So., 31.08.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
Stimme der amerikanischen Gegenkultur
Das neue Album des amerikanischen Indie-Rock-Trios Big Thief
Indie-Hymnen wie "Masterpiece", "Paul" oder "Vampire" wurden millionenfach gestreamt, 6,5 Millionen monatliche Follower bei Spotify, 4 Grammy-Nominierungen. Ihren internationalen Durchbruch feierte Big Thief mit dem Album U.F.O.F. Gegründet 2014 in Brooklyn gehört die Indie-Rockband um Frontfrau und Songwriterin Adrianne Lenker zur amerikanischen Gegenkultur. Mit "Double Infinity" erscheint jetzt ihr inzwischen sechstes Album. Lenkers Stimme schwebt über den Instrumentals des Indie-Rock-Trios, erzählt Geschichten von Kindheit, vom Älterwerden, von Vergänglichkeit und feiert das Leben in all seiner Widersprüchlichkeit. Emotionen, direkt in Musik gegossen. ttt hat Big Thief in Berlin getroffen.
Das Unergründliche

Kindheit. Älterwerden. Vergänglichkeit: alles unergründlich, "Incomprehensible" – der Opener zum Neuen Album von Big Thief. Der Song feiert das Leben! In seiner ganzen Widersprüchlichkeit. "Zu gewaltig, um es zu begreifen", ist es für Adrianne Lenker, die Frontfrau von Big Thief, "vielleicht so, wie wenn man auf den Ozean, auf einen Berg oder in einen Sonnenuntergang blickt. Mit demselben Respekt sollten wir auch auf unsere Körper schauen, wie sie altern, sich verändern."
Das Abwechslungsreiche
Ihre Musik lebt von Gegensätzen und Wechseln: Eine Melange aus Indie Rock, Folk und Alternative Country. Laut und leise, roh und filigran, persönlich und universell. "Double Infinity" – "Doppelte Unendlichkeit" heißt ihr inzwischen sechstes Album. "Im Album geht es viel um das Leiden am Menschsein, um das Ringen, den Schmerz , aber gleichzeitig gibt es darin auch diese Momente intensiver Freude, sogar der Ekstase", erläutert Adrianne Lenker und Bandkollege Buck Meek ergänzt: "Für uns ist Musik ein Medium, um uns selbst näherzukommen, einander näherzukommen, unsere Egos und unsere Ängste einfach loszulassen."
Das Private

Lead- Sängerin Adrianne Lenker und Gitarrist Buck Meek kennen sich schon aus dem Musik-Studium. Heiraten während einer Big-Thief-Tour, und lassen sich on the road auch wieder scheiden. Dennoch machen sie gemeinsam weiter. Die meisten Songs hat Adrianne Lenker geschrieben, verarbeitet darin persönliche Erfahrungen, ihre Kindheit etwa in einer christlichen Sekte, oder ihr Queersein: "Das Songschreiben gibt mir ein Gefühl von Sinn und Verbundenheit mit etwas, das weit über mein eigenes Verstehen hinausgeht. Ich begreife, wir sind nicht alleine. Jedes Mal wenn ein Song entsteht, fühlt es sich an, als käme er von woanders, nicht von mir."
Das Album

Das aktuelle Album ist in einer dreiwöchigen Live Session mit zahlreichen Gastmusikerinnen und -musikern und nach dem Ausstieg ihres langjährigen Bassisten entstanden. "Wir sind durch diese Trennung gegangen und haben angefangen, mehr zu schreiben, zu proben und vor allem miteinander zu reden, um herauszufinden: Wie geht es weiter, wie machen wir jetzt Musik? Es war ein langer, herausfordernder Prozess", berichtet Schlagzeuger James Krivchenia.
Das Alternative
"Dieses Album soll mir selbst und allen unseren Freunden einen Ort geben, an dem wir Energie tanken, und uns durch das Hören der Musik wieder aufladen können – um den Dingen zu begegnen, denen wir uns als Kollektiv stellen müssen", meint Adrianne Lenker. Big Thief sind seit Jahren eine wichtige Stimme in der amerikanischen Alternativkultur. Ein Refugium für all jene, die mit dem laut-aggressiven, Minderheiten diskriminierenden Trump-Amerika nichts anfangen können. Adrianne Lenker: "Wir brauchen die Unterstützung und Nahrung der Kunst, um weiterzumachen. Und wir spüren das Zusammenstehen in einer Welt, in der wir mit so viel Widerstand bombardiert werden, mit so viel Hass, Rassismus, Sexismus und Homophobie."
Autor: Peter Scharf
Stand: 31.08.2025 17:35 Uhr
Kommentare