Gespräch mit Anneke Kim Sarnau

(spielt Katrin König)

Anneke Kim Sarnau (Katrin König)
Anneke Kim Sarnau  | Bild: NDR / Christine Schroeder

Katrin König

Der Abschied von Bukow nimmt Katrin König mehr mit, als sie es sich eingestehen mag. Doch als eine alleinerziehende Mutter und ihr schwerbehinderter Sohn tot aufgefunden werden, macht sie sich wieder an die Arbeit. Der Tatort ist ein Bild des Grauens. Auch die Befragung des Ex-Manns der Toten, der sich aus der Verantwortung für den kranken Sohn gestohlen hat, bietet der Profilerin wenig Anlass, sich wieder mit der Welt zu versöhnen. Als ihr bei Recherchen im Umfeld der Familie dann auch noch Melly Böwe in die Quere kommt, ist das Maß für Katrin König voll. Ausgerechnet Bukows Schwester schaltet sich als Externe in den Fall ein? Kann ja wohl nur ein schlechter Scherz sein. Ihr Arbeitsethos verbietet es Katrin König jedoch, sich durch solche Irritationen von der Suche nach der Wahrheit abbringen zu lassen. Und schon bald stellt sie verblüfft fest, dass Melly Böwe, die so ganz anders tickt als sie, auf ihre eigentümliche Art hervorragende Arbeit leistet.

Gespräch mit Anneke Kim Sarnau

Seit dem Abschied von Sascha Bukow sind mehr als zwei Monate vergangen. Wie verarbeitet Katrin König die Trennung?

Katrin König versucht an einen Punkt zu kommen, an dem die Trennung für sie okay ist, aber sie merkt, dass der nicht so schnell erreichbar ist, wie sie hoffte. Sie bemüht sich mit allen möglichen Mitteln, ihn aus ihrem Kopf zu kriegen und einen Ausgleich für ihr Wesen und für ihren Beruf zu finden. Doch bislang schlägt nichts an. Katrin König möchte wieder zu der Polizistin werden, die sie ursprünglich mal war, aber man kann eben nicht einfach einen Reset-Button drücken. Ab einem gewissen Zeitpunkt hat das auch gar nichts mehr mit Bukow zu tun. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen; man wird älter, hat Dinge gesehen, erlebt und getan und sich dadurch gewandelt. Und diesem Wandel kann auch Katrin König sich nicht entziehen.

Als es einen neuen Fall gibt, holt Röder sie persönlich zu Hause ab. Er will die Profilerin weiterhin ins Kommissariat einbinden. Warum zeigt sie sich nicht offener für sein Angebot?

Katrin König kann gerade gar nichts planen, dazu steckt sie noch zu sehr in der Verarbeitung ihres Verlusts. Um ihre Zukunft zu planen, Dinge zu überschauen oder gar eine neue Verantwortung zu übernehmen und in Kommunikation mit den anderen zu treten, ist sie noch zu gelähmt, zu sehr in sich verhakelt. Am liebsten würde sie sich zu Hause einigeln.

Auch von den Kollegen reißt sich niemand um Bukows Stelle. Traut sich noch niemand, die neuen Realitäten anzuerkennen?

Der Schatten von Bukow ist auf jeden Fall noch da. Der Stuhl wird noch freigehalten.

Dieser Fall dreht sich um schwierige Familienkonstellationen: Nach der Ermordung einer alleinerziehenden Mutter und ihres Sohns mit Behinderung rückt ein Paar mit zwei Pflegekindern in den Fokus. Was erzählt diese Geschichte für Sie?

Ich finde das Thema Pflegefamilien absolut spannend. Da werden Menschen zusammengemixt, bei denen man vorab nicht weiß: Passt das zusammen oder passt das nicht zusammen? Darum ist es wichtig, dass die Leute, die sich dazu bereit erklären, Kinder aufzunehmen, sich vorher klarmachen, was auf sie zukommt. Sie müssen bereit sein, sich wirklich um andere zu kümmern, und übernehmen eine große Verantwortung. Die Genths aus dem Film sind eigentlich Leute, die passen; sie haben nicht aus wirtschaftlichen Gründen Pflegekinder aufgenommen, sondern weil sie sich Kinder gewünscht haben und keine eigenen kriegen konnten. Das sind im Grunde sympathische, reflektierte Menschen, aber als sich dann doch noch leiblicher Nachwuchs ankündigt, wollen sie die Pflegekinder plötzlich wieder loswerden. Ähnlich verantwortungslos verhält sich der Vater des schwerbehinderten Jungen, der die Mutter mit der Pflege allein lässt. Das Verhalten dieser Erwachsenen ist letztlich eine Art Konsumverhalten. Ich glaube, vielen Leuten ist nicht klar, was es bedeutet, Kinder zu haben. Deshalb wäre ich dafür, allen Kindern schon in der Schule beizubringen, was es heißt, sich kümmern zu müssen und Verantwortung zu tragen. Diese menschliche Ebene zu erfassen, das, was drunterliegt in diesem Fall, das hat mich an dem Film fasziniert.

Katrin König war selbst ein Pflegekind, ist aber kinderlos. Hat sie je daran gedacht, eine Familie zu gründen?

Katrin König merkt, gerade auch in der Begegnung mit den Genths, dass sie von ihren Adoptiveltern etwas sehr Gesundes mitbekommen hat. Sie hatte tolle Adoptiveltern, die sich ihr total gewidmet haben und gute Menschen waren. Aber sie hat für sich erkannt, dass sie das, was sie mitbekommen hat, selbst gar nicht leisten könnte. Sie ist nicht mit sich im Reinen und sie weiß das auch von sich. Sie hätte den Anspruch, eine mindestens ebenso gute Mutter zu sein wie ihre Adoptivmutter, und ihr ist klar: Das kann sie nicht. Das sieht sie ganz nüchtern.

Der Pflegesohn der Genths ist verschwunden und gerät in Verdacht, mit dem Mord in Verbindung zu stehen. Königs Nachforschungen dazu werden jäh von Bukows Schwester Melly ausgebremst. Was geht in ihr vor, als Melly unvermittelt vor ihr steht?

Sie ist natürlich empört. Zum einen passt es ihr überhaupt nicht in den Kram, es plötzlich mit Melly zu tun zu bekommen, wo sie doch versucht, Sascha Bukow zu vergessen. Und zum anderen findet sie es eine Dreistigkeit, dass diese Person quasi in ihr Revier eindringt. Katrin König hat sich gerade vorgenommen, wieder an ihre Anfänge anzuknüpfen und eine vorbildliche Polizistin zu sein, und dann kommt ausgerechnet eine Person aus Bukows Umfeld und sagt ihr: „Nee, sorry, das geht jetzt nicht“? Das findet sie unmöglich.

Zuerst liegt also Streit in der Luft, aber letztlich knacken die beiden den schwierigen Fall gemeinsam. Melly Böwe ist in vielem das Gegenteil der Profilerin. Wie sieht König die andere?

Melly ist für Katrin König wie eine Figur von einem anderen Stern. Weil sie so weit weg von ihr ist. Diese Frau ist ihr vollkommen fremd. Auf der einen Seite hat sie etwas so Empathisches, Offenes, Herzliches, dass Katrin König sich denkt: „Huch, so kann man Polizistin sein?“. Auf der anderen Seite sieht sie bei der Arbeit, dass Melly Böwe schon sehr genau weiß, was sie tut. Nachdem Katrin König erstmal eine Weile wütend und damit überfordert ist, Melly anzunehmen, fasst sie im Laufe der Ermittlungen dann doch Vertrauen zu ihr.

Wie wird es weitergehen?

Eines kann man auf jeden Fall sagen: Melly Böwe kommt zurück! Und das gefällt mir sehr. Denn wenn jetzt eine neue Konstellation im Revier entsteht, dann macht das mit allen was. Es wird lustig und interessant sein zu sehen, was es mit den Männern macht und was mit den Frauen. Im Augenblick herrscht noch eine große Betroffenheit, aber insgesamt wird mit Melly Böwe eine andere Stimmung Einzug halten. Das Ganze wird in vielem eine andere Leichtigkeit erhalten; es kommen ganz neue Ebenen dazu. Darauf freuen wir uns.

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