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Die Kunst des Kaffeeröstens

Geröstete Kaffeebohnen
Die gerösteten Kaffeebohnen kühlen nach dem Rösten ab | Bild: HR

Eigentlich ist es ein simpler Vorgang. Kaffeebohnen werden auf über 200 Grad Celsius erhitzt, Wasser verdampft dabei aus den Bohnen, es knackt, Reaktionen laufen im Inneren ab und fertig ist die geröstete Kaffeebohne. Hört sich einfach an, dahinter verbirgt sich jedoch ein ungelöstes Rätsel der Lebensmittelchemie, denn trotz intensiver Forschung sind nicht alle Vorgänge beim Kaffeerösten bekannt. Hunderte Reaktionen laufen beim Rösten in der Bohne parallel ab, wenn die Aroma- und Geschmacksstoffe in der Kaffeebohne entstehen und dies macht es so schwierig, die Geheimnisse des Kaffeeröstens komplett zu entschlüsseln.

Die Reise der Kaffeebohne

Hamburger Hafen
Der größte Teil des Kaffees wird heutzutage in Containern verschifft. | Bild: HR

Die Geschichte des Röstens ist die Geschichte einer wundersamen Verwandlung. Am Anfang wenn die Bohne gepflückt wird, ist sie grün und vollkommen unschmackhaft. Erst nach dem Rösten hat sie dann die uns bekannte braune Farbe und ihr unverwechselbares Aroma und den geliebten Geschmack. In Europa beginnt die Reise am Hamburger Hafen. Dort kommt die Kaffeebohne nach einer mehrere tausend Kilometer langen Reise aus Übersee an. Kaffee wird in allen Teilen der Welt meistens um den Äquator herum angebaut. Anbauländer sind bekannte Kaffeeexportländer wie Brasilien, Vietnam, Kolumbien, Äthiopien oder Mexiko, aber es gibt auch Kaffee zum Beispiel aus Papua-Neuginea.

Der Weg zur Rösterei

Kaffee-Verkostung
Jeden Morgen verkosten die Einkäufer der Rösterei ihre bestellte Ware | Bild: HR

Zunächst landet die Kaffeebohne im Kaffeelager und muss dort ihre erste Prüfung bestehen. Feuchtigkeit und aus dem Ursprungsland eventuell mitgebrachte Insekten sind ihre größten Feinde. Erst wenn der Kontrolleur sein Okay gibt, wandert die grüne Bohne mit ihren rund 140.000 Millionen Mitreisenden aus dem Container in ein riesiges Silolager. Oberste Priorität hat hier der Erhalt der ganzen Bohne – denn ist sie zerbrochen, lässt sie sich nicht mehr weiterverarbeiten.

Vom Lager geht es dann per LKW in die Rösterei. Zunächst wird dort kleine Probe geröstet und verkostet. Allein am Geschmack können die Einkäufer nicht nur die Kaffeesorte, sondern auch das Herkunftsland und sogar das genaue Anbaugebiet bestimmen und so überprüfen, ob es sich genau um die Qualität handelt, die sie bestellt haben. Erst jetzt gelangt die ganze Lieferung zum Ort ihrer Verwandlung: dem Röstofen.

Hier wird die Bohne langsam auf über 200 Grad Celsius erhitzt. Wie lange und wie heiß genau, ist das Geheimnis einer jeden Rösterei, denn das bestimmt den Geschmack der jeweiligen Kaffeesorte. Trotz moderner Technik zählen hier immer noch die Erfahrung und das Können des Röstmeisters. Der Röstmeister erkennt nicht nur an der Färbung, wann die Bohnen fertig geröstet sind. Den entscheidenden Punkt bei diesem Prozess kann er hören: Es knackt.

Die Wissenschaft in der Bohne

Sensorik-Prüfung
Wissenschaftler an der TU München verkosten Kaffee oder einzelne Bestandteile des Kaffees. | Bild: HR

Das Knacken signalisiert, dass eingeschlossene Gase sich ausdehnen und mit hohem Druck auf die Zellwände wirken. Aminosäuren verbinden sich mit Zucker. Diese Reaktion nennen die Lebensmittelchemiker die Maillard-Reaktion. Sie spielt bei vielen Vorgängen bei der Lebensmittelherstellung zum Beispiel auch beim Braten eine zentrale Rolle. Doch neben der Maillard-Reaktion gibt es beim Kaffeerösten zusätzliche Reaktionswege, bei denen die Kaffeespezifischen Aroma- und Geschmacksstoffe entstehen. Diese Vorgänge wollen Wissenschaftler an der TU München genauer entschlüsseln - denn trotz jahrelanger Forschung sind immer noch nicht alle Reaktionen und Stoffe bei der Verwandlung des Kaffees bekannt.

Das Ziel ist es, alle Vorgänge beim Kaffeerösten genau zu kennen. Mit diesem Wissen könnte man dann sogar einen synthetischen Kaffee direkt im Labor herstellen, in dem man die beteiligten Stoffe zusammengibt. Das Ergebnis: ein Kaffee ganz ohne Kaffeebohne. Die Wissenschaftler würden einen solchen synthetischen Kaffee nicht verkaufen wollen, sondern die Entschlüsselung aller Vorgänge könnte helfen, den Röstprozess noch besser zu steuern.

Adressen & Links

TU München
Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik
Lise-Meitner-Straße 34
85354 Freising
Tel.: (08161) 71-2902

Autor: Alexander Schlichter (HR)

Stand: 06.09.2012 09:38 Uhr

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