SENDETERMIN So., 27.11.11 | 17:03 Uhr | Das Erste

Marzipan und Irish Cream - aromatisierter Tee

In verschiedenen Blechdosen befindet sich Tee
Teemischungen sind sehr vielfältig - in Geschmack und Aussehen. | Bild: NDR

Im kleinen Labor in Worpswede stehen Nadine Helm und ihr Mitarbeiter Thomas Sommer vor zahlreichen Blechdosen und Glasfläschchen. Darin allerlei Zutaten und Aromen. Nadine Helm ist Diplom-Ingenieurin für Lebensmitteltechnologie und im Teehaus Ronnefeldt für die Entwicklung neuer Geschmacksrichtungen zuständig. Ihre Teemischungen haben etwas von Geheimrezepten und werden gut gehütet. Die beiden Teedesigner können für ihre Kreationen auf 80 Basis-Tees zurückgreifen. Tees wie Oolong, Darjeeling oder Grüner Tee bilden die Grundlage jeder Mischung.

Zudem stehen 79 geschmacksgebende Zutaten zur Auswahl, wie beispielsweise Ingwer für Schärfe, Minze für erfrischendes Aroma, Brombeerblätter für Süße oder Orangenschalen für fruchtigen Geschmack. Aber das ist noch nicht alles.

Aus der Flasche in die Tasse

Ein Mitarbeiter tröpfelt flüssiges Aroma auf eine Teemischung
Ganz ohne künstliches Aroma kommen viele Teemischungen nicht aus. | Bild: NDR

In 350 Fläschchen lagern dann auch noch Flüssigaromen verschiedenster Geschmacksrichtungen. Künstliche Aromastoffe, die auch in anderen Teilen der Lebensmittelindustrie zum Einsatz kommen.

Die künstlichen Aromen sind schwer verzichtbar, denn oft ist die Natur ein schlechter Kooperationspartner für Geschmacksdesigner. Nur wenige Früchte und Zutaten bewahren in getrocknetem Zustand ihren Geschmack. Auch viele natürlich vorkommende Aromen stehen für Tee deshalb nur zur Verfügung, wenn sie künstlich erzeugt werden. Dazu kommt, dass viele Geschmackswünsche der Kunden auf natürlichem Wege grundsätzlich nicht befriedigt werden könnten: Geschmacksrichtungen wie Eisbonbon, Marzipan oder Irish Cream kommen in der Natur nun mal nicht vor.

Eine neue Geschmacksrichtung entsteht

Verschiedene Teesorten liegen zur "Verkostung" auf einem Tisch
Jeden Monat entstehen neue Teesorten, die durch einen Test müssen. | Bild: NDR

Für eine neue Teekreation bestimmt Nadine Helm erst einmal eine Basis aus Tee. Dann mischt sie natürliche Aromen dazu. Sommertees sind zum Beispiel eher leicht, was Zitronenverbene bewirken kann. Rosinen, Zimt und Kakaoschalen sorgen für eine weihnachtliche Note. Die Kunden bevorzugen in der dunkleren Jahreszeit grundsätzlich eher "schwere" Geschmäcker. Als letztes träufeln die beiden Teedesigner verschiedene Flüssigaromen mit einer Pipette auf die neue Mischung. 24 Stunden muss die Mischung dann "durchziehen" bis alle Geschmackskomponenten sie durchdrungen haben. Für den monatlich stattfindenden Teetest stellen die beiden Geschmackskünstler jeweils rund zehn neue Mischungen her.

Aufnahmeprozedur

Teetasse mit dampfenden Tee
Bei der Verkostung werden Geschmack, Geruch und Aussehen beurteilt. | Bild: NDR

Unter lautem Schlürfen prüfen firmeninterne Tester den neuen Tee auf seinen Geschmack. Außerdem beurteilen sie Geruch und Aussehen. Selbst die Infusionen, also die aufgebrühten Teeblätter, müssen noch gut duften. Von den zehn Neukreationen wählen die Tester meist ein bis zwei neue Tees aus, die einem größeren Kreis von Testern präsentiert werden sollen. Dafür wird ein 20 Kilogramm schwerer Sack der neuen Kreation gemischt und in zahlreiche Portionen geteilt. Jeder der weltweit verteilten Teetester und Mitarbeiter bekommt eine Probe des neuen Tees. Erst wenn das Feedback überwiegend positiv ist, kommt der Tee ins Sortiment.

Im Lager des Teehauses J.T.Ronnefeldt lagern rund 320 fertige Mischungen in 20-Kilogramm-Säcken. Es gibt kaum eine Teesorte, die hier nicht als Basis für eine Neuerfindung diente: Schwarzer, Grüner, Oolong, Chai- oder Weißer Tee. Auch Bio-, Kräuter- oder Früchtetees lagern hier. Für jede neue Teekreation erfindet ein Experte extra passende Namen: Sunshine Lady, Essential Energy, Honeybush Bunte Wiese, Sun of Africa oder Eisrausch.

Geschmack im Wandel der Zeit

Die Konsumgewohnheiten ändern sich mit der Jahreszeit und folgen wie Kleidung Geschmacksmoden. So war eine Zeitlang "Cranberry" angesagt, was heute kaum noch nachgefragt wird. In Deutschland kommen außerdem völlig exotische Mischungen nicht so gut an wie bekannte Tee-Sorten plus einer "besonderen" Geschmackskomponente.

Aber auch weltweit ändern sich Vorlieben und Geschmäcker ständig. Im Moment steigt die Nachfrage nach Kräutertees vor allem in asiatischen Ländern stark an, während sie in Europa eher rückläufig ist.

Es scheint also so, als ob den Erfindern neuer Teegeschmacksrichtungen die Arbeit nie aus gehen wird…

Autor: Ingo Herbst (NDR)

Stand: 13.11.2015 13:35 Uhr

Sendetermin

So., 27.11.11 | 17:03 Uhr
Das Erste