So., 15.09.19 | 23:35 Uhr
Das Erste
Robert Macfarlane: "Im Unterland" (Penguin)
Robert Macfarlane steigt hinab in die dunkle Welt unter der Erde, denn: "Die Geheimnisse liegen in der Tiefe: Hier fließen Raum und Zeit ineinander."
Im "Anthropozän" ist nicht mehr nur die Natur der große Gestalter der Erde, sondern der Mensch gestaltet die Natur. Die Erde ist durchlöchert. Robert Macfarlane riskiert es, auf bisweilen lebensgefährlichen Wegen dort hinein zu steigen und zu berichten, was er sieht. Und jedes Mal, wenn er wieder unversehrt an die Oberfläche gelangt ist, teilen wir seine Freude über die Schönheiten der Landschaft unter der wärmenden Sonne oder dem von Mond und Sternen erleuchteten Nachthimmel. Tief berührt haben wir durch ihn Orte und Dinge gesehen, die den meisten Menschen verborgen bleiben: Viele tausend Jahre alte unterirdische Begräbnisstätten, Menschen, die in Stollen unter dem Meer nach schwarzer Materie forschen, das gigantische Katakombenlabyrinth von Paris, vorzeitliche Höhlenmalereien auf den Lofoten, sternenlose Flüsse in Italien, unterirdische Gletscher in Slowenien, das Innere eisblauer Gletscherspalten auf Grönland und ein in die tiefsten Tiefen gebautes Atommüll-Endlager in Finnland.
Natur vs. Seelenlandschaften
"Zwei Millionen Tonnen Felsgestein und Bentonit, um die Behälter zu versiegeln und die Zukunft vor der Gegenwart zu schützen." Aber wie formuliert oder gestaltet man einen Warnhinweis für die Nachfahren, der auch nach 100.000 Jahren noch verstanden wird?
Wie in seinen früheren Büchern ist Robert Macfarlane fasziniert von den "Beziehungen zwischen Landschaften und dem Inneren des Menschen" (R. Macfarlane). Seine einheimischen Führer, die ihm den Weg ins "Unterland" weisen, stehen deshalb mit im Zentrum seiner Berichte. Sie zeigen ihm, auf wie vielfältige Weise Menschen die Erde verändern, ausbeuten und sie im Gegenzug dafür wieder mit ihrem giftigen Abfall auffüllen. Wir erfahren, wie unser Umgang mit der Natur das Artensterben beschleunigt. Wir werden gewarnt vor der sogenannten "Arteneinsamkeit, die die tiefe Isolation benennt, in die wir uns begeben, indem wir alles andere Leben ausradieren, mit dem wir uns die Erde teilen."
Robert Macfarlane ist der Natur verfallen. Sein ebenso poetischer wie ergreifender Bericht aus der Tiefe unseres Planeten wird begleitet von wachsendem Staunen und tiefer Sorge über das, was sich offenbart. "Welches Erbe hinterlassen wir den nach uns kommenden Generationen, aber auch den nach uns kommenden Zeitaltern und Spezies? Sind wir gute Vorfahren?"
Stand: 16.09.2019 08:29 Uhr
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