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Chile: "90 sind die neuen 30" – Die neue, goldene Generation

Chile: "90 sind die neuen 30" – Die neue, goldene Generation | Bild: NDR

Volle Konzentration. Es geht um viel, nicht nur um den nächsten Wettkampf. Für Eliana Busch geht es immer darum ihr Bestes zu geben, weniger kommt für die 90-jährige Chilenin nicht in Frage. Eliana gehört zur neuen goldenen Generation und die hat was vor: "Ich glaube auch zum Friedhof, werde ich noch zu Fuß gehen." Mindestens drei Mal die Woche Training – mit 81 Jahren hat Eliana den internationalen Wettkampf aufgenommen. Die älteste Leistungssportlerin Chiles. In Viña del Mar fallen die Gold-Medaillen fast vom Haken, so viele sind es. Brasilien, USA, Korea, die letzten drei goldenen, das war in Katar vergangenes Jahr. "Wir Sportler brauchen schon ein großes Ego, Schwäche können wir uns nicht leisten, da brauchen wir gar nicht antreten", sagt Eliana Busch.

"Jetzt erst recht" – es ist Trotz, der Eliana antreibt. Warum, weil ein Schwimmlehrer sie vor 80 Jahren ablehnt: zu klein, zu dick sei sie. Dem will sie es beweisen und wird mit 13 Jahren Landesmeisterin! Leistungssport und Frauen – in den 1950er-Jahren offenbar mehr Pin-up-Girl, heute ist mehr Power. "Ich finde ich sehe ein bisschen zu sehr aus wie Tarzan, fehlt nur noch der Affe", lacht Eliana Busch über ein altes Foto. Eliana lässt bei ihren Wettkämpfen, selbst 45-Jährige hinter sich.

Eine neue Generation der Ü70-Jährigen

Ein FRau trainiert mit einem Trainer im Fitnessstudio.
Mit 60, 70, 80, 90 Jahren ist nicht Schluss und es wird auch nicht langsamer gemacht. | Bild: NDR

Mehr und mehr und gerade in sozialen Medien wird sichtbar: Es gibt eine neue Generation der Ü70-Jährigen. Ehrgeizig. Ambitioniert. Auf keinen Fall im "Ruhe"-Stand. Im Leistungszentrum von Santiago stählt sich die Sportelite Chiles. Unter ihnen: Tania Zeng. Mit 59 Jahren ein junger Hüpfer. Muskeln fordern, Bänder stärken – damit sie an der Tischtennisplatte explodieren kann. Tania Zeng — immer gegenhalten, durchalten. Dieser Sport ist ein Kampf. Ein Kampf, bei dem man nicht Aufgeben darf. Der Weg zum Training ist tägliche Routine. Als der Fahrer sieht, wer da zu ihm ins Auto steigt, ist er überglücklich. Als "Tante Tania" ist sie in Chile eine Berühmtheit. Ihre Sportkarriere hat gerade erst begonnen, in der dritten Lebensphase: "Mir tut nichts weh, ich glaube, weil ich einfach Lust habe, auf das was ich tue, auf das Training.

Das Team von Tania ist Chiles Olympia-Mannschaft – nichts weniger als das. Ihre Sparringspartner sind 20, 30 Jahre alt. Seit drei Jahren spielt die gebürtige Chinesin mit. Für den Trainer ist sie eine Geheimwaffe: Erfahrung und mentale Stärke gegen Kraft und Reaktionsgeschwindigkeit. Für das Team ist sie ein Vorbild: "Sie zeigt Chile und der Welt, dass jeder, jederzeit mit dem anfangen kann, was er will", sagt Teamkollege Nicolas Burgos. Es gibt keine Limits – das ist die Botschaft. Tania hat vergangenes Jahr mit Nicolas und Paulina an den Olympischen SomerS´spielen in Paris teilgenommen und wo Tania ist, ist ihr Mann nicht weit. Statt Ruhestand bereist er jetzt die Welt. "Es ist ihr Traum, der ihr wichtig ist und es ist ein Traum, den sie nicht beenden will", sagt Arturo Aravena.

Begonnen hat alles in der Corona-Quarantäne. Tania langweilt sich und greift zum Tischtennisschläger, wie einst in ihrer Jugend. Sie spielt und spielt und greift dann zum Telefon. Ehe sie sich versieht, sind sie in Paris. "Ich bitte ihn immer dabei zu sein, dann fühle ich mich sicher und ruhig. Er darf nicht fehlen", erzählt Tania Zeng. Liebe und Zusammenhalt sind auch eine Geheimwaffe.

Schwimmunterricht für andere "Silberrücken"

Zurück zu Eliana: Mit Sentimentalitäten braucht man ihr nicht kommen, mehr mit Kampfgeist. Wer rastet, der rostet – und das will sie eben nicht. Sie will unabhängig sein, weil sie noch viel vorhat: "Wer immer lamentiert, 'ach was geht es mir schlecht', dem wird es auch schlecht gehen. Und da sage ich nein. Nein, nein, nein, ich bin nicht krank, mir fehlt nichts." Drei Mal die Woche, gibt Eliana Schwimmunterricht für andere "Silberrücken". Die einen hätten sich ohne Eliana erst gar nicht ins Becken getraut, für andere ist Fitness selbstverständlich – 60 sind die neuen 40, sagt Luis Soto: "Es ist unglaublich motivierend, wenn eine Person mit 90 Jahren so schwimmt wie sie, so an Wettkämpfen teilnimmt und sich dann noch die Zeit nimmt uns Jüngeren Unterricht zu geben. Ich für meinen Teil habe vor 120 zu werden."

Beintechnik, Armtechnik, Kraulen – auf Eliana wird gehört, ihr ganzer Stolz, sagt sie, sei Pradelina, die mit 84 Jahren schwimmen lerne. "Ich bin erst 83!" "Oh, habe ich dich älter gemacht." "84 werde ich erst im Oktober." Ob Eliana auch an ein Ende denkt? Die Frage geht unter, die Antwort kommt dennoch: "Ich würde am liebsten ein Team mit zehn Schwimmern gründen, die in den Panamerikanischen Meisterschaften antreten und für mich wäre die Herausforderung, dass sie die ersten drei Plätze belegen. Da wäre ich glücklich. Ein Ende ist nicht geplant. Ihre Schülerinnen bringt sie noch nach Hause, jemand muss ja auf sie aufpassen.

Autorin: Xenia Böttcher, ARD Studio Rio de Janeiro

Stand: 20.07.2025 22:47 Uhr

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