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Kunst im Kontext des Krieges

Fabian Knecht in Wolfsburg

PlayEin Krater in Wolfsburg
Kunst im Kontext des Krieges – Fabian Knecht in Wolfsburg | Video verfügbar bis 28.08.2024 | Bild: ARD

Ein Krater mitten im Schlosspark – ein Nichts, eine Störung. Es ist die Rekonstruktion einer der vielen Kriegswunden der Ukraine. „Der Krater ist auf einem Hügel bei Isjum. Und auf diesem Hügel stehen weltbekannte Steinskulpturen aus der vorslawischen Zeit. Während der russischen Besatzung war der Hügel der einzige Ort, an dem die Menschen in Isjum raustelefonieren konnten. Und deswegen haben die Russen genau dorthin geschossen. Es sind fünf Menschen gestorben, die Skulpturen sind beschädigt worden. Es ist ein Zeugnis davon, dass es gegen die Geschichte ging, gegen die Kultur und gegen das menschliche Leben an sich geht“, erzählt Knecht.

Dauerregen hat der Nachbildung zugesetzt. Aber Fabian Knecht will den rauen Urzustand erlebbar machen. „Da ist Entengrütze drin, und wir nehmen es jetzt raus zur Eröffnung, und danach überlassen wir den Krater auch der Natur. Und dann kann sich hier so ein kleines Biotop entwickeln“, sagt der Künstler.

Zerstörung, Hoffnung und Lebenskraft

„Der Weg des größten Widerstandes“ heißt seine Ausstellung in Wolfsburg. Dreizehn Mal reiste Fabian Knecht in die Ukraine und sah Zerstörung, aber auch Hoffnung und Lebenskraft. Er hat dort Freunde und bringt immer wieder Hilfsmittel dorthin, wie etwa neue, begehrte Tarnnetze. Alte, handgeknüpfte aus der Ukraine, stellt er aus. „Die ganze Ukraine ist damit geschmückt. Man sieht es kaum auf Nachrichtenbildern oder auch auf Fotografien, weil es natürlich sehr oft kritische Infrastruktur abdeckt. Ich bin durch die Ukraine gereist und habe diese Schönheit dieser Stoffe für mich entdeckt. Hier gab es gar kein Netz, auf die die Stoffe geknüpft werden könnten, und man hat also mit den Stoffresten erst mal ein Netz geknüpft. Man riecht ja wirklich noch die Natur da drinnen, und auch - ich würde fast sagen Schimmel – und die lagen halt anderthalb Jahre draußen in die Natur“, erzählt Knecht.

Knecht formt das Museum um die Natur

Knecht holt die Wirklichkeit ins Museum, Schrapnelllöcher inklusive. Bekannt wurde er mit seinem Projekt „Isolation“. Mitten in der Natur baute er Wände und formt das Museum um die Natur herum. „Diese tausenden Teilchen, die Insekten, alles, was sozusagen in dieser Natur ist, war mir unmöglich in den Ausstellungsraum zu bringen. Dadurch, dass sich die Museumsräume aber in die Natur setze, ist alles da, und dadurch entsteht eine Komplexität und gleichzeitig ein künstliches Bild. Und diese Welten prallen aufeinander und es ist gleichzeitig ein sehr spannender Effekt“, sagt Knecht.

Asche aus Panzerwracks auf Leinwänden

In der Ukraine saugt er mit seiner Kunst den Raum auf. In den Leinwänden ist die Asche aus Panzerwracks gebatikt. „Es sind Abdrücke aus dem Krieg. Das hat jetzt hier keine schönen Formen, sondern das sind eigentlich Einschnitte in diese Leinwand und so ganz scharf und stechend und es sieht eigentlich aus wie ein ganz böses Gewitter. Letztendlich hat der Krieg nichts Figürliches, sondern es ist eine pure Zerstörung, das pure Chaos”, so Knecht.

Knecht erforscht die pure Zerstörung. Es verändert ihn und damit auch seine Kunst. Alle Einnahmen aus diesen „humanitären Plastiken“, wie er seine Werke nennt, kommen der Ukraine zugute. Die Zerstörungen, die er sah und sieht, sind ohne jedes Maß.

„Es hat meine Vorstellungskraft zerbrochen“

„Man ist einfach sprachlos. Es ist einfach skulptural, oder auch von der Masse der Zerstörung her hatte ich vorher so etwas noch nie gesehen. Und es hat auch meine Vorstellungskraft zerbrochen oder auch komplett neu in Frage gestellt, alles“, sagt Fabian Knecht.

Stand: 05.09.2023 13:31 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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