SENDETERMIN Sa., 04.09.21 | 16:00 Uhr | Das Erste

Klassische Ahnenforschung – auf der Suche nach familiären Wurzeln

Marthi Wolff spaziert im Auswandererhaus an einer Szene am Hafen vorbei
Im Auswandererhaus sind viele historische Situationen rekonstruiert. | Bild: WDR

1923 zog es die damals 17-jährige Martha Hühner in die USA – in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Heute sucht ihre Nichte Marthi Wolff nach weiteren Verwandten. Denn drei Großtanten lebten zu der Zeit ebenfalls in New York. Sie  waren durch den Verkauf von Land bereits zu Vermögen gekommen. Wie aber ist es mit der Familie in Amerika weitergegangen? Hat Marthi heute womöglich noch Cousinen und Cousins in den USA, von denen sie gar nichts weiß?

Das Deutsche Auswandererhaus

Das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven ist ein guter Ort für die Aufarbeitung der Geschichten von Auswandererfamilien. Seit dem 19. Jahrhundert sind von hier aus sieben Millionen Menschen nach Amerika ausgewandert. Im Deutschen Auswandererhaus lässt sich in historisch rekonstruierten Stationen nacherleben, wie es den Menschen damals ergangen ist.  Es beginnt bei der Verabschiedung an der Kaje (norddeutsch: befestigtes Ufer), geht weiter über die Schlafkabinen für die mehrwöchige Überfahrt, und endet bei den Gitterkabinen auf Ellis Island, wo die Migranten vor ihrer Ankunft überprüft wurden.

Die Galerie der sieben Millionen

Simone Blascka und Marthi Wolff bei der Galerie der sieben Millionen
Im Auswandererhaus finden sich Tausende Schicksale. | Bild: WDR

Wie aber ist es mit den Auswanderern weitergegangen? Das hat die Historikerin Simone Blaschka für über 3.000 Familien durch viele Interviews mit Familienmitgliedern und dem Sammeln persönlicher Zeugnisse aufgearbeitet und im Auswandererhaus ausgestellt. Die sogenannte Galerie der sieben Millionen ist das Herzstück der Ausstellung. Es bietet in Kästen und Schubladen eine Fülle von Lebensgeschichten. Auch die Geschichte von Marthis Tante Martha Hühner ist hier zu finden. Von ihr ist unter anderem eine Pferdebürste ausgestellt. Diese war das Abschiedsgeschenk ihres Vaters. Marthi hat die Bürste geerbt und dem Museum gespendet – inklusive Briefen ihrer Tante an die Familie. Aus diesen hat Marthi erfahren, dass das Verhältnis zu den drei Großtanten wohl nicht zum Besten war und der Kontakt daher womöglich abgebrochen ist. Wie aber kann sie ihnen wieder auf die Spur kommen?

Passagier- und Volkszählungslisten

Passagierliste mit Auswanderungsziel
Die Passagierlisten verraten das Ziel der Auswanderung. | Bild: WDR

Dafür rät Simone Blaschka ihr, in die Passagierlisten der Schiffe zu schauen, die von Bremerhaven nach Amerika abgesetzt haben. Wer seine Vorfahren dort wiederfindet, erfährt, wann sie wo mit wem zusammen angekommen sind. Die Abfahrtslisten aus Bremerhaven sind zwar größtenteils verloren gegangen, glücklicherweise haben aber die Amerikaner bei der Ankunft ebenfalls die Passagiere registriert. Diese amerikanischen Passagierlisten sind im Auswandererhaus an eigenen Terminals einsehbar. Wenn erst einmal Jahr und Ort der Auswanderung bekannt sind, kann jeder, so die Historikerin, die dortigen Volkszählungslisten durchstöbern, die in den USA regelmäßig erstellt wurden. So lassen sich unter Umständen genauer Wohnort und Haushaltsmitglieder der Ausgewanderten finden. Danach heißt es, dort seine Spurensuche zu vertiefen. Je seltener der Nachname, desto schneller gibt es einen Treffer.

Grenzenlose Ahnenforschung dank Digitalisierung

Evangelisches Kirchenbuch aus dem 16. Jhd. digitalisiert
Immer mehr Kirchenbücher werden digitalisiert | Bild: WDR

Was die Spurensuche von Ahnenforschern leichter macht, ist die zunehmende Digitalisierung der Quellen. Für die Passagier- und Volkszählungslisten ist das bereits weit fortgeschritten. Aber auch europäische Quellen werden immer häufiger auf Online-Plattformen wie Ancestry, FamilySearch, MyHeritage oder Geneanet zur Verfügung gestellt.

In Europa zählen dazu vor allem Kirchenbücher, in die bis ins 19. Jahrhundert Geburt, Heirat und Tod der Ahnen eingetragen wurden – bis sie von Melde- und Standesamtsregistern abgelöst wurden. Früher mussten Ahnenforscher dagegen häufig von Kirche zu Kirche, von Archiv zu Archiv reisen, um ihre Familienzweige und deren Geschichten zurückzuverfolgen. Auch das Auswandererhaus nutzt eine dieser Plattformen. Wer dort zu Besuch ist, darf kostenlos auf Ancestry zugreifen und europäische wie amerikanische Quellen durchforsten.

Autor: Patrick Jütte (WDR)

Stand: 02.09.2021 15:00 Uhr

Sendetermin

Sa., 04.09.21 | 16:00 Uhr
Das Erste

Produktion

Südwestrundfunk
für
DasErste