Hanno Koffler über seine Figur Oliver Timmig

Denis (Malik Blumenthal) bittet seinen Bruder Oliver (Hanno Koffler) um Hilfe.
Denis bittet seinen Bruder Oliver um Hilfe. | Bild: NDR / Georges Pauly

Oliver Timmig kennt sich mit Präzision aus. Als Bautischler kann er Bauteile millimetergenau zuschneiden. Ähnlich akkurat ist sein Leben geplant. Man könnte auch sagen: arrangiert. Dabei sieht von außen alles perfekt aus. Eine reizende Kleinfamilie, zwei lebenslustige Kinder, die Frau führte ein eigenes Geschäft, Olivers Chef ist sein bester Freund. Die Familien grillen gemeinsam, beim Bier wird gekickert, man unterstützt sich. Idylle am Hamburger Rand inklusive freundlicher, scharf beobachtender Nachbarn. Trotzdem kommt Oliver ins Schwitzen: wenn Denis bei ihm auftaucht und ihm droht. Wenn sein Vater bei ihm auftaucht und ihn ermahnt. Wenn Falke bei ihm auftaucht und wissen will, wie alles in Wirklichkeit ist. Oliver weiß, wie man etwas aufbaut, aber er ist hilflos, wenn alles ins Rutschen gerät. Dann weiß er manchmal nicht mehr, wer er ist – oder weiß es auf einmal wieder ganz genau.

Hanno Koffler über seine Figur Oliver Timmig

Was hat Sie an der Rolle gereizt?

Das große Thema meiner Figur, aber vielleicht auch der ganzen Geschichte, ist die Frage „Was ist Identität?“. Die Frage, ob es möglich ist, die ursprüngliche Identität, die eigene Herkunft, die eigene Vergangenheit abzulegen und das eigene Leben nochmal völlig neu zu beginnen. Jemand anderes sein zu können. Ich finde das eine span - nende Frage und ich kann nachvollziehen, dass diese Idee etwas sehr Reizvolles hat. Gerade für Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft in unserer Welt benachteiligt werden. Meine Figur bekommt tatsächlich schicksalhaft die Möglichkeit eines Neuanfangs, eines besseren Lebens, und ergreift sie. Ich habe dafür viel Empathie, denn es ist ja eine große Ungerechtigkeit, eine unverschämte Willkürlichkeit des Lebens, wo und wie und in welchem sozialen Gefüge wir geboren werden. Wir alle hätten es verdient, auf der ganzen Welt dieselben Möglichkeiten für ein gutes Leben zu bekommen, doch die Realität ist leider eine andere …

Wie wichtig war das Thema „ein fremdes Leben leben“ bzw. „Familie“ für die Rolle?

Nachdem meine Figur seine Vergangenheit abgelegt hat, stellt sich die Frage, worüber man sich eigentlich identifiziert, wenn man all das, was einen ausgemacht hat, nicht mehr hat, nicht mehr ist oder sein darf – Name, Herkunft, Freunde, Eltern, Geschwister … Was bleibt dann noch, worüber man sich identifiziert? Was gibt uns im Leben unsere Identität? Meine Figur versucht es über den Beruf und über die Gründung einer eigenen Familie. Er versucht, sich ein neues zu Hause zu erschaffen, was zu dem wichtigsten Gut seines Lebens wird – nicht nur, weil er seine Familie liebt, sondern weil es eben bald seine ganze Identität ausmacht. Seine eigene Familie wird zu dem, was er ist. Und was passiert nun, wenn diese „neue“ Identität auf das alte Leben stößt? Auf alte Erinnerungen? Alte Gefühle und Verantwortlichkeiten? Man bleibt am Ende womöglich doch immer gefangen in seiner eigenen Haut. Oder nicht?

Wie war die Arbeit an einem „Tatort“?

Max Zähle, der Regisseur, hat wirklich sehr viel Herzblut und Lei - denschaft in diesen „Tatort“ gesteckt, das hat sich auch schon beim Casting auf mich übertragen. Es war von Anfang an klar, dass das ein besonderer „Tatort“ werden soll. Außerdem ist es immer aufregend, in einem „Tatort“ mitzuspielen. An diesem „heiligen“ Sonntagabend Teil einer Geschichte sein zu dürfen, die von einem so großen und treuen Fernsehpublikum mitverfolgt wird, ist etwas ganz Besonderes. Und Wotan Wilke Möhring und Franziska Weiss sind tolle Kommissare. Ich hatte zwar ausschließlich Szenen mit Wotan, aber mit ihm zu spielen hat mir wirklich viel Freude bereitet.

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