Fragen an Bettina Mittendorfer

Roswitha Hertel (Bettina Mittendorfer, links) macht Inventur. Mia (Nadja Sabersky) ist unaufmerksam
Roswitha Hertel macht Inventur. Mia ist unaufmerksam. | Bild: BR/ARD Degeto/Hager Moss Film GmbH / Hendrik Heiden

(Rolle: Roswitha Hertel)

Sie sind Teil des Ensembles der „Krimis aus Passau“. Was ist das Besondere an diesem neuen Format?

Vielleicht macht das den Krimi aus Passau besonders: Die beiden Hauptpersonen sind Opfer und Täter zugleich. Und das „Duo“ hat mit Passau so viel zu tun, wie ich mit Berlin oder Wien. Zwei Fremde in Passau.

Welche Rolle spielen Sie in den Krimis und was mögen Sie an Ihrer Figur besonders?

Ich spiele die Inhaberin einer Bäckerei, Frau Hertel. Frau Hertel ist eine zutiefst religiöse und fleißige Frau, sie hat am Tag der Geburt ihres Sohnes, Franz, einen Schicksalsschlag erlitten, ihr Mann ist verunglückt. Daraus hat sie ihren unerschütterlichen Optimismus entwickelt und eine sehr enge, fast zu enge, Bindung zu ihrem Sohn. Sie ist die bayerische Bezugsperson für Mia. Ich mag an Frau Hertel, dass sie eine liebevolle, fast gluckenhafte Mutter ihres erwachsenen Sohnes ist. Ich habe selber zwei erwachsene Söhne, und hier kann ich genau das spielen, was ich mir im wahren Leben verkneifen muss. ;-)

Nach dem Studium an der Otto-Falckenberg-Schule in München sind Sie wieder nach Passau zurückgekehrt und leben seitdem dort. Was hatten Sie an Ihrer Heimat vermisst? Was lieben Sie besonders? Wie ist der typische Passauer, oder gibt es diesen überhaupt?

Ich war viele Jahre im oberbayerischen Chiemgau. Ich habe all die Jahre vermisst, von meinem sozialen Umfeld wirklich angenommen zu sein. Dazuzugehören. Ich hatte immer das Gefühl, dort nicht hinzugehören. Das haben mir die Menschen auch immer gesagt: „Du bist ja eine Niederbayerin, gell, man hört’s an der Aussprache.“ Ich mag es sehr, wenn zwischen den Menschen Solidarität entsteht. Nicht nur in Notsituationen, auch in guten Zeiten, beim Einkaufen, auf einem Konzert, bei einer Ausstellung. Zu spüren, wir sind alle gleich. Das erlebe ich in Passau. Hier gehen die Menschen freundlich miteinander um, es ist ein großes Miteinander. Ich frage mich oft, woran dies liegen könnte: vielleicht an den Studenten, die das Stadtbild Passaus prägen, an der niederbayerischen Mentalität, die eher bescheiden und demütig ist, als aufschneiderisch und selbstherrlich, oder an mir selbst, dass ich das zurückbekomme, was ich ausstrahle. Frau Hertel ist also eine typische Passauerin: altmodisch, konservativ und zugleich offen und voller Sympathie für die Jungen.

Sie sind in Passau geboren, haben den Kulturpreis des Landkreises Passau erhalten und wurden zur „Heimatbotschafterin“ ernannt. Was macht für Sie das besondere Flair Ihrer Stadt aus?

Ich bin im Landkreis Passau, in Bad Griesbach geboren, bin aber hier in Passau auf die FOS gegangen und habe hier meine Jugend verbracht, Freundschaften geknüpft, vieles Schöne erlebt. Meine Lieblingsschriftstellerin, Milena Jesenská, schreibt sinngemäß „das Gefühl absoluter, reiner, breiter Zuneigung hat er (ein Mensch) nur zu allem, was der Jungend gehört, gleichgültig, ob es schön oder hässlich ist.“ („Jugend“ – aus dem Buch „Alles ist Leben“) Passau hat eine wunderschöne, historische Altstadt mit vielen Gässchen und schönen Plätzen, tollen Cafés, vielen Galerien. Hier gibt es das ganze Jahr über viele Ausstellungen und Konzerte. Passau hat ein fantastisches Kulturund Freizeitangebot im Sommer, sei es Klassik, Jazz oder auch Kabarett und Unterhaltung. Die Stadt hat ihren „eigenen Charme“ – vielleicht Spuren der Römer oder Bajuwaren? – wunderschön und trotz oder vielleicht gerade wegen des Hochwassers, sind die uralten Gemäuer sehr gut erhalten. Wir haben viele Kirchen, die ich bisher nur von außen kenne – außer dem Stephansdom, mit der größten Kirchenorgel der Welt. Und würde man nicht an jeder Ecke ein bayerisches Wirtshaus sehen, mit bayerischem Bier und günstigem Schweinebraten, könnte man meinen, man ist irgendwo in einer Kleinstadt im Norden von Italien unterwegs.

Warum hat die Stadt einen eigenen Krimi verdient? Wie war es, in der Heimat zu drehen?

Passau „braucht“ ja gar keinen Krimi, wir sind sowieso ein Geheimtipp! Aber die Fernsehlandschaft braucht wahrscheinlich eine Abwechslung von Gebirgspanorama, Lüftlmalerei und Kuhwiesen. Zuhause zu drehen macht natürlich Spaß. Ich schlafe zuhause besser als im Hotel.

Sie kennen die Drei-Flüsse-Stadt sicherlich wie Ihre Westentasche. Was ist Ihr Lieblingsort?

In Passau wird immer nach dem Lieblingsfluss gefragt. In meiner Jugend mochte ich den Inn immer lieber als die Donau, denn der Inn ist auf der sonnigen Seite von Passau. Mittlerweile liebe ich die Ilz.