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Nigeria: Zwangsprostitution mit Voodoo-Zauber

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Nigeria: Zwangsprostitution mit Voodo-Zauber | Bild: WDR

Aachen - Oktober 2012
Gezielt sucht die Polizei nach afrikanischen Zwangsprostituierten.
Die meisten Frauen kommen aus Nigeria.
Vor ihrer Reise müssen die jungen Frauen einen sogenannten Voodoo-Schwur leisten. Damit verpflichten sie sich zu bedingungsloser Treue gegenüber ihren Peinigern.
Aus Angst vor dem Voodoozauber tun sie alles was man von ihnen verlangt.

Razzia in Aachen
Razzia in Aachen

Bei der Saarbrücker Polizei gibt es einen der wenigen Ermittler, die sich mit dem nigerianischen Menschenhandel auskennen. Kriminaloberkommissar Bernhard Busch stößt bei seiner Arbeit immer wieder auf den Voodoo-Schwur.

Busch:

»Ja, dieser Vodoo-Zauber, der steht immer im Vordergrund bei diesen Mädchen. Das ist die erste Barriere, die man überwinden muss.«

Autor:

»Was haben Sie denn gedacht als sie davon das erste Mal gehört haben?«

Busch:

»Ja ich wollte das gar nicht glauben... im Grund genommen glauben sie alle daran.«

Zwangsprostituierte
Zwangsprostituierte

Wir fliegen nach Nigeria. Dort wollen wir herausfinden, was es mit diesem Voodoo-Schwur auf sich hat. Unsere Recherchen führen uns nach Benin City im Süden des Landes. Die Stadt ist extrem gefährlich. Auch wir können uns nur mit bewaffnetem Polizeischutz bewegen. Benin City ist Dreh- und Angelpunkt des nigerianischen Menschenhandels.

Wir treffen Helen. Fünf Jahre hat sie als Prostituierte in Europa gearbeitet. Dann wurde sie verhaftet und abgeschoben. Von ihrer Arbeit im Bordell haben nur andere profitiert. Ihr ist nichts geblieben: kein Geld und keine Perspektive. Mitleid kann sie trotzdem nicht erwarten.

Autor:

»Wie sehen dich die Leute hier?«

Helen:

»Als Versagerin. Die sagen: “Hey, guckt Euch die an! Die hat gar nichts.” Sie machen sich über mich lustig. Das tut weh. Manchmal wollte ich mich einfach nur umbringen.«

Geholfen haben Helen die Treffen mit anderen Frauen, die ähnliches durchgemacht haben. Ganz offen sprechen sie über ihre Erlebnisse. Alle mussten vor der Abreise nach Europa einen Voodoo-Schwur leisten.

Helen:

»Sie nehmen Schamhaare und Kopfhaare von dir. Außerdem Fingernägel und Blut. Dann musst du schwören, dass du alles abbezahlst. Wenn du das nicht tust, dann werden sie dich töten oder es passiert dir etwas Schlimmes.«

Faith:

»Auch wenn du durch die Hölle gehst, selbst wenn du dem Teufel leibhaftig ins Gesicht blickst – du hast geschworen dich nicht zu beschweren. Denn diese Dinge, die von dir im Schrein zurückbleiben, können gegen dich verwendet werden. Das ist schwarze Magie! Sie manipulieren sie so, dass sie auf jeden Fall gegen dich wirken.«

Und dann erhalten wir von einem Kontaktmann sogar Material eines echten Voodoo-Rituals.

Voodoo-Ritual
Voodoo-Ritual

Eine Frau schwört bedingungslose Treue. Mit Hühnerblut wird der Schwur besiegelt. Dann muss sie sich mit diesem Blut waschen. Ab jetzt glaubt sie ihr Leben liege in der Hand des Priesters.

Doch welche Rolle spielen die Priester in diesem Geschäft? Wir treffen Emmanuel. Früher war er Polizist. Jetzt ist er Voodoo-Priester und will uns helfen. Den Menschenhandel lehnt er ab.

Priester:

»Das ist reine Sklaverei. Niemals würde ich erlauben, dass ein Mädchen in meinem Schrein eingeschworen wird.«

Autor:

»Aber gibt es Schreine, die daran beteiligt sind?«

Priester:

»Auf jeden Fall gibt es die. Aber die werden das nicht zugeben. Sie werden euch sagen, dass sie nichts damit zu tun haben - weil sie sehr viel Geld damit verdienen. Die tun alles für Geld.«

Voodoo-Priester
Voodoo-Priester

Emmanuel gibt uns einen Tipp. Er nennt uns einen Priester, der sicher in den Menschenhandel verstrickt ist. Dass wir ihn mit versteckter Kamera drehen werden, weiß er nicht.

Überall liegen Knochen und Tierschädel. Es riecht nach Verwesung. In so einem Voodoo-Schrein wurde auch Helen eingeschworen.

Nach einem kurzen Rundgang ruft uns der Priester ins Hinterzimmer und spricht erstaunlich offen.

Priester2:

»Wenn du Mädchen in Deutschland brauchst, sag’s mir. Ich besorg’ dir welche - sofort. Sie schwören und kommen rüber. Verstehst du was ich sage? Sie arbeiten ihr Geld ab, und verschwinden. Haben sie abbezahlt, geht jeder seinen Weg. Das ist mein Job, das ist, was ich tue.«

Und dann besteht er sogar darauf, dass wir Filmaufnahmen von ihm machen. Er will uns seine Rituale zeigen und damit seine Macht demonstrieren.

Vor laufender Kamera will er aber vom Menschenhandel plötzlich nichts mehr wissen.

Priester2:

»Ich weiß nichts vom Menschenhandel. Ich mache so was nicht. Ich habe noch nie davon gehört.«

Der Priester weiß offenbar, dass er unrecht tut. Doch das hält ihn nicht davon ab, junge Frauen auf die Zwangsprostitution einzuschwören.

Helen hat lange gebraucht, um sich von dem Voodoo-Schwur und ihrer Vergangenheit zu lösen. Heute ist sie Mitglied in einer Freikirche.

Helen:

»Mittlerweile bin ich Christin. Ich habe Jesus gefunden. Und wenn du Jesus hast, dann hast du Hoffnung. Du hast einen Grund zu leben.«

Aber missbrauchen lassen will sie sich nie wieder – von keinem Glauben.

Katrin Eckert und Lukas Roegler

Stand: 22.04.2014 13:54 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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