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USA: erste Impfungen gegen Corona

Mann wird geimpft
Krankenpfleger Joe Robertson bekommt die lang ersehnte Corona-Impfung | Bild: dpa / picture-alliance

Die ersten Impfungen: Triumph über das Virus

"Santa Claus ist heute Morgen mit unserer Impfung gekommen!", sagt sie – der Impfstoff als verfrühtes Weihnachtsgeschenk in diesem Krankenhaus in Virginia! Die ersten Dosen sind für das Gesundheitspersonal reserviert – für diejenigen, die selbst gefährdet sind – und seit Monaten ihre Patienten an Corona sterben sehen: "Wenn ich an dieses Jahr zurückdenke, dreht sich mir der Kopf", sagt Intensivkrankenschwester Anne Manley. "Von der anfänglichen Panik, der Angst bis hin zu extremer Traurigkeit, Wut und Erschöpfung."

Geimpfter Patient jubelt
Wer ist stärker? | Bild: SWR

Es ist ein historischer Moment, der an vielen Orten in den USA zeitgleich stattfindet. Beim Arzt in Florida der gefühlte Triumph über das Virus! In Texas wird sie für die Ehre der ersten Impfung ausgesucht – eine Reinigungskraft der Intensivstation. "Ich bin die erste, die hier diese Impfung bekommt!" Auch die Bewohner von Altenheimen haben Priorität in den USA – schließlich machen sie 40 Prozent der Corona-Toten aus. Konfetti für diese 95jährige aus Connecticut. "Ich fühle mich gut, die Impfung war kein Problem", sagt Jean Peters. "Ich denke, jeder kann und sollte die Impfung nehmen."

Logistische Herausforderungen

Der Impfstoff von der deutschen Firma BioNTech mit dem Partner Pfizer, hier in Michigan wird er produziert. Von den Amerikanern wird er als US-Impfstoff wahrgenommen und die Deutschen als Partner. Wegen der Kühlkette ist schon die Auslieferung eine logistische Herausforderung: Bis zuletzt müssen Temperaturen von minus 70 Grad Celsius aufrechterhalten werden – kälter als in der Antarktis. Es ist ein Konvoi der Hoffnung: Seit fünf Uhr morgens warten Anwohner vor dem Werk, wollen dabei sein, wenn die erste Lieferung des rettenden Impfstoffs rausgeht. "Diese LKW zu sehen, das hat mir Gänsehaut gemacht", sagt Nancy Galloway. "Zu wissen, dass wir der Welt helfen!"

Kühlung des Impfstoffes mit Trockeneis
Der Impfstoff muss gekühlt werden | Bild: SWR

Als das erste Frachtflugzeug abhebt, löst auch das große Gefühle aus: "Das ist wie bei der ersten Mondlandung – man wird fragen: Wo warst Du damals, als das geschah?", meint Anwohnerin Vicky Roys. "Hier wird Geschichte geschrieben, die ersten Impfungen gehen raus, ich habe Tränen in den Augen. Das war so eine furchtbare Zeit, mein Vater ist im Altenheim und ich kann ihn nicht besuchen." Aber auch wenn die USA jetzt einen Vorsprung haben, es wird noch Monate dauern, bis hier alle geimpft sind. Wegen der aufwändigen Kühlung geht das BioNTech/Pfizer-Serum zunächst vorwiegend an Krankenhäuser, die die nötigen Einrichtungen haben und nach genauem Zeitprotokoll impfen können.

Zweiter Impfstoff in Aussicht

Mit der Notfallzulassung für Moderna gibt es jetzt einen zweiten Impfstoff in den USA. Der lässt sich in Standard-Kühlschränken lagern und soll ab Montag schon millionenfach verabreicht werden. Der doppelte Impfschutz kann nicht schnell genug kommen: Täglich gibt es neue Rekordwerte bei den Infektionen. Hier in Südkalifornien ist kein einziges Intensivkrankenbett mehr frei. Die Krankenwagen stauen sich vor der Notaufnahme. Mehr als 3.000 Amerikaner sterben täglich an Corona. "Code blau" heißt die Durchsage bei Herzstillstand im St. Mary Medical Center. Dr. Dhillon hatte zehn davon in einer Schicht: "Das heißt, sie sind für drei Patienten zuständig, die praktisch zur gleichen Zeit sterben?" "Ja, wir konnten sie erfolgreich wiederbeleben, aber ich meine, das ist alles sehr kritisch gerade. Das ist, als ob wir im Krieg wären."

Spritzen für die Impfung
Bald kann ein zweiter Impfstoff angewendet werden | Bild: SWR

So sehr die einen die Impfung herbeisehnen, so skeptisch sind andere: Für die sozial immer noch benachteiligten schwarzen Amerikaner ist das Risiko, an Corona zu sterben doppelt so hoch. Dennoch wollen sich viele erstmal nicht impfen lassen: Cynthia meint: "Ich werden abwarten. Ich will nicht die erste sein, das ist doch Versuch und Irrtum." Maurice ergänzt. "In der Geschichte ist viel passiert, was unsere Angst als Schwarze erklärt."

Chestina Schubert weiß um dieses Trauma: In der Vergangenheit wurden schwarze Amerikaner ohne ihr Wissen für medizinische Experimente missbraucht. Auch deswegen will sie Vorbild sein: "Ich will Menschen inspirieren, vor allem die, die so aussehen wie ich: Es ist ok, sich impfen zu lassen, es ist sicher!" Zwei zertifizierte Impfstoffe – und doch noch lange keine Entwarnung in den USA: Auch von den Amerikanern ist über die Feiertage Disziplin gefordert, wenn die Infektionszahlen nicht weiter explodieren sollen.

Autorin: Verena Bünten, ARD-Studio Washington

Stand: 15.01.2021 10:06 Uhr

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