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Saubere Brummis – Dank Wasserstoff?

Weißer LKW mit Brennstoffzellen-Antrieb fährt an Wasserstoff-Tankstelle
H2-Truck - Brummi ohne Abgase. | Bild: BR


Brennstoffzellen in Autos haben sich bis heute nicht durchgesetzt. Doch eine Nummer größer soll es nun klappen: bei Nutzfahrzeugen wie Lkw & Co. Aber wie?

Brennstoffzelle statt Diesel

In der Schweiz fährt bereits der erste mit Wasserstoff betriebene Serien-Lkw des Landes im Testbetrieb. 34 Tonnen schwer – aber komplett ohne Abgase. Der Truck wurde von Hyundai entwickelt. Die Infrastruktur von der Firma H2 Energy, gemeinsam mit Tankstellen-Betreibern und Schweizer Energie-Produzenten. Das Ziel: Waren in Zukunft komplett CO2-frei zum Supermarkt zu transportieren. Statt von einem Verbrenner, wird der Lastwagen von einem Elektromotor angetrieben. Doch das Fahrzeug muss dafür nicht stundenlang Akkus aufladen, sondern wird während der Fahrt von einem Aggregat aus Brennstoffzellen gespeist. Dort wird die chemische Energie aus den Wasserstoff-Tanks in elektrische Energie umgewandelt und zum Motor geleitet.

Grüner Wasserstoff im Tank

Grafik: Wasserstoff-Lkw mit Antriebstechnik
Truck mit Brennstoffzelle: Chemische Energie wird in elektrische Energie umgewandelt. | Bild: BR

Anders als beim Pkw bietet der Brennstoffzellen-Antrieb bei Nutzfahrzeugen tatsächlich große Chancen. Beim Schwerlastverkehr lässt sich nicht nur viel CO2 einsparen. Die Trucks haben auch genügend Platz, um die großen Wasserstoff-Tanks aufzunehmen. Um die Lkw nur mit Batterien anzutreiben, müssten diese sehr groß und schwer sein. Da ist Wasserstoff sinnvoller, auch was die Betankungszeit angeht. Das Tanken dauert weniger als zehn Minuten. Eine Füllung reicht für rund 400 Kilometer.

Doch wie wird der Wasserstoff produziert? Die Schweizer setzen auf regenerativen Strom aus Wasserkraft. Im Flusskraftwerk Gösgen an der Aare steht eine der neuesten Elektrolyse-Anlagen für den Treibstoff der Zukunft. Die Zwei-Megawatt-Anlage kann unter Voll-Last jährlich gut 300 Tonnen "grünen" Wasserstoff liefern. Das reicht für etwa 40 bis 50 Lkw oder 1.700 Pkw. Per Elektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt, die elektrische in chemische Energie umgewandelt und im Wasserstoff gespeichert. Der große Vorteil: Der Wasserstoff lässt sich komprimiert lagern – in speziellen Containern, mit denen dann die Tankstellen landesweit beliefert werden.

Sauberer Müllwagen

Während der emissionsfreie Antrieb im Nachbarland vor dem Durchbruch steht, haben die großen Brummi-Bauer in Deutschland außer zukunftsweisenden Plänen bislang kaum etwas vorzuweisen. Mit wenigen Ausnahmen: In Bremen fährt seit kurzem ein Brennstoffzellen-Auto bei der Müllabfuhr. Produziert wird der Wasserstoff-Müllwagen von der Firma FAUN Umwelttechnik ein paar Kilometer nördlich der Hansestadt. Bei Fahrten morgens durchs Wohngebiet ist der H2-Müllwagen nicht nur leiser, er pustet auch keine giftigen Diesel-Abgase mehr in die Vorgärten. Das freut nicht nur die Anwohner, sondern auch die Müllwerker der Bremer Stadtreinigung, denn das Fahrzeug macht das Arbeiten deutlich angenehmer.

Abgesehen von der geringeren Lärmbelastung, wird das Wasserstoff-Müllfahrzeug auch nicht so schnell heiß wie ein Diesel. Nachteil: die hohen Anschaffungskosten. Das Müllauto kostet mit Brennstoffzellenantrieb rund dreimal so viel wie ein konventioneller Diesel, es gibt jedoch staatliche Förderung.

Umrüsten statt Ausmustern

Andere Brummi-Bauer wie der Lkw-Umrüster Quantron aus Gersthofen bei Augsburg wollen Brennstoffzellen in E-Trucks und E-Busse einsetzen. Die Nutzfahrzeuge fahren derzeit noch mit Batterie, können aber auf Wasserstoffantrieb umgebaut werden. Firmengründer Andreas Haller möchte damit vor allem junge Gebraucht-Lkw umrüsten. Den umweltschädlichen Dieselmotor raus, Elektromotor und Wasserstofftanks rein, der Rest wird weiterverkauft. Das Modell ist vor allem für Logistikfirmen interessant, die ihren Leasing-Rückläufern ein zweites Leben einhauchen und ihre Lkw-Flotte auf CO2-freien Transport umstellen wollen.

Ziel: CO2-freier Warentransport

Müllwerker auf einem Müllauto
H2 im Tank: Müllauto der Zukunft? | Bild: BR

Und wie sieht die Zukunft aus? Der bayerische Nutzfahrzeug-Spezialist Quantron plant einen Serien-Lkw mit Wasserstoff. In den USA haben Kenworth und Toyota gemeinsam große Zugmaschinen mit Brennstoffzelle entwickelt. Futuristisch, aber noch in der Planungsphase: der H2-Truck der US-Firma Nikola, die ähnlich wie Tesla ein neues Werk in Deutschland bauen möchte.

In der Schweiz geht es nun darum, das Tankstellennetz auszubauen. Das Land will in drei Jahren 1.000 Lkw mit Brennstoffzelle auf der Straße haben – dafür reicht die Zahl der Wasserstoff-Zapfsäulen momentan noch nicht aus. Doch immerhin, ein Anfang ist gemacht.

In Deutschland dagegen bleibt es bislang bei Visionen. Damit Wasserstoff-Brummis auch hierzulande die Klimabilanz im Straßenverkehr verbessern können, müssen die Lkw-Hersteller noch einiges tun.

Autor: Boris Geiger (BR)

Stand: 24.10.2020 15:19 Uhr

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