Betrieben entstand, in denen das Fleisch unter anderem für die KFC-Produkte entsteht. Die Aufnahmen zeigen Masthähnchen am Ende der Mast in vollen Stellen. Sie stehen auf einer zentimeterdicken Decke aus Kot, obwohl hier eine Einstreu sein sollte. Viele tote Tiere sind zu sehen, auch solche, die längst hätten entsorgt werden müssen.
Von ihm haben wir die Aufnahmen bekommen, Jan Peifer von der Tierrechtsgruppe Aninova. Er kritisiert vor allem, dass diese Betriebe an der sogenannten Initiative Tierwohl teilnehmen, doch die Kriterien nicht einhalten. Demnach sollte dem Geflügel mehr Platz eingeräumt werden und auch eine Einstreu. Seine Bewertung?
Jan Peifer, ANINOVA e.V.:
„Zum Beispiel diese Betriebe hier nehmen an der Initiative Tierwohl teil, das Fleisch wird als Haltungsstufe 2 verkauft, aber wie diese Bilder eben zeigen, unterscheidet sich das in keinster Weise zu der normalen Haltung. Und was mich besonders schockiert hat war, dass so viele Tiere krank und verletzt sind und dass ihnen einfach nicht geholfen worden sind, die sind im Grunde sich selbst überlassen worden.“
Wir wollen das genauer wissen und fahren nach Brandenburg, besuchen verschiedene Betriebe, die für einen Fleischkonzern produzieren, der an KfC liefert. Auch der macht große Versprechungen in Sachen Tierschutz. Doch die Betriebe wollen nicht mit uns sprechen.
Die hessische Landestierschutzbeauftragte sieht Straftatbestände erfüllt
Wir legen die Bilder einer Expertin zur Begutachtung vor. Madeleine Martin, der hessischen Landestierschutzbeauftragten. Nach eingehender Prüfung sieht sie hier sogar Straftatbestände erfüllt. Ihre Bewertung ist bei allen Betrieben ähnlich.
Madeleine Martin, hessische Landestierschutzbeauftragte:
„Das sind einfach alles Hinweise auf ein nicht ausreichendes Management. Und das führt hier definitiv zu erheblichen langanhaltenden Schmerzen und Leiden bei Tieren. Für mich ist das eine Straftat, ja. Weil auch geregelt ist, wenn sie, auch davon gehen wir aus, in einem Normalbetrieb, dass immer wieder Tiere krank werden, dass immer wieder Tiere sterben, davon gehen wir aus, automatisch. Aber dann hat der Besitzer die Verpflichtung, sofort einzugreifen und die Tiere eben zu töten. Und ich frage mich bei solchen Bildern immer wieder, warum sehen wir diese Bilder, wenn wir denn eine funktionierende Überwachung hatten?“
Reaktion der Behörden und der Initiative Tierwohl
Zuständig sind hier die Veterinärbehörden von drei Landkreisen in Brandenburg. Wir erfahren, die Staatsanwaltschaft in Frankfurt/Oder habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Und zwar schreibt uns die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage „ein Ermittlungsverfahren wegen strafrechtlich relevanter Verstöße gegen das Tierschutzgesetz.“
Auch die Veterinärbehörden in den beiden anderen Landkreisen wurden inzwischen tätig. Die Betriebe seien überprüft worden, teilt man uns mit. Tierschutzrelevante Verstöße seien dabei festgestellt worden. Wir erfahren, in einem Fall soll sogar ein Zwangsgeld verhängt worden sein. Die Verfahren laufen noch.
Doch was hat die Initiative Tierwohl hier unternommen, unter deren Label produzieren die Betriebe? Zweimal im Jahr soll ja auch kontrolliert werden. Der Sprecher des Verbandes erklärt uns, man sei tätig geworden. Das Ergebnis stehe aber wohl noch nicht fest. Was kommt da auf die Betriebe zu?
Robert Römer, Geschäftsführer Initiative Tierwohl:
„Das kann eine Geldstrafe sein, kann aber auch ein längerer Ausschluss aus dem System bedeuten.“
Reporter:
„Können Sie sagen, ob das hier in diesen Fällen so gewesen ist?
Robert Römer, Geschäftsführer Initiative Tierwohl:
„Auch in diesen Fällen haben wir unser übliches Prozedere vorgenommen und auch in den Fällen, wo wir was festgestellt haben, haben wir natürlich auch Sperren verhängt oder auch Sanktionsverfahren eingeleitet.“
Ein Betrieb wurde vorübergehend gesperrt
Bei den Dreharbeiten in einem Betrieb stellten die Tierrechtler zudem fest, dass das Tränkesystem offensichtlich nur unzureichend funktionierte und, dass etliche Nippeltränken verdreckt waren oder sogar fehlten.
Jan Peifer, ANINOVA e.V.:
„Und zwar nicht nur ein oder zwei, sondern hunderte. Da fragt man sich natürlich, wie kann es sein, dass dieser Betrieb vorher eben auditiert worden ist und das nicht aufgefallen ist und das jetzt erst aufgefallen ist.“
Dem Betrieb wurde nach Meldung durch die Tierrechtler dann durch den Verband das Label entzogen. Die fehlenden Tränken wurden nachgerüstet. Dennoch wurde das Geflügel unter Label Kategorie 2 geschlachtet, obwohl der Betrieb zuvor nicht diese Kriterien der Initiative Tierwohl erfüllte.
Jan Peifer, ANINOVA e.V.:
„Kurzum, hier muss man sagen, dass über Monate oder Jahre hinweg die Vorgaben der Initiative Tierwohl nicht eingehalten worden ist, dennoch das Fleisch als Initiative Tierwohl verkauft worden ist und selbst bei einem konkreten Hinweis und sogar Missständen, die sie selber dokumentiert haben, das Fleisch dann dennoch als Initiative Tierwohl verkauft worden ist.“
Was bringen Kontrollen in den Geflügelbetrieben?
Was bringen also Kontrollen überhaupt? Die Albert-Schweizer-Stiftung für Tierschutz hat für die gesamte Agrarindustrie Tierwohlkriterien entwickelt, an denen sich die Branche inzwischen orientiert. Ihr Leiter sieht die Entwicklung kritisch.
Mahi Klosterhalfen, Alber Schweitzer Stiftung:
„Das ist ein großes Problem. Wir haben die staatlichen Kontrollen, die finden weniger als alle 10 Jahre statt im Schnitt. Und dann haben wir die Initiative Tierwohl, die noch zweimal im Jahr zusätzlich kontrolliert. Aber da ist ja dann auch die Frage, wie gut sind die Kontrolleure geschult, wie motiviert sind die wirklich, Dinge aufzudecken? Sind die bereit, sich auch mal anzulegen mit einem Tierhalter, der wahrscheinlich jetzt auch nicht besonders zimperlich ist, wenn der Kontrolleur sagt, da gefällt ihm was nicht. Und manchmal werden einfach schlichtweg Dinge übersehen, weil die Leute nicht genau genug hingucken.“
Was sagen der Schlachthofbetreiber dazu und die Betriebe zu den Recherchen?
Weitere verdeckte Bilder zeigen, am Ende der Mast verpackt ein Ausstalltrupp die Hähnchen nicht gerade zimperlich in Kästen und transportiert sie zu einem großen deutschen Schlachthof. Auch dieses Unternehmen wirbt mit hohen Tierschutzstandards. Wir haben das Unternehmen und auch die landwirtschaftlichen Betriebe mehrfach mit den konkreten Vorwürfen und den Bildern konfrontiert. Die Antwort, man wolle sich erst äußern, wenn das gesamte Filmmaterial übergeben würde.
Die Reaktion von KFC
Und was sagt KFC zu den Vorgängen? Letztlich landet das Fleisch der Tiere auf dem Teller der Kunden. Zitat: „Bei KFC Deutschland arbeiten wir mit Lieferanten zusammen, die sich zu anerkannten tiergerechten Praktiken, guter Tierhaltung und hohen Tierschutzstandards verpflichten. Wir prüfen die aktuellen Vorwürfe gemeinsam mit dem betreffenden Lieferanten und werden umgehend Maßnahmen ergreifen, falls sich Abweichungen von unseren Standards bestätigen.“
Fazit, der Fastfood-Konzern und seine Lieferanten versprechen Großes in Sachen Tierschutz, werten damit ihre Produkte auf. Unsere Fälle aber zeigen, es finden zu wenig Kontrollen statt und Missstände werden häufig nicht entdeckt. Es ist an der Zeit, dass Behörden und Kontrollinstanzen von Verbänden hinter die Fassaden der Betriebe schauen und nicht diesen Job Tierschützern überlassen
Stand: 01.10.2025 12:56 Uhr