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Mit Römermethoden über die Alpen

Archäologie-Studenten in den Alpen
Die Studenten sind wie die alten Römer gekleidet | Bild: BR

Im 21. Jahrhundert überquert man die Alpen mühelos. Vor 2.000 Jahren war das noch anders. Der Alpentransit war hart, sogar lebensgefährlich. Eine Handvoll Historiker von der Uni Augsburg haben eine Ahnung davon, wie es damals war. Sie erklimmen bei Eiseskälte den etwa 2.500 Meter hohen Mallnitzier Tauern, bekleidet mit nichts als römischen Tuniken. Noch härter wird es aber in den folgenden fünf Tagen, die sie auf der Passhöhe verbringen.

Handwerker und Legionär in Personalunion

Zwei Neurömer gehen im Morgenebel mit Schaufeln zur Baustelle
Das Ziel der Neurömer: eine Straße bauen | Bild: BR

Die Historiker der Uni Augsburg wollen dort oben in den Alpen einer Revolution nachspüren, die allerdings schon 2.000 Jahre her ist. Römischer Unternehmergeist hatte damals den Alpentransit radikal verändert: Zu Zeiten von Kaiser Claudius wurde die erste, mit Wagen befahrbare Straße über die Alpen gebaut.

Jeder Legionär der Römischen Armee war zu dieser Zeit auch Handwerker und wurde im Straßenbau eingesetzt. Die modernen Römer von der Uni Augsburg testen nun im Selbstversuch die alten Handwerkstechniken, Bauweisen und Arbeitskleidung. Wie ihre Vorfahren vor 2.000 Jahren wollen sie auf antike Art ein römisches Straßenstück rekonstruieren. Man nennt das "Experimentelle Archäologie". In diesem Fall bedeutet das, herauszufinden, was es hieß, in der Antike eine Straße im Hochgebirge zu bauen.

Richtig viel Schotter...

Zwei Neurömer positionieren einen großen Stein
Straßenbau war im alten Rom harte körperliche Arbeit | Bild: BR

Dort, wo die Wissenschaftler ihr Experiment durchführen, gab es im Jahr 212 schon einmal eine Straße. Innerhalb eines Sommers haben die römischen Soldaten damals fast 100 Kilometer Straße errichtet, um im Jahr darauf darüber zu marschieren - in den Kampf gegen die Germanen.

Die modernen Römer müssen - genau wie die antiken Römer auch - für jeden Meter Straße, Unterbau, Plattenbelag und Schotterung mehrere Tonnen Steine bewegen. Da ist Arbeitsteilung angesagt: Während die einen die Steine verlegen, gehen die anderen auf die Suche und schleppen neue heran. Dabei ist es trotz Gebirge und Fels oft gar nicht so einfach, die richtigen Steine für den Straßenbau zu finden. Ein mühsames Geschäft.

Römisch leben - kein Zuckerschlecken!

Ein römischer EIntopf mit Wursteinlage
Ein typischer römischer Eintopf mit etwas Wursteinlage | Bild: BR

Während des Experiments kochen die Wissenschaftler natürlich auch typisch römisch: Eintopf mit ein wenig Fleisch, die Standarddiät der Legionäre. Die Hauptbestandteile sind weichgekochte Hülsenfrüchte und Weizengries, kaum Salz und ein paar Gewürze. Nahrhaft, aber trotz einer Sonderration Wurst nicht jedermanns Sache. "Farblich könnte es etwas besser sein", kommentiert einer der modernen Römer die Speise. Aber der Hunger nach einem Tag harter Arbeit treibt es rein.

Auch die Unterkunft ist für die Zeit des Experiments wahrlich kein Wellnesshotel: Die Strohunterlage und die römischen Wolldecken garantieren keinen guten Schlaf - im Juli auf 2.500 Meter, bei Temperaturen knapp über null Grad Celsius.

Hart erarbeitete 20 Meter...

Das fertig gestellte Stück Straße
Eine Wocher Arbeit von fünf Menschen ergibt 20 Meter Straße | Bild: BR

Knapp eine Woche Bauzeit - dabei kommen 20 Meter Straße raus. Viel länger dermaßen hart zu arbeiten, können sich die Neurömer nur schwer vorstellen. "Harte Burschen waren das, mit Lederhänden und einem Durchhaltevermögen bis zum geht nicht mehr", bewundert einer der Augsburger die alten Römer. Aber auch die Neurömer können stolz sein: Sie waren die ersten Wissenschaftler, die seit Ende des römischen Reiches eine antike Straßenbaustelle betrieben haben.

Autor: Arno Trümper (BR)

Stand: 06.11.2015 14:30 Uhr

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