Klaus Manchen im Interview

Veit Bukow (Klaus Manchen) besucht Sohn Sascha.
Veit Bukow besucht Sohn Sascha. Er bereitet seinen letzten Deal vor, um dem Sohn ein Erbe zu hinterlassen ... | Bild: NDR / Christine Schroeder

Veit Bukow wird gespielt von Klaus Manchen

Veit Bukow weiß, dass seine Zeit zu Ende geht. Der Boss der organisierten Kriminalität in Rostock ist er schon lange nicht mehr. Das war auch schwierig geworden, als sein Sohn die Polizeilaufbahn eingeschlagen hatte und schließlich sogar Kommissar in Rostock geworden war. Heute reißen Saschas Kollegen Witze, wenn Veit Bukow seinem Sohn Essen aufs Revier bringt. Dass die gegenseitige Liebe all die Jahre auf verschiedenen Seiten des Gesetzes gehalten hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Die gemeinsame Liebe zum Boxen hat da sicher geholfen. Was dem alten Mann vor allem Sorge bereitet, sind die Veränderungen in Rostock. Unter ihm hätte es den Handel mit synthetischen Drogen so nicht gegeben. Da gab es noch so etwas wie Ehre. Gewisse rote Linien wurden nicht überschritten. Auf einmal taucht mit Tito ein ehemaliger Schützling auf, gibt sich freundlich und respektvoll, aber Veit Bukow merkt, dass hier ein neuer Stil Einzug hält. Tito versucht, ihn für einen Job zu gewinnen. Einfache Übergabe, fürstliche Entlohnung. Veit Bukow muss nicht lange an dem Köder schnuppern, um zu erkennen, dass das Angebot stinkt.

Klaus Manchen im Interview

»Charakter interessiert mich beim Spielen eigentlich nie.«

Sie sind im Rostocker "Polizeiruf 110" seit zehn Jahren in der Rolle des Vaters von Sascha Bukow zu sehen. Veit Bukow ist eine hintergründige Figur. Wie sehen Sie ihn?

Charakter interessiert mich beim Spielen eigentlich nie. Ich lasse die Figur ihrem jeweiligen Erkenntnisstand entsprechend in einer jeden Situation, die ihr geboten wird, reagieren. Die Figur ergibt sich im Kopf des Zuschauers aus dem, wie sie sich verhält. Menschen sind widersprüchlich. Nicht immer oder vielmehr sehr selten hat das Wort, das aus dem Mund kommt, auch etwas mit dem Hintergedanken zu tun. Die Haltung zu einem Menschen, zu einer Situation ergibt ja bei Brecht den sogenannten Gestus, also die Art und Weise des Sagens. Ich beobachte Menschen. Mein Archiv sind meine bislang erworbene Menschenkenntnis und das Beobachten der Leute, fremder wie vertrauter.

Welches Verhältnis hat Veit Bukow zu seinem Sohn?

Er liebt seinen Sohn wie jeder Vater und will für ihn nur das Beste. Er liebt seinen Sohn und seine Enkelkinder und macht alles für die Familie. Und er nutzt dazu alle Vorteile, die er dank seiner Intelligenz und seiner Möglichkeiten hat.

Sascha Bukow ist Polizist, Veit Bukow pflegt gute Kontakte zum Rostocker Kriminellenmilieu. Das klingt eher nach einer spannungsvollen Beziehung.

Das ist ja der Reiz an der Sache und das Interessante an der Rolle, dass der Kerl ein Ganove ist. Er ist aber nicht einfach ein Ganove, sondern das Wichtige ist, dass er clever ist. Zu clever, um sich schnappen zu lassen. Mir ist wichtig, diese Figur nicht schiefzahnig zu spielen. Ich lasse den freundlich sein, ich verteidige die Figur. Veit Bukow ist ein Ganove, aber ich habe nie den Ganoven gespielt. Wenn alle Ganoven so aussähen, wie sie in den meisten Filmen aussehen, dann würden alle Bösewichte in Politik und Gesellschaft sofort erkennbar sein. Veit Bukow ist schlau, er hat Humor und er gibt sich jovial. Der ist sich schon bewusst, dass das nichts Edles ist, mit Drogenhandel Geld zu verdienen, aber bestimmte Verhältnisse geben ihm Gelegenheit, seine Cleverness einzusetzen und am Gesetz vorbei zu handeln, und das tut er dann auch skrupellos. In DDR-Zeiten hat er Menschenschmuggel betrieben, indem er die Boote besorgt hat, mit denen Leute über die Ostsee geflohen sind, wie man in der "Polizeiruf 110"-Folge "Fischerkrieg" erfahren hat. Und er hat immer mit Drogen gehandelt, aber er ist kein Mörder. Er tut alles, was er tut, für sich gesehen aus rechten Gründen.

Und wie findet er es denn, dass sein Sohn sich auf die Seite des Gesetzes gestellt hat?

Er findet es gut, weil der Sohn seinen Weg macht. Warum soll er das schlecht finden? Veit Bukow ist ja kein Großkrimineller. Er hat so sein Bild von engstirnigen, selbstgerechten Bullen, die er blöd findet und immer bekämpft hat, auch mit einem gewissen sportlichen Ehrgeiz. Das kann er natürlich nicht leiden, wenn der Sascha so ist, das wirft er ihm ja hier am Anfang des Films in der Szene im Boxclub auch vor. Aber ansonsten ist er zufrieden mit seinem Sohn, der eine gute Arbeit und sein Auskommen hat.

Veit Bukow besucht den Sohn im Präsidium, um ihm noch ein paar Dinge mit auf den Weg zu geben. Er scheint zu ahnen, dass er nicht mehr lange zu leben haben wird.

Sein Krebs ist offenbar zurückgekommen, aber jetzt weigert er sich, sich noch mal behandeln zu lassen. Er ist sich darüber im Klaren, dass er bald sterben wird, aber er hat ein ganz rationales Verhältnis zu seinem bevorstehenden Ende. Und er hat vorgebaut, er hat vorgesorgt für seinen Sohn. Den Job, der sich da anbahnt im Film, nimmt er an, um seinem Sohn noch ein bisschen mehr hinterlassen zu können. Veit Bukow sorgt für seine Familie bis zum Gehtnichtmehr. Das Schöne ist, dass er kein Ganove ist, wie er im Buche steht, sondern ein Mensch mit Herz und Seele.

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