So., 20.07.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
Samoa: Abnehmen im Paradies
Tanzende in Morgendämmerung. Das Frühstück muss warten auf Savaii, einem Teil der Samoa-Inseln. Tevita Tariu schwitzt am Morgen ab 5 Uhr beim Zumba. Seine Frau Faaolaseu geht mit gutem Beispiel voran, auch seine Tochter Choo. Bei Familie Tariu stehen Limo, Fertigessen und Soßen inzwischen auf der schwarzen Liste. Untypisch für die Insel, auf der üppiges Essen zur Kultur gehört. Mehr als 125 Kilo sollte Tevita nicht wiegen, warnen die Ärzte. Bei 134 liegt er gerade. Sie haben ihm salzarmes Essen empfohlen, und Verzicht auf Fett. "Das gilt bei uns als beschlossene Sache. Wir müssen einfach dabeibleiben. Also alles aus der Ernährung streichen, wovor ich gewarnt wurde. Leider haben wir auch ziemlich große Portionen – wir machen oft selber Witze darüber", erzählt Tevita Tariu.
Tevita schneidet Kürbis Gemüse kommt in Samoa selten auf den prallvollen Teller. Der 47-Jährige hat sich vorgenommen, das zu ändern: "Es ist so schwer, die Menschen dazu zu bringen, sich gesund zu ernähren. Es hat viel mit der inneren Einstellung zu tun. Man trifft bei den Leuten oft auf so eine sorglose Haltung. Sie essen einfach, was sie kriegen."
Bei Adipositas gehört Samoa zur Weltspitze
Nur die Palmen bleiben schlank in Samoa. Neun von zehn Einwohnern leiden an Übergewicht. Bei Adipositas gehört der Inselstaat im Südpazifik zur Weltspitze. Das hat viel mit westlichen Essgewohnheiten zu tun. Die traditionelle Ernährung wurde verdrängt von Fast Food, großen Mengen Brot, kalorienreichen Soßen und täglich literweise Softdrinks.
Auch auf Tevitas Einkaufszettel stand früher meist billige Importware. In Samoa kommen zwei Drittel der meistgekauften Nahrungsmittel aus dem Ausland und stecken voller Fett und Zucker. Zur Geschichte der Insulaner als Seefahrer gehört eher die schmale Kost.
Gesunde Lebensmittel gibt es auf Samoa: frischen Fisch und einheimisches Gemüse. Aber sie sind auf dem Rückzug. Dass es sich lohnt, dagegen anzukämpfen, hat Tevita seiner Familie schon einmal bewiesen: 2018 verlor er 40 Kilo bei einer Abnehm-Show im samoanischen Fernsehen. Ihn plagten damals Nierensteine. Operieren wollten ihn die Ärzte nur nach einer Gewichtsreduzierung. Mit seinem öffentlichen Kampf gegen die Pfunde brachte er es in Samoa zum Publikumsliebling. Doch dann kam die Corona-Zeit und mit Bewegung war bald wieder Schluss.
Tevita will zurück zur schlanken Linie: "Seit ich an dem Programm teilgenommen habe, haben sich die Dinge geändert. Denn was ich esse, essen auch meine Kinder. Ich weiß nicht, ob sie darüber besonders glücklich waren, aber das Wichtigste ist, dass sie gesehen haben, was mit mir passierte, sodass sie es verstanden."
Frühsport auf den Dörfern mit Tevita

Mit Verstehen fängt gesunde Lebensweise an. Manchmal erst, wenn es schon zu spät ist. Anhaltendes Übergewicht erhöhte das Risiko für Diabetes und Nierenversage, in Samoa inzwischen eine Volkskrankheit. Der Mediziner Dr. Matalavea kann bei frühzeitiger Erkennung Schlimmeres verhindern – bis hin zu Amputationen. Doch viele seiner Patienten müssen mehrmals in der Woche zur lebensrettenden Blutwäsche.
50 Dialyse-Plätze betreibt die einzige Nieren-Klinik in der Hauptstadt Apia. "Wir brauchen hier eigentlich noch mehr Maschinen. Aber wir haben gar nicht genug ausgebildetes Personal, um sie zu bedienen. Unsere Kapazitäten lasten wir voll aus. Der Betrieb läuft zwölf Stunden täglich", erklärt Klinikleiter Leituala Matalavea. Zu wenig für die mehr als 220.000 Einwohner von Samoa. Viele Kranke leben weit entfernt auf den Dörfern. Sie schaffen es nicht regelmäßig in die Hauptstadt. "Leider haben wir derzeit auch eine hohe Sterblichkeit durch diese Probleme. Unsere Politiker sind also gefordert, Lösungen zu suchen und Entscheidungen zu treffen, damit es für unsere künftigen Generationen weniger schwierig wird", sagt Leituala Matalavea.
Die Regierung schickt Tevita. Der Star aus der Abnehmshow bekam den Auftrag, den Frühsport auf den Dörfern von Samoa zu verbreiten. Ein Vorbild auch für die Jüngeren. Sie sollen früh lernen, dass ein Leben ohne Übergewicht möglich ist. "Ich richte einen Appell an dieses Land. Auf Samoa wertschätzen wir doch die Zeit mit Familie und Freunden. Wir sollten uns klar machen, dass wir nur einmal leben", sagt Tariu Tavita.
Die Chance auf mehr Lebenszeit mit den Liebsten lässt sich verbessern. Mithilfe des Speisezettels und durch Tanz im Morgengrauen.
Autor: Ulrich Mendgen, ARD-Studio Tokio
Stand: 20.07.2025 19:18 Uhr
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