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New York: Austern für die Umwelt

PlayNew York: Austern sollen die Wasserqualität verbessern.
New York: Austern für die Umwelt  | Bild: WDR

Auf diesen Tag haben Beatrix und die anderen seit Monaten hingearbeitet. Zuerst im Labor, dann am Hafen. Jetzt heißt es: Austern an Bord – 200 Körbe mit Muscheln, die sie im East River aussetzen wollen. Aus jedem dieser kleinen schwarzen Punkte soll einmal eine Auster wachsen. "Das ist einer der tollen Tage, an dem wir richtig viel geschafft kriegen. Am Ende sind wir zwar immer kaputt und verschmuddelt. Aber das fühlt sich super an", erzählt die Schülerin.

Auf ehrgeiziger Mission

Auf zu neuen Riffen: Eine Milliarde Austern wollen die Freiwilligen bis 2035 rund um Manhattan ansiedeln. Zehn Prozent sind geschafft, und es gibt noch viel zu tun für Beatrix und die vielen anderen. "Die Austern sind sehr wichtig, weil sie gleich drei Funktionen haben: Sie schaffen Lebensraum für andere Spezies im Wasser. Sie dienen als Sturmbarrieren und filtern all den Schmutz aus dem Wasser, machen es sauberer und schöner", erklärt sie.

Die Idee: Austern nutzen für's Ökosystem. Jede einzelne filtert bis zu 200 Liter Wasser am Tag. "Jetzt, wo sie ihr neues Zuhause gefunden haben, wächst aus jedem Punkt eine eigene Muschel. Am Ende hängen sie wie ein dicker Klumpen zusammen", sagt Shania Rajoon-Deonarine.

New York: Eine Milliarde Austern sollen hier in den nächsten Jahren ausgesetzt werden.
New York: Eine Milliarde Austern sollen hier in den nächsten Jahren ausgesetzt werden. | Bild: WDR

Raus mit den Muscheln – bevor sie zu trocken werden. Wenn sie hier wachsen und gedeihen, entsteht eine neue Unterwasserwelt. Riffe, die New York bei Stürmen vor Überschwemmungen schützen können. Ein Mittel gegen den Klimawandel, mit positivem Nebeneffekt. "Die Leute sind begeistert, dass die Natur ins Hafenbecken zurückkehrt. Wale und Delfine wieder da sind. Sogar angeln kann man im Hafen von New York wieder richtig gut", erzählt der Leiter der Austernzucht, Ben LoGuidice.

So wie früher. Da galt die Metropole als Austern-Hauptstadt, die New Yorker nannten sie liebevoll Big Oyster, die große Auster. An jeder Ecke gab‘s Muscheln aus Manhattan günstig zu kaufen – damals sogar das Arme-Leute-Essen. Doch mit der Industrialisierung kam die Wasserverschmutzung – und damit das Ende der Austern.    

Bei Kerry Heffernan kosten zwölf Austern heute 50 Dollar – Immerhin schlürfen sie hier Muscheln für einen guten Zweck – alle Schalen landen beim Austern-Projekt. 6000 jede Woche, allein hier. Bei 75 Restaurants, die mitmachen, kommt eine Menge zusammen. "Wir wollen doch immer unseren Müll reduzieren, deshalb ist das super. Und wir helfen den Leuten, etwas für einen guten Zweck zu tun. Ich kann vom Boot sehen, wie viel klarer das Wasser in den letzten 8 Jahren geworden ist.“

Die Jugend kämpft für den Wandel

Nur zehn Minuten dauert die Fahrt von Manhattan nach Governor’s Island. 2014 hat hier alles begonnen. Seitdem engagieren sich 10.000 Freiwillige und 6000 Schüler, auch die der Insel-Highschool. "Die Larven sind mini und erst seit einer Woche im Wasser", erklärt Beatrix. Beatrix ist nach vier Jahren im Schüler:innenlabor zur Expertin geworden, zeigt Studierenden, warum Austern so wichtig sind. "Ich habe mich immer schon für den Klimawandel interessiert. Aber seitdem ich hier in der Schule für das Austern-Projekt arbeite, hat sich mein Horizont erweitert und ich habe eine Menge über die verschiedenen Formen des Klimawandels gelernt – und wie man Lösungen findet. Ich bin überzeugt: Austern sind eine der großen Lösungen."

New York: 200 Körbe mit Austern werden im East River versenkt.
New York: 200 Körbe mit Austern werden im East River versenkt. | Bild: WDR

Austern messen, Babymuscheln zählen – eine Gruppe von Schüler:innen ist zur Unterstützung gekommen. "Ungefähr 3,1 Zentimeter, diese einzige Auster", sagt Beatrix. Es geht nicht nur um Zentimeter. Die Schüler:innen lernen, wie alles zusammenhängt: Muscheln essen, neue züchten, Wasserqualität. "Sie sehen Müll jetzt nicht mehr nur als etwas ekliges, sondern etwas, das Lebewesen schaden kann. Plastik und andere schädliche Dinge ins Wasser zu werfen, ist kein Verbrechen ohne Opfer – es gibt etwas, das verletzt wird und das ist etwas Lebendiges. Und am Ende sind alle Lebewesen miteinander verbunden", erzählt Lehrer Elijah Sivin.

Feierabend für heute – Ferien genießen. Beatrix träumt von einer Ausbildung als Meereswissenschaftlerin. Die Jahre in der Schule auf Governor‘s Island haben ihre Spuren hinterlassen: "Ich bin jung, erst 16, habe noch viele Jahre vor mir. Ich will keinen sterbenden und verbrauchten Planeten. Ich will einen Planeten, der voller Leben ist. Ich will Teil der Lösung sein."

Und vielleicht, so hofft sie, können ihre Enkelkinder irgendwann wieder Austern essen, die im Wasser von New York gewachsen sind.

Autorin: Marion Schmickler/ARD Studio New York

Stand: 11.09.2022 18:34 Uhr

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