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Flughafenlogistik – wer steuert die Passagiere?

Passagiere schauen auf eine Abflugtafel im Flughafen
Das Eintreffen der Passagiere hat großen Einfluss auf die Passagierströme. | Bild: BR

Der Flughafen Frankfurt gleicht einem Ameisenhaufen – mehr als 200.000 Passagiere werden hier pro Tag durch die Terminals geschleust. Schon kleine Störungen können sich zu einem gewaltigen Chaos entwickeln, wenn die Menschenströme ins Stocken oder gar zum Erliegen kommen. Wie 2018 kurz vor Weihnachten, als Tausende Passagiere strandeten und das System kollabieren ließen. Damit solche Vorfälle die Ausnahme bleiben, arbeiten im Hintergrund Experten, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen.

Integrierte Leitstelle: Regie für Passagierströme

Zwei Personen sehen auf verschiedene Computerbildschirme
Terminal Duty Manager überwachen den Flughafen. | Bild: BR

Herzstück der Passagier-Logistik ist die integrierte Leitstelle. Auf Hunderten Bildschirmen beobachten Mitarbeiter von Flughafen und Bundespolizei die Passagierströme in den Terminals. Ein Algorithmus erkennt, wo es zu Konflikten kommt oder kommen könnte: Gibt es Staus bei Sicherheitscheck oder Passkontrolle? Wie hoch sind die Wartezeiten beim Gepäckschalter?

Werden Engpässe vorhergesagt, können per Mausklick die Anzeigetafeln in den Terminals gewechselt und die Ströme der Reisenden über andere Routen zum Gate gelotst werden. Die Besonderheit in Frankfurt: Flughafenbetreiber und Bundespolizei sitzen im gleichen Großraumbüro. So können Absprachen und Entscheidungen ohne Zeitverlust getroffen werden – etwa, wenn es darum geht, zusätzliche Kontrollstellen zu öffnen oder wenn ein Bereich abgesperrt werden muss, weil sich ein herrenloses Gepäckstück im Terminal befindet.

Stauprognose per Algorithmus

Grafik mit Computerbildschirm, der Software zur Passagierfluss-Analyse illustriert
Berechenbare Passagiere: Eine Software liefert Prognosen. | Bild: BR

Unterstützt werden die Terminal Manager von einer speziellen Software zur Passagierfluss-Analyse. Der Algorithmus der Prognose-Software wird mit den vorgemeldeten Passagierzahlen der Airlines gefüttert. Dazu kommen Echtzeitdaten, wie viele Reisende die Sicherheits- und Grenzkontrollen passieren. Außerdem: Kalender-Ereignisse wie Ferienbeginn, Feiertage und Jahreszeit. So brauchen die Leute im Winter länger, da sie erst dicke Jacken und Stiefel ablegen müssen. Im sommerlichen T-Shirt dagegen passieren sie den Sicherheitsbereich deutlich schneller.

Auch das Eintreffen der Passagiere hat großen Einfluss auf die Passagierströme – und wird vom Algorithmus einkalkuliert: Routinierte Businessflieger kommen später zur Sicherheitskontrolle als Senioren oder Urlaubsreisende, die nur einmal im Jahr fliegen. Interessanterweise gibt es auch bei den Nationalitäten Unterschiede: Amerikaner lassen sich Zeit, kaufen im Duty-Free-Shop ein oder trinken noch einen Kaffee. Asiatische Reisegruppen mit Reiseleiter dagegen sind oft wesentlich schneller. Und Australier haben die Ruhe weg, selbst wenn das Boarding schon begonnen hat. Alle diese Faktoren werden vom intelligenten Algorithmus berücksichtigt und in die Stauprognose integriert.

Noch Zukunft: digitale Kofferanhänger

Grafik mit digitalem Kofferanhänger und Smartphone
Per RFID-Chip sollen Koffer geortet werden. | Bild: BR

Weniger erfolgreich hat sich die Digitalisierung bislang bei der Gepäckbeförderung durchgesetzt. Noch immer werden die Koffer mit einfachen Barcodes auf Papier gelabelt. Im Keller unter dem Terminal transportieren dann riesige Förderbänder die Koffer zu den Gates – 110.000 pro Tag. Erscheint ein Passagier nicht zum Boarding, muss sein Koffer aufwendig gesucht und wieder aus dem Flieger ausgeladen werden. Um die Logistik zu verbessern, experimentieren Airlines und Kofferhersteller seit längerem mit digitalen Kofferanhängern. Darin verbaut: RFID-Funkchips, die in Echtzeit per App verfolgt werden können.

Ein Problem dabei: Die Koffer rotieren so dicht auf den Förderbändern, dass sich die Signale der Funk-Chips gegenseitig stören. Würden die Abstände auf der Gepäckförderanlage vergrößert, könnte aber nicht mehr so viel Gepäck abgefertigt werden. Ein weiteres Problem: Viele Flughäfen können mit der neuen Technik wenig anfangen. Bislang konnte sich kein internationaler Standard durchsetzen. Denkbar aber wäre, dass die Koffer in Zukunft bei der Beladung an den Türen der Flugzeuge automatisch erkannt werden.

Neben den Gepäckstücken und den Passagieren gibt es aber auch Faktoren, die sich kaum steuern lassen, etwa wenn das Wetter Kapriolen schlägt und den gesamten Flugplan durcheinanderbringt. Auch dann müssen die Manager in der Leitstelle einen kühlen Kopf bewahren und dafür sorgen, dass die Logistikmaschine auf Deutschlands größtem Flughafen nicht aus dem Takt gerät.

Autor: Boris Geiger (BR)

Stand: 19.05.2019 18:55 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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