SENDETERMIN Sa., 05.11.22 | 23:35 Uhr | Das Erste

spricht Pastorin Annette Behnken, Loccum

PlayPastorin Annette Behnken
Annette Behnken: Was hilft gegen Hoffnungslosigkeit? | Video verfügbar bis 05.11.2027 | Bild: Patrice Kunte

Ich halt‘s nicht mehr aus!?

Wenn alles zu viel wird und die Probleme übergroß erscheinen, was dann?

Es ist alles nicht mehr auszuhalten. Das höre ich oft zur Zeit. Das denke ich oft zur Zeit. Und frage mich: Was jetzt? Noch mehr Stoßgebete in den Himmel schmeißen? Ist der nicht langsam voll? In den Wald gehen und schreien? Ins Netz gehen, die Verzweiflung in die Tasten hauen? „Ich halt‘s nicht mehr aus“? - und die Suchmaschine spuckt aus „Seelen-Update, Depression, Telefonseelsorge, Verzweiflung.“ Aber nicht das, was ich suche: Hoffnung.

Hoffnung ist harte Arbeit – geworden, harte Arbeit. Das sagen sogar Hoffnungsträger, Aktivistinnen, Ehrenamtliche, die sich einsetzen, um die Welt gesünder, freier, liebevoller zu machen. Die mich und andere mitziehen. Aber selbst die sagen: „Manchmal halt ich‘s nicht mehr aus.“ Und geben auf. Oder werden verzweifelter in der Wahl ihrer Mittel.

Hoffnungslosigkeit ist abgründig. Macht aggressiv oder depressiv, dass einem alles egal ist, nichts mehr interessiert. Nach mir die Sintflut. Wie überlebenswichtig Hoffnung ist, wussten die Leute schon zu biblischen Zeiten: „Und lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken“, hat einer in der Bibel aufgeschrieben.

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer erzählt in einem Interview, dass sie, wenn sie von schlechten Nachrichten überwältigt ist, an ihre Freundin Hilda in Uganda denkt. Auch sie ist Klimaaktivistin, aber ihr Protest bedeutet Lebensgefahr. Und Neubauer sagt, ich weiß, dass Hilda sich darauf verlässt, dass ich hier in Deutschland mit all meinen Privilegien und Möglichkeiten weitermache. Wie könnte ich sie im Stich lassen? Das ist der Moment, wo es um das Weltgewissen geht.

Verbundenheit und Liebe. Mit Menschen, mit Hilda. Mit etwas, das größer ist, als wir: mit dem Weltgewissen.

Wenn ich an die denke, die sich ehrenamtlich einsetzen, in Rettungsdiensten, in der Nachbarschaftshilfe, der Hospizbewegung, im Klimaschutz, für Menschenrechte, für Artenschutz, für Gemeinsinn, in privater Initiative, tausendfach. Ehrenamtlich, weil ihnen etwas am Herzen liegt. Dann sehe ich manchmal die Verzweiflung und die Wut. Vor allem aber sehe ich: Verbundenheit und Liebe. Verbundenheit mit denen, für die sie sich einsetzen. Und mit denen, die mit ihnen unterwegs sind. Und Liebe. Für Menschen. Leben. Freiheit.

Diese Menschen sind der Kitt, der das Leben zusammenhält, wenn die Welt auseinanderfällt. Je mehr das Äußere erodiert, desto mehr brauchen wir Unterwegs-Gemeinschaften. Kleine und große. Leise und laute. Beständige und solche für die kurze Strecke. Die verbindlich und treu gemeinsam aushalten, was die oder der Einzelne allein nicht mehr aushalten kann.

Wir brauchen das Wir. Während der ARD-Themenwoche „Wir gesucht – was hält uns zusammen?“, können Sie erzählen von Ihren Erfahrungen: Wo funktioniert es nicht, das Wir, wo erleben Sie Konflikte und Schwierigkeiten. Und Sie können erzählen, wo es gelingt und wie. Denn diese Zeit und das was kommt, halten wir nur aus, wenn wir aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken.

Sendetermin

Sa., 05.11.22 | 23:35 Uhr
Das Erste

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Norddeutscher Rundfunk
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