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Das süße Geheimnis der Schokoladenherstellung

Schokolade
Schokolade | Bild: SWR

Die Deutschen lieben Schokolade. Statistisch gesehen isst jeder Deutsche etwa 9,29 Kilogramm Schokolade pro Jahr – Tendenz steigend. Vor allem die dunkleren Sorten liegen im Trend. Wie Weinkenner achten auch Schokoladengourmets auf Herkunftsland, Sorte und Verarbeitung. Denn jede Kakaobohnenart hat ihre eigenen Aromen und Liebhaber. Schokolade ist eine heikle "Schönheit" und ihre Herstellung eine Wissenschaft für sich!

Schokolade ist ein komplexes Gemisch aus Kakaomasse, Kakaobutter, Zucker und Milch. Doch wie hochwertig die fertige Schokolade ist, hängt von der Qualität der Rohstoffe und ihrer Verarbeitung ab. Gerade bei der Verarbeitung kommt es auf Erfahrung und Fingerspitzengefühl an. Sind die Kakaobohnen gesäubert, bekommt jede Sorte ihre spezielle Röstdauer. Nur dann entwickelt sich das Aroma harmonisch weiter. Sind Röstdauer und -temperatur nicht optimal, gelangen unerwünschte Gerbstoffe aus der Schale in die Bohne.

Kakaobutter ist unverzichtbar

Nach dem Rösten werden die Bohnen gebrochen und gemahlen. Etwa 55 Prozent des Gehalts der Kakaobohne macht die Kakaobutter aus. Gefiltert, gereinigt und erwärmt erinnert das wertvolle Fett im Aussehen an Olivenöl. Walter Krupp, der Leiter Qualitätswesen bei Hachez in Bremen, bezeichnet es sogar als das "Gold" der Schokolade. Denn zum einen sei die Kakaobutter dafür verantwortlich, dass die Schokolade einen schönen Glanz und auch einen schönen Bruch habe. Zum anderen sei der entscheidende Punkt, "dass Kakaobutter für den Schmelz der Schokolade verantwortlich ist, denn Kakaobutter schmilzt bei Körpertemperatur, das heißt, wenn Sie die Schokolade in den Mund nehmen, dann schmilzt sie schön weg, und dafür ist eben die Kakaobutter zuständig".

Weil der schokoladentypische, feine Schmelz und das Knacken auf die besonderen Eigenschaften der Kakaobutter zurückgehen, wird der Schokoladenmasse normalerweise zusätzlich Kakaobutter hinzugefügt. Gerade die sorgt aber für einen hohen Fettgehalt und entsprechend viele Kalorien. Forscher der ETH Zürich arbeiten daran, diesen Fettgehalt zu reduzieren, ohne den zarten Schmelz zu verändern. Das gelingt ihnen, indem sie die Schokoladenmasse etwas abkühlen lassen, und erst dann die Kakaobutter in Form winziger Partikel injizieren. Dabei wird ein Teil des Fetts durch winzige Wasser- und Luftbläschen ersetzt - das macht die Schokolade kalorienärmer.

Schokolade mit weniger Kalorien?

Prof. Erich Windhab geht davon aus, dass der Kakaobuttergehalt in den nächsten fünf Jahren wohl um 50 bis 60 Prozent reduziert werden kann. Als Schokolade dürfe man es dann zwar nicht mehr bezeichnen, aber es könnten durchaus "interessante neue Ideen von Confectionary-Produkten daraus entstehen".

Das Problem: Der Begriff Schokolade darf in vielen Ländern nur verwendet werden, wenn die Kakaomasse mindestens 20 Prozent Kakaobutter enthält. Dennoch ist mancher Hersteller skeptisch, ob Schmelz und Aroma bei einer kalorienreduzierten Schokolade immer noch dieselben wären. Hasso G. Nauck, Geschäftsführer von Hachez, hält es für problematisch, wenn man aus guten Nahrungsmitteln die essentiellen Bestandteile herausnehme, weil dies fast immer mit Geschmacks- und Genussverlust einhergehe: "Ich denke immer, es kommt auf die Ausgewogenheit der Ernährung an, das kann man nicht einzelnen Elementen anlasten, sondern es kommt auf die Gesamtkomposition an. Da gehört eben auch Schokolade dazu. Und wenn wir die Schokolade auf ihre Grundnahrungsfunktion runter reduzieren, dann macht sie einfach keinen Spaß mehr."

Nicht nur der Geschmack der Zutaten, auch ihre physikalische Beschaffenheit spielt für den perfekten Schokoladengenuss eine Rolle. Beim Walzen werden die Partikel der Kakaomasse bis zu einem 14tausendstel Millimeter fein gemahlen. Doch sie dürfen nicht alle gleich groß sein, sonst entstehen kleine Hohlräume zwischen den Teilchen, und das erzeugt ein bröseliges Gefühl im Mund. Sind die Teilchen dagegen unterschiedlich groß, füllen sich die Hohlräume und der Schmelz wird zart und widerstandsfrei.

Das Conchieren – die ultimative Veredelung

Das sogenannte Conchieren, das beständige Umrühren der Schokolade, ist die ultimative Veredelung. Ein bis heute nicht vollständig enträtselter Prozess: Aus der groben Mixtur aller Elemente entwickelt sich über Stunden und Tage jenes cremige, sämige Gemisch, das einem auf der Zunge zergeht – und zwar so, dass die zahlreichen Aromastoffe beim Verzehr gleichmäßig sämtliche Geschmacksnerven benetzen. Voraussetzung dafür sind verschiedene chemische und physikalische Prozesse, bei denen unter anderem die Aromastoffe des Kakaos auf die Zuckerkristalle übertragen werden. Erst dadurch erhält die Schokolade ihren ausgeprägten und ausgewogenen Geschmack. Zum anderen werden leicht flüchtige Stoffe wie Aldehyde und Säuren aus der Schokoladenmasse entfernt.

Das Prädikat "edel" darf Schokolade nur tragen, wenn mindestens 40 Prozent Edelkakao enthalten sind. Für Bezeichnungen wie grand cru oder cru d’origine gibt es keine Regelung. Hersteller, die damit werben, haben meist besondere Kakaosorten verwendet. Und wer geschulte Geschmacksnerven hat, vermag die Aromen der verschiedenen Kakaobohnen auch wirklich zu schmecken.

Autor: Markus Hubenschmid (SWR)

Stand: 05.08.2015 11:25 Uhr

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