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Italien: Mussolinis Urenkel und Salvinis Freunde

PlayEin Mann hält ein Wahlkampfplakat mit der Aufschrift "Mussolini".
Italien: Mussolinis Urenkel und Salvinis Freunde | Bild: BR

„Europa – Nation – Revolution“ skandieren die jungen Rechten in Catania. Von der Lega bis zu den Identitären – alle marschieren mit. Merkwürdig nur, von den Jungen darf niemand mit uns sprechen – sie schicken uns zu den Alten wie Giuseppe Bonanno Conti von der Forza Nuova: "Das stimmt, es gibt diese Hierarchie. Die erfahreneren und älteren Leute, die seit Jahren in der Politik aktiv sind und die alles gegeben haben für die Partei und das Vaterland, die dürfen reden und die Jungen müssen zuhören."

Begeisterung für Salvini

Sie feiern Matteo Salvini mittlerweile auch im Süden, wollen ihn als politischen Führer. Ihre Stimmen sind laut, sie werden immer mehr – wie weit rückt Italien nach rechts?

Die beiden Journalisten Elena Testi und Federico Marconi haben recherchiert, dass im ganzen Land in kurzer Zeit zahlreiche Jugendgruppen der extremen Rechten entstanden sind: Frustrierte, ohne Perspektive, auf der Suche nach Anerkennung. Und genau die finden sie bei Lega-Chef Salvini. Federico Marconi, Journalist L'Espresso: "Die Jugendlichen sind seine zukünftigen Wähler, aktiv auf der Straße und in den Vierteln. Und das hilft der Lega, die gerade einen enormen Wählerboom erlebt, von vier auf zirka 30 Prozent hochgeschnellt, sollten sich die Umfragen bewahrheiten. Was heißt das? Vorher hatte der Lega etwas gefehlt: ein Netzwerk vor allem in Süditalien."

Mussolinis Urenkel

Und dort geht einer auf Stimmenfang, dessen Name Italiens Geschichte prägt, im apulischen Stornarella: 6000 Einwohner, die meisten Leute haben nicht viel. Hier erwarten sie Caio Giulio Cesare Mussolini. Der Urenkel von Benito Mussolini kandidiert für die rechtsextreme Fratelli d'Italia. Die Fratelli dIItalia gehörten einst zum Mitte-Rechts-Bündnis mit Salvinis Lega und Berlusconis Forza Italia. Dass sie für den Europawahlkampf mit dem Urenkel des Faschisten ins Rennen ziehen, macht sie stolz. 

Caio Giulio Cesare Mussolini war Marineoffizier, lebte lange in den Vereinigten Arabischen Emiraten, tätig in der Rüstungsbranche. Jetzt glaubt er, sei für ihn der Moment gekommen, sich wieder für Italien stark zu machen: "Wir brauchen viel mehr Italien in Europa, um unsere Interessen zu wahren und Italien wieder ins Zentrum zu rücken."
Den Namen wollte Mussolini nie wechseln. Er sieht keine Mitschuld für das, was sein Uropa getan hat. Er will Migration streng kontrollieren. Die Linken hätten seine Heimat ins Chaos geführt. Gemeinsam mit der Lega für ein starkes Italien, so Mussolini.
Mussolini spendet Hoffnung, verspricht für ein anderes Europa zu kämpfen. Mit charmanten Tönen beendet er seinen Kurzbesuch. 

Zulauf bei Jugendlichen

Hier in Mailand hat Mussolinis Uropa vor fast genau vor 100 Jahren die faschistische Partei gegründet. Heute: Sitz der Carabinieri. Riccardo Colato und Stefano Pavesi gehören der neofaschistischen Gruppe Lealtà Azione an, die gerade einen großen Zulauf an Jugendlichen hat: "Wir können aus dem Faschismus viel Positives ziehen, unter anderem im sozialen Bereich, also den Moment, als Italien aus dem dunklen Mittelalter zu einer der stärksten Mächte Europas geworden ist. Man kann nicht sagen, dass wir aus dem Faschismus entstanden sind, aber es gibt Berührungspunkte und wir schämen uns nicht dafür."

Lega und Neofaschisten im gemeinsamen Kampf gegen Migration und für die traditionelle Familie. Und immer zuerst die Italiener. Damals wie heute: der Faschismus war nie tot, so die Journalistin Testi. Jetzt sei er fast salonfähig. Die Zusammenarbeit der Mailänder Neofaschistischen mit Salvinis Lega war dabei nur der Anfang: "Die Allianz begann 2014. Neben dem Abkommen mit Lealtà Azione werden auch welche mit anderen neofaschistischen Gruppierungen geschmiedet. Das gipfelt in einem Event im Juli vergangenen Jahres, an der 12 Gruppen teilgenommen haben, allesamt gehörten sie zum neofaschistischen Spektrum."

Ihre Wahlprogramme klingen in den Ohren vieler Italiener völlig plausibel. Deshalb wundert es nicht, dass nicht nur hier Matteo Salvini als nächster Ministerpräsident gehandelt wird.

Autorin: Ellen Trapp, ARD Rom

Stand: 12.05.2019 22:32 Uhr

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