So., 15.06.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA: Proteste in Los Angeles – eine kalkulierte Eskalation?
Soldaten und Demonstrierende – in Los Angeles stehen sie sich gestern friedlich gegenüber.
Überschattet werden die Proteste von einem Attentat unter anderem auf eine demokratische Politikerin im Bundesstaat Minnesota, bei dem auch deren Ehemann stirbt. Politische Gewalt – davon gehen die Behörden aus. Auf den Straßen bleibt es – bis auf wenige Ausnahmen friedlich. Die Demonstranten sind gekommen, um gegen Donald Trump und seine Einwanderungspolitik zu protestieren.
Situationen wie diese treiben die Menschen auf die Straße: Aufnahmen der Überwachungskamera einer Autowaschanlage. Im Vordergrund: Ein Arbeiter. Die Männer an der Hecke im Hintergrund: Einsatzkräfte der US-Einwanderungsbehörde ICE. José zeigt uns die Aufnahmen. Seiner Familie gehört die Waschanlage. Der Mann sei einer seiner Mitarbeiter und habe keinen gültigen Aufenthaltstitel. José hat die Razzia miterlebt.
Das Video ist erst ein paar Stunden alt, als er es uns zeigt. Jonathan Vallejo wohnt in der Gegend. Der Anwalt hat von den Razzien gehört und will helfen: „Wenn ICE jemanden verhaftet, nur weil er einer bestimmten Ethnie angehört oder eine andere Herkunft hat, ist das illegal. Damit sie jemanden festnehmen können, müssen sie einen begründeten Verdacht haben, dass die Person gegen Einwanderungsgesetze verstößt.“
Die Autowaschanlage ist ein Familienbetrieb. Der Boden ist noch nass, der Hof verwaist. Zwei Arbeiter seien am Morgen mitgenommen worden. „Gekidnapped“ – so fühle sich das für ihn an, sagt José. Er weint, während ich mit ihm spreche.
Josés Waschanlage, ein Baumarkt – in LA und im ganzen Land finden Razzien statt. Die USA müssten sicherer werden – durch Abschiebung von Verbrechern. Das war Donald Trumps großes Versprechen.
Parade für Präsidenten und Demonstrationen gegen ihn
In Washington rollen an diesem Wochenende Militärfahrzeuge in einer Parade am US-Präsidenten vorbei – gefeiert wird das 250. Jubiläum der Armee und der Geburtstag des Präsidenten. Währenddessen gehen in den gesamten USA Menschen auf die Straße – "No Kings", "keine Könige", halten sie Donald Trump entgegen.
Laut Schätzungen von US-Medien sind es landesweit die bisher größten Proteste seit Amtseinführung im Januar. Bis auf einige Ausnahmen bleibt es friedlich im Land.
Aber auch das war Los Angeles in der letzten Woche. Donald Trump, US-Präsident: "Los Angeles war belagert, bis wir kamen."
Wir, damit meint er die Soldaten, die er mobilisiert hatte – gegen den Willen des kalifornischen Gouverneurs. Rechtlich ist der Einsatz in Los Angeles umstritten. Denn Trump hatte das Militär gegen den Willen des Gouverneurs geschickt. Anders war das in Texas. Dort hatte der republikanische Gouverneur Greg Abbott den Einsatz der Nationalgarde angeordnet.
Mias Schulabschluss
Mia lebt in einem Vorort von Los Angeles. Dieser Tag ist besonders für die 19-Jährige. Sie sucht ihre Eltern.
Für diese Umarmung, seiner Tochter stolz zum Schulabschluss gratulieren zu können, ist Mias Vater ein großes Risiko eingegangen. Er hat keinen gültigen Aufenthaltsstatus. In der Nachbarschaft hat es Razzien gegeben. Auf dem Schulgelände fühlt er sich sicher, weil dort Polizei die Familien schützt.
Die amerikanische Nationalhymne - sie handelt von Freiheit. Tapferkeit – auch darum geht es in der Hymne. Im Publikum sitzen Schülerinnen und Schüler, deren Eltern aus Angst nicht gekommen sind. Mia genießt den kurzen Moment der Unbeschwertheit. Die Freude ihrer Familie im Publikum ist nicht zu überhören.
Donald Trump hat mittlerweile verkündet, er wolle seine, wie er sie bezeichnet, "sehr aggressive Einwanderungspolitik" auf Druck der Wirtschaft zu ändern. Die Morde an der demokratischen Politikerin und ihres Mannes verurteilte er als nicht tolerierbar.
Sarah Schmidt, ARD Washington D.C.
Stand: 16.06.2025 10:13 Uhr
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