"Man kann noch so viele Porsche fahren, irgendwann bekommt man zu spüren, was falsch gelaufen ist."

Gespräch mit Uwe Bohm

Bodo Schüler (Uwe Bohm, li.) verlangt von Pastor Book (Jan Fedder, re.), die Hochzeit seines Sohnes zu verhindern.
Bodo Schüler verlangt von Pastor Book, die Hochzeit seines Sohnes zu verhindern. | Bild: NDR / Sandra Hoever

Sie spielen die Kiezgröße Bodo Schüler. Was zeichnet Männer wie ihn aus?

Ich habe in meinem Leben schon einige Milieugrößenkennengelernt. Sie besaßen immer einen großen Charme und eine harte Lebensgeschichte. Klar, sie zollten vor allem sich selber gegenüber Respekt, aber sie konnten auch ganz gut Komplimente verteilen. Ein solches Leben im Milieu kann man nicht nur mal eben so führen. Man braucht eine klare Haltung dazu, um es voll durchziehen zu können.

Ist Bodo ein unberechenbarer, gefährlicher Kerl?

Er ist wie ein Boxer, der urplötzlich aus der Deckung kommt. Das ist der doppelte Boden dieser Figur, sein sprunghafter Charakter. Ich habe kürzlich noch einmal "Berlin Alexanderplatz" von Piel Jutzi mit Heinrich George angesehen. Alle Verbrecher und Gauner in diesem Film sind mit echten Typen besetzt. Die Akteure spielten abends auf der Theaterbühne die Klassiker und brachten am nächsten Tag vor der Kamera glaubhaft die Halbwelt rüber. Das ist phänomenal und nicht jedermanns Sache.

Ist er nicht auch eine traurige Figur?

Sobald man auf der Bühne steht, ist man wohl auch eine traurige Figur. Im Leben denkt irgendwann jeder einmal darüber nach, was er eigentlich erreicht hat. Und dann stellt er vielleicht fest, sich nicht genug um seine Familie gekümmert zu haben. So wie Bodo. Man kann noch so viele Porsche fahren, irgendwann bekommt man zu spüren, was falsch gelaufen ist. Dann kriegst du es ab, so oder so.

Bodo prügelt sich mit seinem Sohn und verschweigt seiner Tochter, ihr Vater zu sein. Macht es Spaß, einen so gemeinen Typen zu spielen?

Ich liebe das Wort Charakterschauspieler und bin dankbar für das große Vertrauen, das man in mich setzt, für viele verschiedene Rollen einsetzbar zu sein. Im Fernsehen vertrete ich immer wieder gern das Gut-und-Böse- Fach, doch im Theater spiele ich oft komödiantische Rollen. Mal drängt das eine Fach nach oben, mal das andere. Wichtig ist, dass man sich entwickeln kann und zugleich bei sich sein darf. Ich liebe diesen Beruf, seit ich elf Jahre alt bin. 1973 habe ich in dem Film "Ich kann auch ’ne Arche bauen" zum ersten Mal vor der Kamera gestanden. Es war ein langer und vieldimensionaler Weg bis hierher.

Und einmal im Jahr holen Sie den Bodo hervor.

Die Figur ist immer ein Jahr weg, und es ist ganz schön viel Arbeit, sie wiederzuerwecken und neu anzugehen. Ich brauche ein paar Tage, bis ich in der Rolle voll drin bin. Da wir jetzt schon drei Teile "Hafenpastor" gedreht haben, scheint es mir recht gut gelungen zu sein.

Hamburg ist Ihre Heimatstadt. Kennen Sie Jan Fedder schon lange?

Wir sind uns zum ersten Mal 1983 im Kleckstheater begegnet, wo wir beide angefangen haben. Er spielte in einem Stück einen Orgasmus, angeblich sehr gut. Ich trat in einem etwas intellektuelleren Drama auf, es hieß "Strafmündig". Heute steht Jan als Schauspieler für die Stadt Hamburg und er vertritt St. Pauli wie kein anderer Künstler. Vielleicht war es uns eine Zeitlang auch gelungen, mit Filmen wie "Nordsee ist Mordsee" oder mit Theaterstücken am Schauspielhaus wie "Andi" Hamburg darzustellen. Aber das war eine andere Tasse Tee. Ich bin dann Peter Zadek ans Wiener Burgtheater gefolgt. Jan war es zuwider, dass ich plötzlich mit Hochdeutsch daherkomme, wo ich doch eigentlich Hamburgisch rede. Daran erinnere ich mich noch genau.

Würden Sie ihn als Volksschauspieler bezeichnen?

Ich finde es großartig, dass Jan solche schrägen Figuren wie den Polizisten und den Pastor hochgezogen hat, die er mit seinem Charme meisterhaft rüberbringt. Er hat dieser Stadt viel gegeben, insofern trifft Volksschauspieler sicherlich zu. Aber ich habe ihn in vielen Rollen auch anders gesehen, als einen großen Schauspieler vor dem Herrn. Jan klemmt sich wahnsinnig dahinter, weil er etwas erreichen möchte.

Ihr Regisseur Jan Hinrik Drevs lobt, Sie würden im "Hafenpastor" dem Affen mächtig Zucker geben. Was könnte er damit meinen?

Vermutlich spielt er auf meine Lebenserfahrung an, die in mir steckt und die ich am Set in bestimmten Momenten zum Vorschein bringen kann. Über diese Gabe bin ich sehr dankbar, weil ich so das Erlebte beim Drehen verarbeiten kann. Aber vielleicht brauche ich trotzdem einmal einen Psychologen.

Stellt sich nach über 40 Jahren im Geschäft nicht irgendwann große Routine ein?

Dieses Problem habe ich nicht.

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