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Safran - das "rote Gold" der Schweiz

Dort, wo es niemand vermutet, auf den steilen Berghängen des Schweizer Kantons Wallis, gedeiht eine wertvolle Rarität: Safran, das teuerste Gewürz der Welt.

Es ist das einzige Anbaugebiet in Mitteleuropa. Und doch so winzig, dass die wenigen Kilo Safranfäden, die hier geerntet werden, im Weltmaßstab verschwindend gering ausfallen. Immerhin ist es das einzige Schweizer Gewürz mit geschützter Ursprungsbezeichnung, dem begehrten AOC-Label.

Safranernte in der Schweiz

Leuchtende Streifen voller lila Krokusse durchziehen die Südhänge des Bergdorfes Mund im Schweizer Kanton Wallis. Zwischen Mitte Oktober und Mitte November ist Erntezeit. Dann schwärmen Hausfrauen, Schichtarbeiter, Pensionäre und Großeltern mit Enkeln aus, um die Blüten mitsamt ihren signal-roten Fäden zu pflücken.
Täglich kommen neue, aber niemand weiß, wieviele.

Echter Safran gehört zur Familie der Schwertliliengewächse und ist leicht zu verwechseln mit der giftigen Herbstzeitlosen aus der Familie der Liliengewächse. Er ist eine der ältesten Kulturpflanzen. Eine Wildform ist nicht mehr bekannt. Sie vermehrt sich allein über Tochterzwiebeln.

Als der Safran nach Europa kam

Safranblüte mit rotfarbenen Faden
Der Safran - kaum von einer Herbstzeitlose zu unterschieden. Doch wer genau hinschaut, erkennt den roten Safranfaden. | Bild: HR

Die ersten Knollen brachten vermutlich spanische Söldner nach Mund. Das war schon vor etwa 600 Jahren und gar nicht mal ungewöhnlich. Safrankrokusse gab es zu dieser Zeit in vielen Regionen Mitteleuropas, zum Beispiel auch in Freiburg im Breisgau. Dann aber verlagerte sich der Anbau allmählich in den Süden Europas.

Safran Anbau in der Schweiz

Nur im wallischen Bergdorf Mund blieb zunächst alles beim Alten. Generation um Generation pflegte die Krokuss-Felder. Denn die wertvollen Safranfäden waren ein hoch willkommenes Tauschobjekt. Als aber, Anfang der 70er Jahre, eine Strasse die entlegenen Weiler mit dem Tal verband, geriet der Safran in Vergessenheit. Denn die Gemeindebewohner fanden in Industrie und Gewerbe entlang der Rhone neue, sichere Arbeitsplätze. Die Landwirtschaft schrumpfte. Die Safranfelder verkümmerten.

Dreißig Jahre später, 1979, besann man sich der ungewöhnlichen Tradition, gründete eine “Safran-Zunft”, weitete die Anbauflächen von 500 auf knapp 18.000 Quadratmeter aus und pflanzte neue Knollen zu den alten. Zunächst waren es Knollen aus Kaschmir, jetzt sind es solche aus der Türkei. Sie gedeihen nur auf der sonnenbeschienenen Südseite unterhalb der Gemeinde Mund auf mageren Böden mit geringer Feuchtigkeit.

Roggen und Safran

Als Zwischenfrucht wird seit alters her Roggen gepflanzt. Der war früher im Grunde die Hauptanbaufrucht, der Safran nur die Zugabe. Heute ist es umgekehrt. Beide ergänzen sich jedenfalls aufs Beste. Auf Dünger kann komplett verzichtet werden, weil Regen und Schmelzwasser Mineralstoffe vom Gredetsch-Gletscher mitbringen.

Alles Handarbeit

Sofort nach der Ernte müssen die Safranfäden gezupft werden. Jede Blüte hat drei Fäden. Aber es gibt rare Ausnahmen. Hat sie fünf Fäden, dann handelt es sich um eine sogenannte “Prinzessin”. Hat sie sogar sechs, nennt man sie “Königin”. Aber die sind ausgesprochen selten.

Das Zupfen geschieht meist in geselliger Runde – und mit viel Fingerspitzengefühl. Denn das gelbe Griffelstück am Fuß entwickelt weder Geschmack noch Duft und wird darum abgezwickt. In Spanien übrigens nicht. Etwa 120 – 130 Blüten ergeben ein Gramm Fäden.

Trocknung

Diese frischen Fäden kommen jetzt zum Trocknen in einen Raum mit geringer Luftfeuchtigkeit. Innerhalb von 24 Stunden verlieren sie vier Fünftel ihres Gewichtes.

Und erst während des Trockungsprozesses entwickeln sich der Duft und das eigentümlich scharfe Aroma. Darum muss der Prozess langsam geschehen. Im Vergleich: der Spanische Safran wird dagegen zügig über Feuer getrocknet, was der Qualität eher schadet.

Jedes winzige Gramm aus Mund ist jetzt umgerechnet neun Euro wert. Die Erntemengen variieren stark. 2001 waren es sage und schreibe knapp fünf Kilo, 2006 dagegen nur 1,5 Kilo. Diese Schwankungen und der erhebliche Arbeitsaufwand erklären, warum Safran so teuer ist.

Falscher Safran

Und weil er so teuer ist, wird gern gefälscht. Was häufig auf Märkten im In- und Ausland verkauft wird, ist schlicht Saflor, die Färberdistel. Wer nie echten Safran gesehen hat, fällt leicht darauf rein. Gemahlener Safran wird gern mit Kurkuma gestreckt. Das ist ein Gewürz, das in Curry-Mischungen verwendet wird. Darum sollte man nie gemahlenen Safran, sondern nur Fäden kaufen.

Anbaugebiete

Dreißig Tonnen Safran gelangen jedes Jahr auf den europäischen Markt. Hauptlieferant ist der Iran. Spanien produziert aus Kostengründen immer weniger. Und Griechenland produziert ohnehin nur geringere Mengen. Die Arbeitskraft ist einfach zu teuer.

Auch die Safranbauern in Mund könnten weitaus mehr produzieren. Gastronomen reißen sich um das “Gold von Mund”. Aber die Hobby-Safranbauer wären überfordert. Und eine solide Existenz lässt sich auf Safran nicht gründen.

Heilende Wirkung

Immer wieder war von seiner heilenden Wirkung die Rede. Schließlich zählt die Volksmedizin Safran zu den ältesten Arzneien. Er galt als Aphrodisiakum, wurde als krampflösendes Mittel verordnet und als psychoaktive Droge eingenommen. In jüngerer Zeit versuchten Wissenschaftler, auch seine Wirkung gegen Tumore sowie gegen Blutgerinnung heraus zu finden. Die Ergebnisse allerdings sind äußerst bescheiden. “Es gibt keine wirklich seriösen Studien, auf die man sich verlassen könnte”, meint Dr. Jürgen Rohmeder, Apotheker und Experte für Safran in Mund.

Eines allerdings steht fest:
Eine Dosis von zwölf Gramm Safran genügt, um menschlichem Leben ein Ende zu setzen. Ob das ein probates Mittel ist, darf bezweifelt werden. Denn erstens wäre das sehr teuer, und zweites in dieser Konzentration schmeckt Safran einfach ekelhaft.

Autorin: Angela Joschko

Stand: 26.02.2013 12:33 Uhr

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