Mi., 18.07.12 | 21:45 Uhr
Das Erste
Hannelore Elsner
Folge 22

Sie schenkt jeder Figur etwas von sich. Der unberührbaren Diva, der berührenden Ehefrau, der störrischen Kratzbürste. In ihrer Sinnlichkeit ist sie immer unverwechselbar: Hannelore Elsner, die jetzt 70 wird und im deutschen Kino und Fernsehen so präsent ist, wie nie zuvor.
Alle Filmgenre hat sie ausprobiert: die Kinokomödie "Alles auf Zucker", die Tragikomödie "Kirschblüten-Hanami", das Melodram "Die Unberührbare". Für jede dieser Rollen wurde sie nicht einfach nur besetzt, sondern hat Regisseure dazu inspiriert, sie ganz auf ihre Person zuzuschneiden.

Ihr Kino-Comeback im Jahr 2000 mit fast 60 Jahren als "Die Unberührbare" (Regie: Oskar Roehler) bringt die Anerkennung als Charakterdarstellerin. Sololeistungen liegen ihr: Der Schriftsteller Bodo Kirchhoff legt ihr einen 90-minütigen Monolog in den Mund, den sie in "Mein letzter Film" in die Kamera erzählt, als sei es ihre eigene Lebensbeichte. In ihrer Autobiografie "Im Überschwang" schreibt sie über sich als Schauspielerin: "Man braucht das Gefühl, dass man richtig angeschaut wird, liebevoll, auch zärtlich, auch erkennend, kritisch und sezierend. Das hat etwas mit einem ganz großen Vertrauen zu tun."
Im oberbayerischen Burghausen aufgewachsen, beginnt Hannelore Elsner gleich nach der Klosterschule in München Theater zu spielen, erst Volkstheater, dann bei den Kammerspielen. Vom Fleck weg wird sie für den Film entdeckt. In einer ihrer ersten Kinoproduktionen, "Die endlose Nacht" (1963), spielt sie ein Starlet. Der Autorenfilmer Will Tremper lässt sie improvisieren, die Kritik ist begeistert. Sie taucht noch einige Male in Opas Kino auf, bekommt eine Zeitlang nicht die Rollen, die sie gerne gespielt hätte. Als sie in den 90ern in der ARD-Serie als "Die Kommissarin" Lea Sommer in Stöckelschuhen daherkommt, hat sie sich neu erfunden. Und wieder scheint diese Rolle wie für sie gemacht.
Hannelore Elsner mag den Flirt mit der Kamera nicht nur bei Dreharbeiten. Dafür ist sie viel auf Reisen, am Set im tiefsten Bayern oder zum Filmball in Wien, auf der Bühne der lit.cologne, um dem Publikum aus ihrer Autobiografie vorzulesen. Mit der gleichen Lust und Intensität absolviert sie bei eisiger Kälte ein Foto-Shooting am Meer im kleinen Schwarzen oder verbringt Stunden in der Maske, um wie eine alte, abergläubische Frau auszusehen, in die sie sich für ihrem neuesten Kinofilm "Wer's glaubt, wird selig" (Regie: Marcus H. Rosenmüller) verwandelt. Dass sie dabei fröhlich über das Glück des Älterwerdens erzählt, ist typisch für Hannelore Elsner.
Hannelore Elsner verkörpert ein halbes Jahrhundert deutscher Film- und Fernsehgeschichte, ein Leben prall gefüllt mit Erfahrungen und Geschichten. Im Interview äußern sich die Filmregisseure Oskar Roehler, Dani Levy und Marcus H. Rosenmüller, die Filmproduzentin Regina Ziegler, Roger Willemsen und Elsners Sohn Dominik.
Redaktion: Simone Reuter (SWR), Marie-Elisabeth Denzer (SR)
Film von Inga Wolfram
Die Autorin
Geboren in Ost-Berlin. Philosophie- und Ästhetik-Studium an der Humboldt-Universität. Übersetzerin und Regieassistentin im DEFA-Studio für Spielfilme. Studium an der Moskauer Filmhochschule im Fach Regie. Kulturredakteurin der Wochenzeitung "die andere", der ersten unabhängigen DDR-Zeitung. 2009 erscheint ihr Buch "Verraten". Seit 1991 TV-Dokumentationen für die ARD, Das Erste, ARTE.
Filmografie (eine Auswahl)
2011
Mein Leben – Der Fotograf Horst Wackerbarth/Moskau, meine Liebe/Petersburg im Herzen
2010
Schatten der Erinnerung, Dokudrama/Gedanken auf glitzernden Flügeln. Der Filmemacher Heinrich Breloer
2009
Bilderbuch Deutschland – Die Ruhr
2008
Deutschland, deine Künstler – Armin Mueller-Stahl
2007
Leben, Lieben, Kinderkriegen/Verraten
2006
Die Pianistin von Theresienstadt/Letzte Ausfahrt Westberlin, Dokudrama
2005
Soldatenkind
2004
Der Tod und die Mädchen
2003
Stalin. Der Tod des Diktators
2002
Tödliche Falle
1999
20 Tage des 20. Jahrhunderts – Der Zerfall des sowjetischen Imperiums
1998
Wir Kommunistenkinder