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Ukraine: Frontberichterstattung - Bedrohte Pressefreiheit?

PlayDrei Journalisten mit Helmen und Schutzwesten beim Dreh auf einem Markt
Ukraine: Frontberichterstattung - Bedrohte Pressefreiheit? | Bild: picture alliance / abaca | Lafargue Raphael/ABACA

Seit 417 Tagen greift Russland die gesamte Ukraine an, beschießt Städte, vertreibt Menschen und tötet. Jeden Tag gibt es neue Ereignisse und Informationen.
Journalistinnen und Journalisten versuchen, zu berichten, was ist. Rund 15.000 internationale und ukrainische Medienschaffende haben im ersten Kriegsjahr eine Akkreditierung bekommen. Und damit die Erlaubnis, in der Ukraine zu arbeiten. Gerade in den ersten Wochen der russischen Invasion ist das wichtig, sie bringen die ukrainische Perspektive in die Welt.

Vorschriften für die Berichterstattung

Die ukrainische Militärführung hat die Frontgebiete in Zonen aufgeteilt und sie mit Ampelfarben gekennzeichnet.: Die rote Zone – meist in den vordersten Frontabschnitten – ist für Berichterstatter gesperrt. In die gelben Zonen gelangen Journalisten nur in Begleitung von Presseoffizieren, die auch darüber bestimmen, welche Bereiche betreten werden können und welche nicht. Nur in der dritten Zone, der grünen, können sich Journalisten völlig frei bewegen.
Medienforscher kritisieren die neue Regelung. Hinzu kommt: Die Farben der Zonen und damit der Zugang für Journalistinnen und Journalisten können jederzeit von der ukrainischen Militärführung geändert werden. Die Kriterien dazu sind nicht transparent, oft nicht nachvollziehbar.

Bohdan Senyk arbeitet für den Generalstab der ukrainischen Streitkräfte. Er erklärt das Vorgehen der ukrainischen Militärführung: "Die roten Zonen sind die Zonen, die wegen des Angriffs der Russen, der Sicherheitslage, der operativen Situation und der Kämpfe der Truppen verboten sind. Grund dafür ist, dass die Arbeit der Journalisten die Kämpfe und die Sicherheit der Soldaten, der lokalen Bevölkerung und der Journalisten selbst negativ beeinflussen kann."

Doch auch politisch wird die neue Presseregelung diskutiert. Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, Olexij Danilow, ist der Meinung, dass der Zugang für Journalisten so offen wie möglich sein sollte, verteidigt aber die neuen Regeln: "Ich denke, dass diese Entscheidung unter Berücksichtigung der Sicherheit der Journalisten selbst und der Sicherheit der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, getroffen wurde. Denn der Krieg ist kein Spaziergang, er ist kein Wettbewerb. Er ist eine sehr, sehr gefährliche Sache."

Doch ist das der einzige Grund? Und warum kommen die neuen Einschränkungen gerade jetzt vor einer möglichen neuen Gegenoffensive der Ukraine? Das will niemand offiziell kommentieren. Fest steht: Zahlen von Reporter ohne Grenzen geben Danilow recht: Seit dem 24. Februar 2022 wurden acht Journalisten während ihrer Arbeit getötet, 19 wurden verletzt, 50 gerieten unter Gewehr- und Artilleriebeschuss, viele davon wurden gezielt beschossen. Ein Risiko, das erfahrenen Reportern wie Stas Kozliuk bewusst ist: "Die Journalisten wissen, wohin sie gehen und dass es dort gefährlich ist. Sie wissen, dass sie verletzt oder, Gott bewahre, getötet werden können. Wir alle sind uns dessen bewusst, aber gleichzeitig muss jemand diese Arbeit machen, jemand muss zeigen, was dort passiert. Deshalb gehen wir dorthin."

Stas Kozliuk und seine Kollegen kämpfen für die Rechte der Reporter im Land. Sie wünschen sich, stärker bei der Entwicklung neuer Presseregeln einbezogen zu werden. Und er bleibt dabei optimistisch: Die Ukraine habe so viel durchgemacht, sich so vieles durch die Proteste vor Jahren auf dem Maidan erkämpft.
Wie viel objektive Berichterstattung von der Front wird in Zukunft noch möglich sein? Die ukrainischen Journalistinnen und Journalisten kämpfen dafür und glauben an ihren Erfolg. Sie sind überzeugt: In der Ukraine wird es keine dauerhaften Einschränkungen der Pressefreiheit geben.

Autorin: Susanne Petersohn, ARD Kiew

Stand: 16.04.2023 19:39 Uhr

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