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Diamantentest – Falsches Funkeln?

Mit Zirkonia besetzte Schmuckstücke
Mit Zirkonia besetzte Schmuckstücke | Bild: Bilderfest GmbH, D. Ritter, WDR

Diamanten sind Symbole für Wohlstand, Eleganz und Schönheit. Die aktuellen Fördermengen sind so hoch wie nie. Immer weitere Abbaugebiete werden mit immer größerem technischem Aufwand erschlossen. Die einzigartigen Eigenschaften der Steine wie Härte, Farbe und Brillanz garantieren dabei eine Nachfrage, die für immer stabil und konstant zu bleiben scheint. Doch die Sterne am Schmuckhimmel bekommen unliebsame Konkurrenz: Diamantimitate und synthetisch hergestellte Diamanten aus dem Labor werden immer besser und sind kaum noch von den Originalen zu unterscheiden.

Imitate – hart, schön, billig

Diverse ungefasste, geschliffene Moissanit Diamanten
Diverse ungefasste, geschliffene Moissanit Diamanten | Bild: Bilderfest GmbH, D. Ritter, WDR

René Hödl ist einer der wenigen Schmuckhersteller Europas, der in Diamantimitaten eine Marktlücke sieht. Hödl verwendet in seinem Schmuck statt Diamanten Moissanit - ein Imitat, das in Bezug auf Härte und Brillanz sein Vorbild so gut wie erreicht, teilweise sogar übertrifft. Sein Entdecker, der französische Nobelpreisträger Henri Moissan, fand das ultraharte Material 1893 im Kern eines Meteoriten. Doch erst mehr als hundert Jahre später entwickelte man synthetisches Moissanit als Diamantimitat. Viele von Hödls Kunden lassen sich Kopien ihres echten Diamantschmucks anfertigen, um diesen sicher im Tresor zu verschließen.
Auch Zirkonia, das bekannteste und am weitesten verbreitete Diamantimitat, ist nur mit Kennerblick von seinem Vorbild zu unterscheiden. Die Kosten von einem Bruchteil des Diamantpreises machen es vor allem für das Billigsegment attraktiv.

Trotz ihrer augenscheinlichen Ähnlichkeit: Diamantimitate sind chemisch gesehen keine Diamanten und darüber auch eindeutig von ihnen zu unterscheiden. Sie sind eigenständige Mineralien, meist Silizium-Verbindungen. Da diese Verbindungen in der Natur extrem selten oder gar nicht vorkommen, werden sie ausschließlich künstlich hergestellt.

Wie entstehen echte Diamanten?

Echte Diamanten hingegen bestehen aus reinem Kohlenstoff. Tief im Erdinneren, ab circa 150 Kilometer Tiefe, sind Temperatur und Druck hoch genug, um aus weichem Graphit, einer weiteren Form des Kohlenstoffs, Diamant entstehen zu lassen. Eine sogenannte Phasenumwandlung über einen Zeitraum von Millionen von Jahren - bei Temperaturen von 1.500 Grad und Druck von mindestens 70 Kilobar. Doch erst eine Laune der Natur rückt diese Rohdiamanten in greifbare Nähe des Menschen. Vulkane transportieren sie innerhalb weniger Stunden in oberflächennahe Schichten. Wären die Diamanten langsam nach oben gewandert, hätten sie sich wieder in Graphit zurückverwandeln. Dank der Vulkane können sie heute aus den erkalteten Magmakanälen, den sogenannten Pipes, abgebaut werden. Nur an wenigen Orten dieser Welt sind diese Idealbedingen erfüllt. Deshalb sind Diamanten selten und teuer.

Labordiamanten – die perfekte Kopie!

Synthetischer Diamant
Synthetischer Diamant | Bild: Bilderfest GmbH, D. Ritter, WDR

Doch die Exklusivität der Diamanten wird bedroht - von gezüchteten Diamanten. Diese sogenannten synthetischen Diamanten sind, anders als die Imitate, chemisch identisch mit den Steinen aus dem Erdinneren. In Labors wird nichts anderes gemacht, als die Natur perfekt zu imitieren.
Seit den 50ern können in verschiedenen Verfahren kostengünstig synthetische Diamanten hergestellt werden. Vor allem die Industrie benötigt den ultraharten Stoff - für Bohr- und Schleifgeräte, Elektronik und viele weitere Spezialanwendungen. Für den Schmuckmarkt waren die synthetischen Industriediamanten jedoch aufgrund minderwertiger optischer Eigenschaften lange Jahre uninteressant. Erst seit wenigen Jahren haben es russische und amerikanische Firmen geschafft, die Herstellungsmethoden der synthetischen Diamanten so zu verfeinern, dass sie konkurrenzfähige Schmuckdiamanten züchten können. Lupenrein und zu einem Drittel des Preises. Und die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen.

Neue Verfahren lassen immer bessere Qualitäten und höhere Karatzahlen zu. Im CVD Verfahren werden die Diamanten nicht mehr, wie traditionell üblich, unter hohem Druck und hohen Temperaturen gepresst, sondern wachsen in einem Kohlen-Wasserstoff Gasgemisch Schicht für Schicht heran. Kleinste Verunreinigungen und Einschlüsse, ein Nachteil der Hochdruck-Methoden, können so verhindert werden. In Europa noch ziemlich unbekannt, werden diese Labor-Steine in Amerika bereits offensiv vermarktet.

Wie reagiert der Diamantmarkt?

Der etablierte Diamantmarkt reagiert bisher verhalten auf diese neuen Entwicklungen. Vor allem in Europa glauben viele Juweliere nicht an eine Bedrohung für ihre echten Steine. Professor Rössler, Präsident der Österreichischen Gemmologischen Gesellschaft und ausgewiesener Diamantenexperte, sieht aber die Gefahr, dass synthetische Diamanten illegal als natürliche Diamanten ausgewiesen und verkauft werden. Die seriösen Hersteller synthetischer Diamanten verpflichteten sich zwar zu einer Kennzeichnung ihrer Steine, doch Möglichkeiten des Missbrauchs sind vielfältig. Zu wenig weiß man über die Situation in Russland oder China und das Thema wird marktintern totgeschwiegen. Denn die Überprüfung der gesamten Ware ist so gut wie unmöglich. Vor allem auf dem Schwarzmarkt und im Gebrauchtsektor besteht das Risiko, einen synthetischen Stein als "echt" verkauft zu bekommen.

Ist die Kopie vom Original überhaupt noch zu unterscheiden?

Wie schwierig es selbst für Profis ist, Imitate, Synthesen und echte Steine auseinanderzuhalten, zeigt ein Test mit zwei der renommiertesten Juweliere Wiens. Zusammen mit Professor Rössler lässt W wie Wissen eine Auswahl an "falschen" Diamanten untersuchen.

Der Test zeigt: Imitate sind mit dem nötigen Wissen relativ leicht zu erkennen, doch synthetische Diamanten bereiten den Juwelieren große Probleme. Erst eine Untersuchung mit einem extrem teuren Spezialgerät in einem gemmologischen Labor gibt Gewissheit. In der Praxis, bei gefasstem Schmuck und kleinen Steinen in großer Anzahl ist das unmöglich.
Wirkliche Sicherheit für den Kunden kann daher nur eine durchgehende Zertifizierung der Ware und die Seriosität eines vertrauensvollen Juweliers gewährleisten. Diese Transparenz wird die Messlatte für den Diamantmarkt der Zukunft sein. Und vielleicht entscheiden sich zukünftig dann immer mehr Kunden bewusst für einen Stein aus dem Labor. Denn ob Imitat, Synthese oder echter Diamant - sehen wird man den Unterschied nicht.

Adressen & Links

Die Goethe-Universität in Frankfurt am Main forscht zu Diamanten:
www.hochdrucklabor.uni-frankfurt.de

In Österreich beschäftigen sich Mineralogen mit der Gemmologie, der Edelsteinkunde:
www.gemmologie.at

Autor: Krischan Dietmaier (WDR)

Stand: 17.05.2013 09:34 Uhr

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