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Oman: Wo der Weihrauch wächst

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Oman: Wo der Weihrauch wächst | Bild: BR
Ein Mann geht mit einer Weihrauchschale vor einem Bild des Sultans vorbei.
Ein Mann geht mit einer Weihrauchschale vor einem Bild des Sultans vorbei. | Bild: BR

Denn Weihrauch – das glauben die Menschen in Oman seit dem Altertum – hilft gegen fast alles – aber ganz bestimmt gegen Unglück.

Wir machen uns auf dem Weg dorthin, wo der Weihrauch wächst, in der Steinwüste in Dhofar.

Mussalem Hassan
Mussalem Hassan | Bild: BR

Mussalem ist hier aufgewachsen, ganz im Süden des Omans. Die ersten 25 Jahre seines Lebens zog er selbst noch durch die Wüste.

Mussalems Vater ist irgendwas Mitte 90 – so genau weiß das niemand. Früher war die Familie frei, aber arm, Nomaden. Sie lebten von Ziegen und von dem Harz, das sie hier vom Weihrauchbaum kratzten.

Vor 30 Jahren zog Mussalems Vater in ein gemauertes Haus. Nur die Sprache ihrer nomadischen Vorfahren ist geblieben. Im kargen Wüstenklima Dhofars wächst der Weihrauch, für den Oman in der Antike weltberühmt war. Über mehrere Monate wird der Baum immer wieder angeschnitten. Harz schließt die Wunde, trocknet drei Wochen und wird dann abgekratzt. Die letzten Schnitte im Spätsommer geben den besten Weihrauch.

Mussalem Hassan, Fremdenführer und Hotelier:

»Früher gab es ganze Wälder von Weihrauchbäumen. Durch den Klimawandel sind viele eingegangen und auch weil es immer mehr Tiere gibt. Früher sind die Nomaden mit ihren Herden alle zwei, drei Wochen weitergezogen, aber das ist nicht mehr so. Früher ließen sie den Bäumen eine Überlebenschance.«

Ein Durchschnittsbaum gibt zehn Kilo Weihrauch pro Saison. Einst wurde das Harz mit Gold aufgewogen. Aber das ist lange vorbei.

Ab und zu verkauft Mussalem ein paar Säcke nach Deutschland. Zuletzt war ihm der Preis zu niedrig. Jetzt geht es nach Korea oder Japan, die haben mehr Geld, meint Mussalem.

7000 Tonnen Weihrauch pro Jahr werden in ganz Dhofar gesammelt. Mussallems Vater hat das Harz noch mit Kamelen in die Küstenstadt Salalah gebracht. Eine Woche lang ging‘s durch die Wüste. Doch in Oman ist längst die Moderne eingezogen. Kamelkarawanen sind Geschichte.

"So ein Geländewagen ist einfach besser als ein Kamel“, meint Mussalem.

Ein Turm vor dem Meer in Salalah
Ein Turm vor dem Meer in Salalah | Bild: BR

Salalah, eine ruhige Küstenstadt, 150.000 Einwohner. Ein großer Handelshafen, Fisch, Landwirtschaft, Handwerk, Tourismus – davon leben die Menschen hier. Weihrauch spielt nur noch eine Nebenrolle.

Die Verkäuferinnen auf dem Weihrauch-Suk können am frühen Nachmittag noch plaudern. Es sind erst wenig Kunden da, das Hauptgeschäft beginnt am Abend.

Umm Adel hat den Laden einst von ihrer Tante übernommen. Sie verkauft Räucherholz-Mischungen, Myrrhe und natürlich den Weihrauch aus Dhofar. Manche Packung kostet umgerechnet zwei Euro, manche 500, je nach Qualität.

Das Harz des Weihrauchbaumes wird für alles Mögliche benutzt – zum Reinigen der Raumluft, zum Ausräuchern von Kleidern, als Medizin, als Glücksbringer für frisch vermählte Bräute.

Umm Adel, Weihrauch-Händlerin:

»Niemand in meiner Familie hat früher was mit Weihrauch zu tun gehabt, nur eben meine Tante. Ich habe gleich erkannt, wie wichtig und wie schön der Weihrauch ist. Das war gut und hat mir viel gebracht, darum mache ich es bis heute. Und eines Tages gehört mir hier der ganze Markt, hoffe ich.«

Das wird Maryam wahrscheinlich nicht zulassen. Sie baut gerade ihr eigenes Weihrauch-Business aus. Maryam, die Dame rechts ganz in Schwarz, hat von ihrer Großmutter eine wahre Leidenschaft für Weihrauch geerbt. Ihre Cremes, Puder und Parfums mit Weihrauchpulver und Weihrauchöl testet sie alle selbst, sagt sie. Wahrscheinlich deshalb sehe man ihr die 48 Jahre auch nicht an, meint sie und lächelt schelmisch.

Maryam Ahmed Belhad
Maryam Ahmed Belhad | Bild: BR

Maryam Ahmed Belhad, produziert Weihrauch-Kosmetik:

»Meine Kinder und Enkelkinder nutzen die Produkte auch….«

Reporterfrage:

»Enkelkinder?«

Maryam Ahmed Belhad:

»Ja. Das zeigt ihr jetzt aber nicht im Fernsehen, oder? Ich bin Oma.«

Das ist Maryams Familienbetrieb. "Es gibt auch Weihrauch aus Somalia, aber der beste kommt aus Dhofar.“ sagt sie. In den Plastikkübeln liegt die Weihrauchernte eines Jahres wild durcheinander. Harz aus frühen Schnitten von geringer Güte und hochwertiges aus dem späten Sommer. An Farbe und Größe erkennt man die Qualität. Der grüne Weihrauch sei der beste, meint Maryam. Der kostet schnell zweihundert Euro das Kilo:

»Bei 100 Kilo Weihrauch ist vielleicht ein halbes Kilo grüner dabei.«

Wie sie ihre duftenden Essenzen kreiert – das bleibt Maryams Geheimnis. Weihrauch wird zur Mund-Desinfektion gekaut, als verführerisches Parfüm aufgelegt, in Wasser gelöst gegen einen rauen Hals getrunken, Weihrauch sei ein Wundergewächs, meint Maryam, und sie sei stolz darauf, dass es in ihrem Land, in Oman, gedeihe.

Maryam Ahmed Belhad:

»Ich war in Europa, in Indien, in anderen arabischen Ländern. Allen bedeutet Weihrauch etwas. Weihrauch ist nicht nur für die Muslime wichtig.«

Weihrauch, Gold und Myrrhe brachten die Heiligen Drei Könige dem Christuskind. In Gold wird Weihrauch längst nicht mehr aufgewogen. Aber seinen Zauber hat er bis heute nicht verloren.

Autor: Volker Schwenck / ARD Kairo

Stand: 15.04.2014 10:38 Uhr

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