SENDETERMIN So., 25.05.08 | 17:03 Uhr | Das Erste

Von Ufos und Ifos

Sie lieben offensichtlich laue Nächte. Je besser das Grillwetter, desto mehr werden am Himmel gesichtet: Unidentifizierte Flugobjekte. Noch nie wurden so viele über Deutschland gesehen wie in diesem Jahr.

Sie leuchten rot oder orange, ziehen langsam und geräuschlos vorbei. Besuch aus dem All?

Ufo-Alarm über Deutschland

Viele Ufos am Himmel, das bedeutet wenig Schlaf für Werner Walter. Denn er betreibt die bundesweite Ufo-Meldestelle in Mannheim. Wer ein Ufo gesichtet hat, landet früher oder später bei ihm. Flugsicherung, Raumfahrtbehörde, auch Sternwarten und Polizeidienststellen verweisen gerne an ihn. Er ist Amateur auf einem Gebiet, auf dem es keine Profis gibt.

Anders als in Frankreich oder Großbritannien existiert nämlich in Deutschland keine offizielle Stelle, die sich mit Ufo-Sichtungen beschäftigt. Und so ist Werner Walter der einzige, der die Ufo-Invasion über Deutschland erklären kann.

Invasion der Himmelslaternen

Werner Walter klärt die meisten Himmelsichtungen schnell auf: Er macht aus den "Ufos" dann "Ifos" – "identifizierte Flugobjekte". Außerirdisch sind die Lichter nämlich nicht, höchstens ausländisch. Hinter den scheinbaren Ufo-Flotten verbergen sich meist asiatische Himmelslaternen oder kleine Heißluftballons aus Reispapier. Sie wiegen nur wenige hundert Gramm, steigen aber bis zu 500 Meter hoch.

In Thailand, wo sie hergestellt werden, sollen sie Unglück und Schmerzen in den Himmel davontragen. In Deutschland sind sie vor allem ein Partygag. Und dieser wird immer beliebter. Himmelslaternen werden dann gerne bei Hochzeiten, Firmenfesten und Grillfeten in den Himmel geschickt.

Verwirrung bei Behörden

Die Mitarbeiter von Behörden sind über den Boom der Himmelslaternen nicht gerade begeistert: Denn die rätselhaften Lichter sorgen für einige Verwirrung am Nachthimmel. In der Nähe von Flugplätzen muss deshalb auch die Deutsche Flugsicherung das Aufsteigen von Himmelslaternen genehmigen.

Bei der Ufo-Meldestelle hat Werner Walter schon häufiger Anrufe von Piloten entgegen genommen. Wohin die Himmelslaternen treiben, lässt sich nämlich schlecht vorhersehen und noch schlechter kontrollieren. Manche Ordnungsämter haben den Aufstieg inzwischen verboten – wegen Brandgefahr. Jedoch muss eine bundesweit einheitliche Regelung erst noch erarbeitet werden.

Lasershows und die Ufos der Achtziger Jahre

In den 80ern gab es schon einmal einen Ufo-Boom, erinnert sich Werner Walter. Damals waren "Skytracker" die Verursacher, die Laserstrahler der Diskotheken. Auch damals wurde er nachts oft aus dem Schlaf gerissen. Die Ufo-Hotline gibt es nämlich schon seit 1976. Walter hofft seit der Gründung, einmal außerirdische Besucher begrüßen zu können.

Ufo-Alarm über Nürnberg

Und 1980 schien eine Chance gekommen: Ein riesiges Ufo wurde über Nürnberg gesichtet. Es schwebte mehrere Tage über der Stadt und löste sogar einen Luftwaffeneinsatz aus. Doch es entpuppte sich als Stratosphären-Forschungsballon. Dieser Ballon sollte eigentlich für französische Wissenschaftler Ozon-Messungen durchführen, aber war auf dem Weg zum Nordpol abhanden gekommen. Keine Enttäuschung, sagt Walter, aber ein Wendepunkt für ihn. Er wurde vom Ufo-Sucher zum "Ifo-Macher". Zu einem Detektiv, der rationale Erklärungen für scheinbar Unerklärliches aufspürt.

Lichter über der Ostsee

Die Aufklärung von Himmelsbeobachtungen kann manchmal sehr lange dauern: Walters schwierigster Fall waren die Ufo-Sichtungen von Greifswald im Jahre 1990. Viele hatten die Lichter über der Ostsee gesehen, aber jahrelang hatte niemand eine Erklärung dafür. Von Ufo-Gläubigen wurden die unerklärlichen Lichter deshalb immer wieder als Beweis angeführt, dass die Außerirdischen die Erde besucht hätten.

Aber der "Ifo-Macher" Walter ging den unerklärlichen Phänomenen nach. Nach einem Aufruf im NDR 1994 wurde er für seine Hartnäckigkeit belohnt: Viele Zuschauer kannten die seltsamen Lichter: Es waren Leuchtraketen, die der Marine als Übungsziele dienten.

Ernüchterung

Drei Menschen halten Himmelslaternen
Himmelslaternen werden in ein paar Jahren so gebräuchlich wie Feuerwerkskörper. | Bild: NDR

Die meisten Ufos sind von Menschen verursacht, sagt Walter. Und wenn sie tatsächlich außerirdisch sind, dann verursacht die Natur diese Phänomene: Sternschnuppen, Meteoriten oder hellen Planetenkonstellationen. So eine rationale Erklärung steckt hinter allen Ufos, glaubt Walter. Man muss sie nur kennen.

Und bis alle die rationale Erklärung hinter den Lichtern der asiatischen Himmelslaternen kennen und sie so normal geworden sind wie Feuerwerkskörper, wird Walter wohl noch einige Anrufe entgegen nehmen. Manchmal hätte er nicht übel Lust, das Telefon auszuhängen. Aber er tut es nur ganz selten. Denn wenn er den Leuten nicht mehr erklärt, warum ihre Ufos doch nur "Ifos" sind, wer soll es dann tun?

Autorin: Christine Buth

Adressen & Links

Deutsche Flugsicherung

Ansprechpartner:
Petra Allhoff / Andreas Miltner

Tel.: 0 61 03 - 707 - 13 13 / - 13 39
Fax: 0 61 03 - 707 - 13 99
E-Mail: ballon@dfs.de
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Stand: 26.07.2013 16:00 Uhr

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