SENDETERMIN Sa., 28.08.21 | 16:00 Uhr | Das Erste

Drohnen im Anflug auf unseren Alltag

Eine Drohne inspiziert im Hamburger Hafen eine Containerbrücke.
Drohne statt Industriekletterer: Die Inspektion dauert im Schnitt dre Stunden. | Bild: NDR

Klein, wendig und computergesteuert: Viele Unternehmen planen den verstärkten kommerziellen Einsatz von Drohnen. Der Fokus der Geschäftsmodelle liegt dabei meist auf einem automatisierten Flug außerhalb der Sichtweite des Piloten, bzw. des Anwenders. Dafür werden immer mehr Drohnen-Testfelder eingerichtet, in denen die neuen Anwendungen und die dahinterstehenden Geschäftsmodelle erprobt und weiterentwickelt werden sollen. Zum Beispiel im Hamburger Hafen.

Zeit ist Geld - Drohnen sind schnell

Eine Frau sitzt vor einem sehr großen Monitor, auf dem die aktuelle Position von Schiffe und Flugverkehrsteilnehmer im Hamburger Hafen verzeichnet ist.
Im Leitstand der Hamburger Firma HHLA-Sky überwacht eine Mitarbeiterin den Flug einer Drohne über das Hafengebiet. | Bild: NDR

Die HHLA-Sky, eine Tochter der Hamburger Hafen & Logistik AG, führt regelmäßig Inspektionsflüge an ihren Containerbrücken durch. So nennen sich die riesigen Kräne, die Container auf die oder von den Schiffen heben. Die Drohne fliegt dabei automatisiert die bis zu 170 Meter hohen Kräne ab und schießt dabei mit einer hochauflösenden Bordkamera mehr als 10.000 Fotos. Diese werden dann von einer künstlichen Intelligenz zusammengeführt und nach Auffälligkeiten durchsucht. Bisher wird dieser Job von Industriekletterern erledigt. Ein Team aus fünf bis acht Kletterern benötigt dafür mehrere Tage. Eine einzige Drohne schafft dies autonom an einem halben Tag. Die Methode ist zudem weniger unfallträchtig, spart Geld und hat den Vorteil, dass der Betrieb im Hafen nicht so lange aufgehalten wird. Der Nachteil. Es gehen Jobs an die Drohne verloren.

Fliegende Kurierdienste

Zusätzlich zu den Inspektionsflügen sollen die Drohnen im Hafen Transportaufgaben übernehmen, zum Beispiel dringend benötigte Ersatzteile oder eilige Papiere zu den wartenden Schiffen bringen. Häfen oder Industrieanlagen sind oft Sicherheitsgebiete, in denen es nicht erlaubt ist, sich frei zu bewegen. Drohnen haben hier den Vorteil, dass sie über die Sicherheitsbereiche hinwegfliegen können. Sie sind damit schneller als ein Kurier, zudem muss kein Mensch einen Sicherheitsbereich kreuzen, was den Betriebsablauf stören könnte. Und da es sich letztendlich um riesige Gewerbegebiete handelt, werden auch keine Anwohner durch den zusätzlichen Verkehr im "unteren Luftraum" gestört.

Flächendeckende Drohnennetze

Das könnte anders aussehen, wenn sich die Pläne von Beagle Systems wahr werden. Das Start-Up Beagle Systems möchte deutschlandweit Paket- und Inspektionsflüge durchführen und plant dazu im gesamten Bundesgebiet ein Netzwerk von Start- und Landeplätzen zu errichten. Von dort aus sollen die Drohnen autonom starten, landen und die Akkus aufladen können. Während der Paketflüge sollen die Drohnen "nebenher" Stromleitungen und Pipelines checken, die aus Sicherheitsgründen sehr häufig inspiziert werden müssen. Derzeit arbeitet das Unternehmen daran, die erforderlichen Genehmigungen für ferngesteuerte und autonome Drohnenflüge zu erhalten. In vier Bundesländern hat man nach Firmen-Angaben schon erste allgemeine Zulassungen erhalten, zunächst beschränkt auf Flüge außerhalb von Siedlungsgebieten. Doch Beagle Systems strebt bundesweite Genehmigungen für möglichst unbeschränkte Flüge an.

Lufttaxis

Dass würde auch Firmen wie Airbus oder Volocopter gefallen. Sie setzen auf den Zukunftsmarkt der Lufttaxis, also autonom fliegenden Großdrohnen zum Personentransport. Beide haben bereits flugfähige Modelle entwickelt und der Öffentlichkeit präsentiert. Mit ihnen soll es zahlungskräftiger Kundschaft eines nicht zu fernen Tages möglich sein, über das Verkehrschaos auf den Straßen von Megacitys elegant hinwegzufliegen. Der City-Airbus, ein hubschrauberähnlicher Quadrokopter wird derzeit auf einem Testfeld bei Ingolstadt erprobt. Er soll vier Personen mit bis zu 120 km/h ins Ziel tragen.

Flugsicherung für den unteren Luftraum

In einer Computeranimation ist eine Flugroute einer Drohne über besiedeltes Gebiet als Lichtpfad sichtbar. Im Hintergrund steht ein Funkturm, von dem die Flugüberwachung stattfindet.
Flugüberwachung der Zukunft? Drohnenflüge sollen lokal überwacht und genehmigt werden | Bild: NDR

Es könnte also bald voll und laut werden über unseren Köpfen, je nachdem wie viele Projekte es ins Ziel schaffen. Damit es bei einer steigenden Anzahl von Drohnenflügen nicht zu Konflikten oder Unfällen kommt, plant Droniq, ein Tochterunternehmen von Telekom und Deutscher Flugsicherung, eine Art Drohnenflugsicherung für den "unteren Luftraum" – also den direkt über unseren Köpfen. Die Idee: Wer eine Drohne fliegen lassen will, muss Start und Ziel bei einer Leitstelle anmelden, zum Beispiel über eine App. Er bekommt dann eine Flugroute und ein Zeitfenster zugewiesen. Entlang dieser Route ist der Luftraum dann reserviert. Der Flug wird von der Flugsicherung überwacht. Da diese auch andere Verkehrsteilnehmer im Blick hat, zum Beispiel einen die Flugroute kreuzenden Rettungshubschrauber, kann sie den Drohnenpiloten, beziehungsweise die Drohne, rechtzeitig warnen und zur Landung auffordern. Ist die Gefahr vorüber, darf der Flug weitergehen. In der Theorie könnten so viele Drohnen gleichzeitig fliegen. Ob diese Idee sich durchsetzen wird, muss sich aber noch zeigen. Ein Forschungsprojekt läuft dazu bereits.

Die Politik ebnet den Weg

Die EU und auch das Bundesverkehrsministerium haben zuletzt immer wieder ihren Willen bekräftigt, den autonomen Flugverkehr von Drohnen zu fördern. Ein deutlicher Beweis dafür ist die Neuregelung des Drohnenflugs in der EU, der zum 31 Dezember 2020 in Kraft getreten ist. Demnach wurden Drohnen in verschiedene Kategorien unterteilt. Ausschlaggebend sind dabei das Gewicht der Drohne sowie die Frage, ob sie von einem Piloten in Sichtweite gesteuert wird oder nicht. Autonome Flüge sind möglich, sofern dieser Flug von einem Piloten überwacht wird, der im Notfall eingreifen kann. Dies kann zum Beispiel über einen Leitstand geschehen. Allerdings haben Kommunen und Städte ein Mitgestaltungsrecht bei der Frage, wie der Flugverkehr von Drohnen aussehen soll, also ob zum Beispiel Drohnen als Lufttaxis oder zum Transport von Paketen über bewohnten Gebieten zulässig sein sollen.

Autor: Niels Walker (NDR)

Zusatzinfo: "Mit Fallschirm und Rettungsboot"
Drohnen, die über Wasser eingesetzt werden, haben häufig einen Fallschirm und/oder eine Art Rettungsboot dabei, dass sich bei einem Absturz in Wasser automatisch aufbläst. Es geht dabei aber nicht darum, die Drohne für einen neuen Einsatz zu retten (die Drohne ist meist von der Wucht des Aufpralls zerstört), sondern um zu verhindern, dass die umweltgefährdenden Teile wie Akku und Elektronik die Umwelt verschmutzen. Sollte dies dennoch passieren, werden hohe Strafzahlungen fällig.

Stand: 27.08.2021 16:13 Uhr

Sendetermin

Sa., 28.08.21 | 16:00 Uhr
Das Erste

Produktion

Südwestrundfunk
für
DasErste