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Frankreich – Die Rechte marschiert

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Frankreich - Die Rechte marschiert | Bild: WDR

Beide sind jung, smart, gebildet und sie folgen einer Frau: Marine le Pen, die Vorsitzende des Front National.

Keine andere Partei in Frankreich schafft es, so viele junge Menschen an sich zu binden. Jedes dritte Parteimitglied ist unter 30 Jahre alt.

Marine le Pen

»Wir sind die Generation, die sich erhebt, wir sind die Stimme des Volkes, das sich gegen die Ungerechtigkeit der Mächtigen wehrt.«

proklamiert Marine le Pen – und Ludovic Pajot und Kevin Goslin folgen ihr.

Beide wollen Bürgermeister bei der Kommunalwahl werden.

Ludovic Parjot will die Kleinstadt Bethune im Norden Frankreichs erobern. Einst ein blühender Industriestandort – heute eine Stadt ohne Hoffnung mit 18 Prozent Arbeitslosen. Dagegen kämpft Ludovic Parjot mit Reizworten.

»Abgaben, Steuern für die Geschäftsleute – das ist doch heftig. Wir sterben hier einen langsamen Tod. Ich kenne Marine le Pen seit Jahren, ich hab sie schon öfter gewählt. Ihr seid ja die einzigen, die sich um uns kümmern. Die müssen aufhören, uns die Arbeit wegzunehmen. In zehn Jahren gibt’s kein Frankreich mehr. Das wird krachen.«

Zunächst aber will Ludovic Parjot ein Kino für Bethune, verspricht mehr Sicherheit und: Er will die Parkgebühren abschaffen.

Doch was nach Provinz klingt, könnte eine ganze Nation in Schieflage bringen. Denn über die Kommunen will die rechtsextreme Partei die Republik aushebeln. Sie fordern die Todesstrafe, raus aus dem Euro, und einen Einwanderungsstopp. Die Ideologie ist alt – aber die Vermarktung ist neu.

Ludovic, Spitzenkandidat des Front National
Ludovic, Spitzenkandidat des Front National

Ludovic Parjot

»Man sagt mir, daß ich jung bin. Aber wenn ich mir die anderen Bürgermeister davor anschaue, hab ich überhaupt keine Skrupel, mich der Herausforderung zu stellen.«

Dass die meisten Franzosen die Partei als rechtsextrem einstufen, ist ihm egal.

Aber es kommt schlecht, wenn Marine le Pen im Internet mit einer jungen FN’lerin zu sehen ist, die gleichzeitig die farbige Justizministerin auf ihrer Facebookseite verunglimpft. Mit 18 Monaten – und jetzt. Das passt nicht zum neuen Image der Partei. Marine le Pen hat die FN’lerin kaltgestellt.

Solch offene rassistische Hetze könnte Wähler vertreiben.

Ludovic Parjot stärkt sich im Parteibüro. Er will um jede Stimme kämpfen.

Ludovic Parjot

»Ich bin für ein souveränes Frankreich, für ein Europa der Nationen, für eine geregelte Immigration, mehr Sicherheit und für die Liebe zu Frankreich. Denn nur der Front National vertritt die Interessen der Franzosen.«

So sieht das auch Kevin Goslin – der zierliche Spanischstudent will ebenfalls Bürgermeister werden.

In Lens, einer Kleinstadt nicht weit von Bethune. 37,5 Prozent hat der Front National bei den Präsidentschaftswahlen letztes Jahr hier geholt.

Kevin Goslin opfert seine ganze Freizeit dem Wahlkampf. Noch sind die Wände leer – Kevin nutzt es aus. Er will schneller sein als die anderen.

Abgaben, Steuern, die Sozialisten nehmen euch aus – das ist die simple Botschaft.

Kevin Goslin

»Wir Militanten kleben unsere Plakate, ob's regnet, windet oder schneit. Das ganze Jahr über, egal, ob es Sommer oder Winter ist. Wir sind allein durch unsere Ideen motiviert.«

Kevin, der ehrgeizige Jungpolitiker, wird im Front National schnell nach oben kommen. Das lockt ihn. Fernab von der Ochsentour in den Gremien, wie es bei den anderen Parteien gang und gäbe ist und wo meist nur die eine Chance haben, die aus den französischen Elitezirkeln kommen.

Der Front National sieht sich außerhalb des traditionellen politischen Systems – auch das spricht ihn an.

Steeve Briois, Generalsekretär Front National

»Ich denke, sie sind dem Front National beigetreten, weil wir die einzige Partei sind, die gegen das System ist. Für die konservative UMP oder für die Sozialisten zu sein, bedeutet ja nicht gerade was Revolutionäres. Wir dagegen sind für einen wirklichen Bruch mit der jetzigen Gesellschaft – und versprechen eine radikale Veränderung.«

Das wollte schon der Parteigründer Jean Marie le Pen, der antisemitisch ist und den Holocaust verharmlost.

Kevin Goslin hat kein Problem mit dem alten le Pen. Als rechtsextrem würden sich aber weder Ludovic Parjot noch Kevin Goslin bezeichnen.

Junge Parteimitglieder
Junge Parteimitglieder

»Der Front ist weder rechts noch links. Er ist ein großes Sammelbecken. Das hat mir beim Front National gefallen. Man trifft hier Leute aus allen politischen Lagern. Die finden jetzt, daß der Front National die einzige mögliche Alternative ist.«

Ludovic Parjot und Kevin Goslin, die beiden jungen FN’ler – sie sind höflich, kontrolliert und professionell. Über ihre Familienverhältnisse, über Reaktionen von Eltern und Freunden wegen des Engagements im Front National sagen sie nichts. Sie wollen ein anderes Frankreich – Frankreich nur den Franzosen – mit allen Konsequenzen.

Autorin: Ellis Fröder/ARD Studio Paris

Stand: 15.04.2014 10:54 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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