Die Päpstin – Legende und Wirklichkeit

Johanna als junges Mädchen
Johanna als junges Mädchen | Bild: NDR / Mathias Bothor

Ähnlich wie die Geschichte von König Arthur ist die der Päpstin Johanna ein faszinierendes "Rätsel der Geschichte”, das über die Jahre zur Legende wurde. Saß im neunten Jahrhundert tatsächlich eine Frau auf dem Petersstuhl?

Mehr als ein Jahrtausend später ist es unmöglich, ihre Existenz zu beweisen oder zu widerlegen. Aber man kann einige Argumente für und wider ihre Existenz untersuchen. Die meisten Menschen haben noch nie von der Päpstin Johanna gehört – und alle die, die ihre Geschichte kennen, halten ihre Existenz für eine Legende. Ihr Amt als Päpstin ist jedoch bis heute in über 500 historischen Chroniken erwähnt, darunter auch die von bekannten Autoren wie Petrarca, Boccaccio und Platin, dem berühmten Papstchronisten.

Johannas Geschichte findet sich im offiziellen Kirchenreiseführer "Mirabilia Urbis" wieder, der über Jahrhunderte hinweg von jedem Rom-Pilger gelesen wurde. Von vielen Rombesuchern wird ihre Statue erwähnt, die neben den Abbildern der anderen Päpste in der Kathedrale von Siena gestanden haben soll. Im Jahr 1601 verschwand diese dann – sie soll auf Anweisung von Papst Clemens VIII. entfernt worden sein. Nach einer sorgfältigen Recherche in den päpstlichen Archiven im Jahr 1276 (in Aufzeichnungen, von denen es heute heißt, sie seien "der Zeit zum Opfer gefallen"), änderte Papst Johannes XX. seinen Titel in Johannes XXI. und erkannte damit offiziell das Pontifikat Johannas als Johannes Anglicus VIII. an. Warum also diese Debatte?

Johanna als Benediktinermönch Johannes
Johanna als Benediktinermönch Johannes | Bild: NDR / Mathias Bothor

Hier sind einige Argumente, die für und gegen die Existenz der Johanna sprechen. Das erste Argument, das gegen die Existenz der Päpstin spricht, dreht sich um die Frage, wann sie überhaupt regiert haben soll. Donna Woolfolk Cross legt ihre Amtszeit, entsprechend der am weitesten verbreiteten Vermutung, in die Zeit zwischen die Päpste Sergius II., Leo IV. (im Film wurden die beiden historischen Personen zur Figur Sergius zusammengelegt) und Benedikt III.

Leo IV. starb im Juli 855; sein Nachfolger Benedikt wurde am 29. September desselben Jahres geweiht. Statt der zweieinhalb Jahre, die Johanna regiert haben soll, liegt also nur ein Zeitraum von zweieinhalb Monaten zwischen demTod des alten und der Wahl des neuen Papstes. An den Daten ist kaum zu rütteln: Das Datum von Benedikts Amtseinführung ist durch eine Urkunde belegt, in der er mit Datum vom 7. Oktober einem Kloster dessen Privilegien bestätigt. Am Tag der Amtseinführung starb Kaiser Lothar. Doch bis die Kunde davon, Wochen später, endlich auch nach Rom drang, waren bereits Münzen geprägt worden, die sowohl Benedikt als auch Lothar nennen.

Es ist allgemein bekannt, dass das Liber Pontificalis ("Das Buch der Päpste"), meist sehr ungenau hinsichtlich der Papstnachfolgen und der Todesdaten des Mittelalters ist und dass viele der zitierten Daten gänzlich erfunden sind. Das Todesdatum von Papst Leo IV. ist mit dem 17. Juli beziffert, doch die ältesten Aufzeichnungen erwähnen kein Jahr. In einer Zeit, bevor Bücher gedruckt werden konnten und Schriftstücke aus Pergament abgekratzt und überschrieben wurden,wäre es sehr einfach gewesen, das Todesjahr von Leo von 853 auf 855 zu ändern – Johanna soll von 853 bis 855 regiert haben – um es aussehen zu lassen, als wäre Papst Leo IV. unmittelbarer Nachfolger von Papst Benedict III. gewesen. Dies ist die Zeitspanne, die Donna Woolfolk Cross in ihrem Roman verwendet. Darin stimmt sie mit der Arbeit von Gelehrten überein, die die Original-Manuskripte des Liber Pontificalis untersucht haben.

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