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China: Pflegekräfte für Deutschland

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China: Pflegekräfte für Deutschland | Bild: BR

"Guten Tag." "Guten Tag." "Wie heißen sie?" "Ich heiße Gisela. Ich bin Krankenschwester. Und Sie?" "Ich heiße Petra. Ich bin auch Krankenschwester."

In Weiß gekleidete Leute sitzen in einem Sprachlabor
Sprachkurs für Deutschland | Bild: BR

Seit sechs Monaten pauken sie hier jeden Tag zehn Stunden: Petra und Gisela. Die Namen hat ihnen ihr Lehrer gegeben. Deutsch sprechen können sie schon ganz gut. Mit dem Kurs sollen sie aber auch Land, Leute und Kultur kennenlernen.

Der Lehrer: "Wir hören nun ein Lied der Band ‚Faule Tiere‘: ‚Ein ganz normaler Tag‘"

Noch sind ihre Vorstellungen von Deutschland wage: Pünktlich und ordentlich seien die Deutschen, haben sie gelernt, und dass es Sauerkraut in Bayern gibt und Labskaus in Hamburg.

Petra: "Wenn ich an Aachen denke, kommt mir …, kommen mir die Printen und etwas anderes in den Sinn.“

Gisela: "Wenn ich nach Berlin fliege, werde ich die Spezialitäten probieren.“

Wann, wo und wie sie in Deutschland eingesetzt werden, noch ist das nicht entschieden. Das Pilotprojekt steht erst ganz am Anfang.

Petra und Gisela sind strenge chinesische Erziehung gewohnt: Morgenappell mit Gymnastik gehört dazu.

Petra, die eigentlich Xu Yoyu heißt, ist Krankenschwester geworden, weil ihre Eltern das so wollten. Aber die Idee, jetzt nach Deutschland zu gehen, hatte die 23-Jährige selbst.

Gisela, eigentlich Shen Xiaoxi, hat sich für den Kurs entschieden, weil sie gerne Sprachen lernt und jetzt mit 24 endlich andere Länder sehen will.

Alle Teilnehmer des Kurses sind ausgebildete Krankenschwestern. Sie haben drei bis fünf Jahre auf Schwesternschulen gelernt. Die Ausbildung in China ist bekanntermaßen gut.

Alte Menschen besonders zu respektieren, das ist chinesische Tradition. Aber ist das auch in Deutschland so? Kulturelle Unterschiede kennt Petra bislang nur aus dem Lehrbuch. Aber was bedeutet das für ihre praktische Arbeit in Deutschland? Noch ist die Unsicherheit groß.

Krankenschwester "Petra"
Krankenschwester "Petra" | Bild: BR

Xu Yoyu / Petra: "In China ist es üblich, dass die Jüngeren den Älteren helfen. Und die Älteren sind es gewohnt, Hilfe anzunehmen. Vielleicht sind die Senioren in Deutschland mehr Unabhängigkeit gewohnt und wollen sich gar nicht so viel helfen lassen. Das werde ich herausfinden müssen."

Vor den fachlichen Anforderungen haben sie keine Angst. In China ist es üblich, dass die eigentliche Pflege von angelernten Helferinnen übernommen wird. Sie aber sind voll ausgebildete Krankenschwestern und fühlen sich daher bestens qualifiziert.

Shen Xiaoxi / Gisela: "Ich träume davon, die Welt zu sehen und fremde Sprachen zu lernen. Und bin ich gern Krankenschwester. Jetzt habe ich die Chance alles zu verbinden, meinem Beruf nachzugehen und gleichzeitig im Ausland zu sein."

Viele der Teilnehmer des Kurses kommen aus Ein-Kind-Familien. Zuhause waren sie es gewohnt, umsorgt zu werden. Kochen kann daher nicht jeder. In Deutschland aber, so haben sie gelernt, ist das Essen teuer und schmeckt ganz anders. Deswegen gehört zu ihrer Vorbereitung auch ein Kochkurs.

Zum Frühstück essen wir gerne Porridge. Die Deutschen aber essen Brot und trinken Milch. Daran werde ich mich erst gewöhnen müssen.

Xu Yoyu / Petra: "Wir Chinesen sind ja oft recht laut, wenn wir zusammen sind. Die Deutschen mögen es vielleicht lieber leise, mögen dass nicht so viel geredet wird, zum Beispiel im Bus. Ich habe ein wenig Angst, dass ich Leute stören könnte, wenn ich so etwas nicht weiß."

Eine Menschengruppe und ihre Koffer auf einem Hof
Abreise nach Japan | Bild: BR

Draußen vor der Tür stehen die fertig gepackten Koffer. Ein anderer Kurs macht sich auf die Reise nach Japan. Mehr als 1100 Krankenschwestern hat das Unternehmen bereits nach Japan, Singapur, und die arabische Welt entsandt. Jetzt soll der europäische Markt erobert werden. Und das obwohl die chinesische Gesellschaft rapide altert und man meinen sollte, Pflegekräfte würden in China selbst dringend gebraucht.

Wang Zhuwen, Internationales Krankenschwestertrainingszentrum Shandong: "Die Weltgesundheitsorganisation sagt: China hat die Zahl der Krankenhäuser und Krankenschwestern, die es für die Versorgung eigentlich brauechte, noch gar nicht erreicht. Der Bedarf wäre also da. Tatsächlich aber scheuen sich Krankenhäuser mehr Pflegepersonal einzustellen, weil das viel Geld kostet. Daher sind viele Krankenschwestern überarbeitet."

Mehr als 1000 Euro haben die Eltern von Petra, Gisela und den anderen in diese Fortbildung investiert. Während des Kurses zu acht auf einem Zimmer zu schlafen, macht ihnen wenig aus. Sie hoffen, in Deutschland mehr zu verdienen und bessere Arbeitsbedingungen zu haben.

Shen Xiaoxi / Gisela: "Ich habe gehört, dass es flexible Arbeitszeiten gibt, dass man Früh- und Spätschichten vereinbaren kann. In China geht so etwas nicht."

Krankenschwester "Petra" mit Patientin
Krankenschwester "Petra" mit Patientin | Bild: BR

Xu Yoyu / Petra: "Ich freue mich auf Deutschland. Bislang hatte ich wenig Möglichkeit mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Immer gibt es Freunde und die Familie, die einen guten Rat haben. Das wird anders werden. Ich werde über mein Leben selbst entscheiden können."

Noch ist nicht klar, wie lange die Arbeitsverträge in Deutschland laufen werden. Noch sind sie nicht da, aber sie wollen lange bleiben.

Autorin: Christine Adelhardt, ARD-Peking

Stand: 22.04.2014 13:50 Uhr

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