So., 11.05.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
Peru: Ein Land feiert den Papst
Papst Leo XIV. hat viele Jahre in Peru gearbeitet, acht Jahre ist er Bischof in Chiclayo. Dort sind die Menschen begeistert und setzten große Hoffnungen in das neue Kirchenoberhaupt.
Viele kennen den Papst persönlich
Es scheint ein schier unendliches Häusermeer. Weder für Farbe noch ein richtiges Dach reicht es vielen hier. Die Straßen aus Erde. Das Wasser nicht aus der Leitung, es muss geliefert werden. Explanada, heißt das Viertel, das wild gewachsen ist am Stadtrand von Chiclayo im Norden Perus. Doch da mittendrin ein grüner Klecks. Ein kleiner Gemeinschaftsgarten. Ein Garten in den Antonieta Pacheco freiwillig viel Zeit investiert. Vom Kompost bis zur Pflanzenpflege, schult sie die Nachbarn. "Die sind gesund, weil sie bio sind". Und auch wenn das Gärtchen zur katholischen Gemeinde gehört, hier darf sich jede und jeder bedienen. "Hier sind wir alle gleich. Und Gemeinschaft heißt, dass wir wahrnehmen, was unserem Nachbarn fehlt und genauso, was ich von ihm lernen kann."

Was viele hier gemeinsam haben, ist: sie kennen den neuen Papst persönlich. Vor drei Jahren, als die Pandemie Chiclayo außerordentlich hart trifft, hat Bischof Prevost die kleine Kapelle gesegnet. Wenn sie an das anschließende Essen denken, müssen sie lachen, es fehlte Besteck. "Dann ist er in die Küche rein", erzählt Elvira Olivos, "hat das Essen auf die Teller verteilt und fing an mit seinen Händen zu essen. Er sagte, mit den Fingern isst man doch viel besser, weil dann kann man doch den Knochen ablutschen." Acht Jahre ist Provost hier Bischof. Die Kirche nahbar in ihrem Viertel, wo der Staat fern ist. Etwas kostenloses Gemüse, alles hilft, wenn man nur wenig hat. Elvira ist eine der vielen Zugezogenen, die auf der Suche nach Arbeit in das Viertel kam. Die sich mit Gelegenheitsjobs durchgekämpft hat. Bischof Provost habe ihr ein Gefühl von Würde gegeben.
Ein Bischof nahe beim Volk
In über zwanzig Jahren in Peru versteht Bischof Prevost seine Arbeit so, dass er die Kirche zu den Menschen bringt. Dass er genau dort hingeht, wo die Not am größten ist – ein Bischof in Gummistiefeln. Für den Mann aus Chicago ist Chiclayo die Herzensheimat. Der als oberster Hirte für die ganze Welt, zunächst seine kleine Gemeinde grüßt. Chiclayo ist mit etwa 600.000 Einwohnern eine mittelgroße Provinz-Stadt. Im Umland läuft der lukrative Avocado- und Blaubeerexport. Von der Landwirtschaft leben auch die vielen Kleinbauern, die ihre Waren zum Markt tragen. Was sie hier verdienen aber, brauchen sie für morgen. "Ich glaube diese große Ungleichheit in unserem Land, mit der wir schon so lange leben, muss aufhören", sagt Antonieta Pacheco.

Papst heißt auf Spanisch Papa und Kartoffel heißt auch Papa. Derzeit Anlass für so manchen Wortwitz. "Ich bin kein Fan von einem Papa nur von Papa zum Essen", sagt eine Verkäuferin. Carlos Posada ist Taxifahrer und dreht am Flughafen seine Runde auf der Suche nach Fahrgästen. Ein Arbeitstag 10 Stunden, um am Ende 30,40 Euro zu verdienen, damit komme er rum: "Ob das immer so klappt, naja, man muss schon ein bisschen schuften und dann kommt man ans Ziel." Carlos lebt mit seiner Oma und seinen drei Brüdern zusammen, jeder trägt zum Haushalt bei. Dass der Bischof plötzlich Papst ist – eine riesige Überraschung. Ein paar Mal sei der schon zu ihm in das Taxi gestiegen. "Das war toll, dass ich ihn fahren durfte. Er war sehr einfach, nett, er wusste, wie man mit Menschen umgeht."
Auf der Seite der Opfer
In Chiclayo ist es derzeit mit der Ruhe vorbei. Die Menschen staunen über all die Gäste aus dem Ausland. Sie bleiben dabei gelassen, sind warmherzig, sie sind stolz. Von der Kathedrale ist der Bischof oft in das Restaurant nebenan gegangen. Und dort wimmelt es jetzt nur so vor neugierigen Gästen. "An diesem Tisch hat der jetzige Papst gesessen."
In den Hintergrund rückt vorerst der Vorwurf, der Bischof habe Missbrauchsfälle nicht konsequent verfolgt. Er streitet das ab. Auch investigative Journalisten beschreiben Bischof Prevost als Mann, der an der Seite der Opfer stehe. Der eine entscheidende Rolle spielte, bei der Auflösung der Sodalicio-Gemeinschaft, einer konservativen religiösen Gesellschaft, die gegen die linke Befreiungstheologie in Lateinamerika antrat. In Ihr war es zu Macht- und sexuellem Missbrauch gekommen. "Ohne seine Hilfe und Empathie, hätte Papst Franziskus Sodalicio nicht aufgelöst, wie er es diesen Januar getan hat", sagt die Journalistin Paola Ugaz.

Mittagspause für Carlos, die macht er nicht im Zentrum, günstiger ist es in den einfachen Vierteln. Wo sich die Arbeiter ihren kräftigen Fischeintopf teilen. Wenige, frische Zutaten ergeben hier an Perus Küste ein Genusserlebnis. "Frisch aus dem Meer. Fisch, Koriander, und Chili für das Aroma und Schärfe", sagt der Koch. Der Papst werde das Essen wohl vermissen. Vor der Kathedrale sind am Abend viele hundert Menschen zusammengekommen, um ihrem Papst Leo Kraft für das Amt zu senden. In einer Welt voller Ungleichheit und Kriege hoffen Antonieta und Elvira, dass der Papst vereint. Dass er die Kirche weiter zu den Menschen bringt, den ausgegrenzten. So wie er es auch hier in Peru getan hat.
Autorin: Xenia Böttcher
Stand: 12.05.2025 08:33 Uhr
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