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Vorbild Schweden? Mit Steuern für die Klimawende

PlaySchweden: Per-Ove Torstensson
Vorbild Schweden? Mit Steuern für die Klimawende | Bild: BR

Viele sagen, in Dalarna liege das Herz Schwedens. Einst war die Gegend die industrielle Schatzkammer des Landes. Von hier wurde ganz Europa mit Kupfer versorgt. Und aus Falun stammt auch die typisch rote Farbe, mit der so viele Häuser in Schweden gestrichen sind. Aber in den Wäldern Dalarnas liegt nicht nur viel Vergangenheit. Hier kann man auch einen Blick in die Zukunft werfen.

Baumfällen für das Klima

Es mag wie ein Widerspruch klingen. Aber wenn Bäume im Minutentakt gefällt werden, dann sei das gut fürs Klima, sagt Forstingenieur Per-Ove Torstensson: "Der Wald ist eine ausgezeichnete Ressource. Wenn wir statt mit Beton mit Holz bauen, dann ist das gut für die Umwelt. Und wenn wir statt mit fossiler Energie mit den übrig gebliebenen Ästen und Zweigen heizen, dann haben wir eine ganze Menge fürs Klima getan."

Die Rechnung ist einfach: Für jeden gefällten Baum wächst in Schweden mehr als ein neuer nach. Die Wälder sind ein riesiger, wachsender CO2-Speicher.

Per Bahn und Schiff kommen jede Woche mehr als 1000 Tonnen Holzreste in der schwedischen Hauptstadt an. In einem der modernsten Wärmekraftwerke der Welt wird gleichzeitig Strom und Heizenergie produziert. Das reicht für 150.000 Elektroautos und rund 190 000 Wohnungen. Derzeit im Bau: eine Pilotanlage, die den Kohlenstoff beim Verbrennen aus dem Rauchgas herausfiltern soll, damit künftig noch weniger CO2 in die Atmosphäre entweicht.

Elektrisch unterwegs

Wenn Per-Ove in den Wäldern von Dalarna unterwegs ist, fährt er meistens elektrisch. Nur bei Strecken, die länger als 50 Kilometer sind, springt der Benzinmotor an. Die höchste Kohlendioxidsteuer der Welt macht sich auch beim Tanken bemerkbar: umgerechnet etwa 25 Cent macht die Abgabe pro Liter Benzin aus.

Verzicht auf fossile Energien

Die Stromproduktion ist in Schweden schon heute praktisch fossilfrei, wie man hier sagt. 40 Prozent stammen aus Wasserkraft. Viele kleine Kraftwerke wie dieses hier bei Falun liefern schon seit mehr als 100 Jahren CO2-freien Strom. Aber: 40 Prozent der Elektrizität produziert Schweden nach wie vor mit Atomkraft, wie hier in Forsmark, nördlich von Stockholm. Seit Schweden sich das Ziel gesetzt hat, bis 2045 CO2-neutral zu sein, ist vom Atomausstieg keine Rede mehr – im Gegenteil: dieser Atommeiler soll noch Jahrzehnte am Netz bleiben.

Gleichzeitig baut Schweden seine Windkraftanlagen aus, finanziert mit Einnahmen aus der CO2-Steuer.

Wenn Per-Ove nach einem kalten Herbsttag nach Hause kommt, dann wärmt diese kleine Anlage das Haus: eine Wärmepumpe – für Einfamilienhäuser in Schweden inzwischen der Normalfall. Ölheizungen lohnen sich finanziell nicht mehr.

Schweden ist ein Holzland. Die Holzindustrie nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Nun hat man das Sägemehl als Energieträger der Zukunft entdeckt. Mit ihm sollen einmal LKW und Flugzeuge angetrieben werden. Deshalb haben sich in Schweden der größte Mineralölkonzern und einer der großen Sägewerksbetreiber zusammengetan und ein gemeinsames Unternehmen gegründet. Pyrolyse heißt das Verfahren, bei dem aus Sägespänen durch Erhitzen Öl entsteht. Ab 2021 wird hier erstmals kommerziell Öl aus Holzresten gewonnen.

Zurück bei den Torstenssons in Falun. Per-Oves Frau Sara ist Ärztin, derzeit im Mutterschutz. Gemeinsam haben sie drei Kinder. Selbst die typisch schwedischen Köttbullar sind hier vegetarisch und damit gut fürs Klima. Nicht erst seit Greta Thunberg machen sich die Torstenssons Gedanken über die Zukunft.

Die höchste CO2 Steuer der Welt – irgendwie ist sie im Alltag von Familie Torstensson kaum zu spüren. Und trotzdem hat sie Schweden in knapp 30 Jahren deutlich verändert.

Autor: Christian Stichler, ARD Stockholm

Stand: 08.10.2019 15:33 Uhr

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