So., 15.07.12 | 17:30 Uhr
Das Erste
Der letzte Akt
Entscheidungen am Lebensende
Ein Koffer und zwei blaue Müllsäcke sind von Ingrid T. geblieben. Matthias Weichold hat sie neben einen kleinen Gartentisch gestellt. Der Berufsbetreuer sortiert jene Dinge, die aus mehr als 80 Jahren Menschenleben übrig geblieben sind:
Noch brauchbare Kleidungsstücke gibt er für bedürftige Bewohner zurück ins Heim, Seifenschale und Kulturbeutel wandern in den Müll.
Ingrid T. hatte keine Angehörigen mehr, sie war am Lebensende einsam so wie die meisten Menschen, die Weichold betreut.
Die 30-minütige Dokumentation zeigt, wie der Betreuer mit seinen Klienten die letzten Dinge regelt: die eigene Beerdigung, eine Patientenverfügung oder das Erbe, das mal eine Stiftung wird.
"Aber was will man machen, wenn kein Verwandter, kein Freund mehr da ist", sagt er und hilft zu regeln, was noch möglich ist. Schließlich soll auch am Lebensende ein bisschen Würde gewahrt werden. Im letzten Müllsack tauchen zwischen Röcken und Blusen noch zwei Bilder von Ingrid T. auf. Die Kette, die sie auf einem trägt, hatte Weichold erst vor wenigen Minuten in der Hand. Und auch der Pulli ist noch geblieben – mit dem Strichcode innen. Das Heim ordnet so die Kleidung den Menschen zu.
"Das rührt mein Herz schon an", sagt Weichold mit Blick auf die Bilder, durch die ihm die alte Dame mit einem Mal wieder so nah ist. Auch wenn er im Abwickeln der letzten Dinge mittlerweile Routine hat. "Bei der Beerdigung, wenn nur noch der Pfarrer, jemand vom Pflegeheim und ich mitlaufen, reißt es mich immer: Es ist noch trauriger, als wenn es eine große Beerdigung ist."
Film von Christian Wölfel
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