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Die Retter der Nashörner

Drei Tierärzte aus Berlin gelten weltweit als führende Spezialisten für künstliche Besamungen für große Wildtiere und kämpfen so für die Rettung bedrohter Arten. Ganz besonders bedroht ist das mächtige Nördliche Breitmaulnashorn.

Die zweitgrößten Landsäugetiere der Welt bevölkerten 5 Millionen Jahre die Erde und sind heute fast ausgelöscht. Für die Nashörner und deren Retter hat ein Wettlauf gegen die Zeit begonnen.

Hoffnungsträger für Tierart

Nashornbaby Layla ist der Hoffnungsträger der Breitmaulnashörner - und eine medizinische Sensation. Layla im Budapester Zoo ist weltweit das erste Nashorn, das nach künstlicher Besamung geboren wurde. Die drei Berliner Tierärzte Thomas Hildebrandt, Frank Göritz und Robert Hermes hatten sie bei Laylas Mutter durchgeführt und fühlen sich daher als stolze Väter. Layla ist ein südliches Breitmaulnashorn.

Doch ihre Geburt ist auch ein Hoffnungsschimmer für ihre nahen Verwandten, die nördlichen Breitmaulnashörner, denn die stehen vor dem Aussterben. Robert Hermes erklärt: "Wenn man ein Nashorn besamen will, dann ist das mit Risiken verbunden. Da konnten wir nicht an diesen gefährdeten Tieren arbeiten, das heißt, wir mussten uns eine sehr nah verwandte Unterart nehmen, von denen es auch noch genügend gibt weniger Risiko Grundlagen erarbeiten. Diese Grundlagen in Form von Layla die sind jetzt sozusagen da. Wir haben gezeigt, dass wir es können. Wir schaffen es. Jetzt können wir versuchen, das auf die nördlichen Breitmaulnashörner anzuwenden, um diese vom Aussterben zu abzuwenden."

Nur noch drei Tiere in freier Wildbahn

Breitmaulnashörner sind die zweitgrößten Landsäugetiere der Erde und leben ausschließlich in Afrika. Das Bürgerkrieg-Chaos im Kongo führte dazu, dass von der nördlichen Unterart der Nashörner in freier Wildbahn nur noch drei Tiere leben. Dazu kommen weitere acht in Zoos - sechs davon in Tschechien. Robert Hermes erklärt, warum Ihre Arbeit ein wichtiger Beitrag, aber nur ein Teil des Artenschutzes darstellt. "Wir kämpfen gegen die Zeit. Wir können Nashörner fortpflanzen und nur das bewahrt sie vor dem Aussterben, neben dem Artenschutz vor Ort."

Besamungsversuch bei Nashorndame

Die Berliner Mediziner wollen mit Nashorndame Fatu erstmals ein nördliches Breitmaulnashorn besamen. Dazu braucht das Berliner Medizinertrio zunächst einmal Samen. Bulle Suni hat sich seit Jahren schon nicht mehr die natürliche Prozedur der Samenabgabe zugemutet – zu anstrengend.

Daher müssen die Berliner Tierärzte nachhelfen. Sie wissen, wie man ein tonnenschweres Nashorn in Stimmung zur Samenspende bringt. Mit gemeinschaftlichen Kräften klappt es. Der frische Samen soll Nashorndame Fatu zur ersten Schwangerschaft verhelfen.

Per Ultraschallsonde untersucht Robert Hermes die Gebärmutter, um den richtigen Besamungszeitpunkt herauszufinden. Er erkennt eine unbefruchtete Eizelle – die Besamung muss sofort erfolgen. Es bleibt nicht viel Zeit, denn in 15 Minuten wird Fatu aus der Betäubung erwachen. Vorsichtig bringt Hermes den Samen an die richtige Stelle. Noch ist ungewiss, ob die Besamung erfolgreich sein wird.

Die Tierärzte stellen sich daher zur Sicherheit auf einen weiteren Versuch ein. Thomas Hildebrandt ist zufrieden: "Die Spermienentnahme war so erfolgreich, dass wir haben deutlich mehr Sperma gewonnen wie wir für die künstliche Besamung brauchen können und wir werden den Rest jetzt kühlen, mit nach Berlin nehmen um dann Einfrierversuche mit dem Sperma durchzuführen."

Tiefgefrorene Spermien sollen die Art retten

Zurück in Berlin untersucht Thomas Hildebrandt die Spermien unter dem Mikroskop. Die Samen machen einen guten Eindruck. Damit sie auch das Eingefrieren überleben, haben die drei Tiermediziner eine eigene Methode entwickelt. Ihr Trick: Während des Abkühlens bewegen sie den Samen gleichmäßig. So überleben mehr als fünfzig Prozent der wertvollen Spermien diese Prozedur. Dann packt Hildebrandt seine Schätze vorsichtig in einen Tank mit flüssigem Sauerstoff, fast 200 Grad kalt.

Schon heute lagern in dieser Tonne die Samen mehrerer Tausend Tiere. Die Qualität der Samen bleibt erhalten, erklärt Thomas Hildebrandt: "Wenn ein Spermium oder eine Eizelle in dieser Bank eingelagert ist, dann lebt es noch drei tausend Jahre. Es kann also noch drei tausend Jahre genutzt werden. Es ermöglicht uns, zum Beispiel Tiere in der freien Wildbahn für solche Sperma-Gewinnung zu nutzen, dann in unsere Samenband zu überführen und von dort in Zoos und andere Institutionen weiter zu transportieren."

Erster Versuch ist gescheitert.

Die tiefgefrorenen Samen des Nashornbullen Suni können sie schon bald gut gebrauchen. Denn inzwischen ist klar: Die tschechische Nashorndame ist nicht trächtig, der Versuch ist gescheitert. In wenigen Wochen wird Fatu daher wieder Besuch aus Berlin bekommen - der nächste Versuch, ihre Art zu retten.

Autor: Dirk Beppler

Stand: 11.05.2012 13:04 Uhr

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