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Spanien: Europas Gemüsegarten vertrocknet

Spanien: Monatelang kein Regen, kaum noch Wasser in Stauseen.
Spanien: Monatelang kein Regen, kaum noch Wasser in Stauseen. | Bild: WDR

Das muss ich euch zeigen, hat uns der Landwirt Antonio Gil in der Nähe von Málaga gesagt: die Avocado-Plantage eines Freundes – der musste alle seine Bäume fällen. Die extreme Dürre lässt immer mehr Bauern verzweifeln. Weil das Wasser fehlt, lassen sie ihre Bäume herausreißen. Viele der Bauern stehen vor dem Aus. "Das tut sehr weh, aber viele von uns müssen zu solchen Maßnahmen wie hier in dieser Parzelle greifen", erzählt Antonio Gil. Es ist ein Friedhof der toten Avocado-Bäume.

Ein paar Kilometer weiter zeigt uns Antonio Gil seine eigene Avocado-Plantage, er hat noch einen Brunnen und eine Bewässerungsanlage. Aber auch hier schlägt die Dürre erbarmungslos zu. "Die Avocados fallen kleiner aus, das beeinflusst natürlich auch den Preis. Die Qualität bleibt sehr gut, aber in diesem Jahr fehlt uns das Wasser. Diese Früchte brauchen mehr Flüssigkeit", sagt er.

Viele verschließen die Augen vor den Entwicklungen

Spanien: Kaum Regen, niedrige Wasserstände: Landwirte bangen um ihre Existenz.
Spanien: Kaum Regen, niedrige Wasserstände: Landwirte bangen um ihre Existenz. | Bild: WDR

Hier bei Málaga liegt Europas größter Avocado-Garten. Die subtropischen Früchte brauchen viel Wasser – im Dürre geplagten Andalusien erscheinen sie fehl am Platz. Der Landwirt setzt seine Hoffnung auf andere Früchte, die Mangos. Sie brauchen weniger Wasser als die Avocados. Durchhalte-Parolen bei Antonio: "Wenn das wirklich der Klimawandel ist, dann ginge das ja immer so weiter. Aber ich glaube, diese Dürre ist einmalig, es wird bald wieder normal."

Für den Umweltschützer Miguel Torres – vergebliche Hoffnungen. Er zeigt uns den Stausee La Viñuela, von dem die ganze Region abhängt. Sein Pegelstand liegt bei nur noch elf Prozent des Fassungsvermögens. Schon seit Jahren herrsche Dürre in der Region, doch die Verantwortlichen wollten sich nicht auf die neue Realität einstellen. "Das Problem ist der schlechte Umgang mit den Kapazitäten. Man muss doch ein Minimum an Wasserreserven vorhalten und nicht alles für die Bewässerung der Plantagen verwenden", sagt der Umweltschützer.

In ganz Andalusien sieht es so aus – im Naturpark Doñana die letzte Lagune ausgetrocknet. Spanien durchlebt die schlimmste Dürre seit einem halben Jahrhundert. Doch Andalusien setzt weiter auf intensive Landwirtschaft. Rund um Almería – ein Meer aus Plastik. Hier liegt eine der größten Flächen mit Gewächshäusern weltweit. Drei Millionen Tonnen Obst und Gemüse werden jährlich produziert, auch für den deutschen Markt. Die Bauern nutzen die schonende Tröpfchen-Bewässerung, doch die Agro-Industrie expandiert und damit der Wasserverbrauch.

Und auch in den Bergen von Málaga wachsen große Avocado-Plantagen immer mehr in die Höhe. Dabei liegt die Grenze für die Bewässerung bei gerade mal 140 Höhenmetern. Umweltschützer bemängeln, dass illegale Pflanzungen nicht kontrolliert würden. "Es ist problematisch, dass die Früchte immer höher angebaut werden. Sie verbrauchen Wasser, für das es in den Bewässerungsplänen überhaupt keine Kapazitäten gibt", erzählt Miguel Angel Torres.

 Gibt es realistische Lösungsansätze?

Spanien: Monatelange Dürre mit dramatischen Folgen für die Landwirtschaft Andalusiens.
Spanien: Monatelange Dürre mit dramatischen Folgen für die Landwirtschaft Andalusiens. | Bild: WDR

Für die Großhändler in der Region bedeutet die Dürre herbe Verluste – bei den Avocados liegen sie bei bis zu 40 Prozent, bei Mandeln sogar bei 80. Doch die Nachfrage aus Nordeuropa ist groß und die Gewinnspanne auch. Und so will man sich ungerne von den wasserintensiven Früchten trennen – die Lösung sehen die Betroffenen eher in neuen Wasserquellen. "Es gibt viele Möglichkeiten: Regenwasser nutzen, Stauseen verbinden, alles Wasser sammeln, das verschwendet wird. Und wir können Entsalzungsanlagen bauen", sagt Àlvaro Martinez, Manager bei Axarfruits.

Dieser Haltung sind wir oft begegnet. Antonio Gil glaubt fest, dass die Dürre bald zu Ende geht. Auf dem Avocado-Friedhof zeigt er uns weiß gestrichene Baumstümpfe, die Farbe soll gegen die Sonne schützen. Noch sei der Baum nicht ganz tot: "Die Hoffnung ist das Letzte, was du verlierst. Wir Bauern halten durch."

Und wie zum Beweis sehen wir an einem Baumstumpf neue Triebe. Nun muss nur noch der Regen kommen.

Autor: Stefan Schaaf/ARD Studio Madrid

Stand: 11.09.2022 19:46 Uhr

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