Interview mit Drehbuchautor Leo P. Ard

»Wir leben in einer Zeit und in einem Land, in dem die Kluft zwischen reich und arm immer größer wird.«

Marcus, Nadine, Daniel und Kai Perlmann
Bei einem Benjamin-Wolters-Gedenkabend provoziert Marcus seine Freunde Nadine und Daniel mit einer Parodie auf den toten Freund. Nicht uninteressant für Kai Perlmann, der das Ganze interessiert beobachtet. | Bild: SWR / Peter Hollenbach

Haben Sie etwas gegen die Jungen, Schönen und Reichen vom Bodensee?

Wir leben in einer Zeit und in einem Land, in dem die Kluft zwischen reich und arm immer größer wird. Das Milieu von Arbeitslosen, Ausgegrenzten und sozial Schwachen ist nicht selten das Milieu, in dem "Tatorte" spielen, völlig zu recht. Es war deshalb reizvoll, mal einen Blick auf das Leben der Reichen und Schönen zu werfen, die es nicht nur auf Sylt, sondern auch am Bodensee gibt. Es gibt darunter auch dekadente Typen, die sich Freundschaften nur erkaufen können und ihrem trostlosen Leben mit makabren Spielen einen "Kick" geben wollen. In unserm Fall eben ein "Todesspiel".

Der einzige dieser illustren Clique, der "richtig" arbeitet, ist ausgerechnet für einen Hedgefonds aktiv ... Werfen Sie als gelernter Banker einen besonders kritischen Blick auf die Finanzwelt?

Als ich in den 1970er Jahren als Bankkaufmann gearbeitet habe, war es selbstverständlich, die Kunden uneigennützig zu beraten. Heute geht es vor allem darum, eine möglichst hohe Provision einzustreichen und den Profit der Banken zu maximieren. Für Hedgefonds gilt das noch viel extremer. Niemand wäre vor 30 Jahren auf die Idee gekommen, einen Film zu schreiben, in dem Banker und Fondsmanager die Bösewichter sind. Heute – nach Bankenkrise, Hausdurchsuchung bei Bankchefs und Verhaftungen von Managern – darf man einigen dieser Branche durchaus kriminelle Energie unterstellen und sie als Bösewichter zeigen.

Die fünf Freunde heischen nach Erfolg und Bewunderung, gern auf Kosten anderer. Innere Werte zählen nicht mehr. Malen Sie da nicht ein allzu düsteres Bild?

Einige der Filmfiguren sind dekadent und selbstzerstörerisch, andere auf der Suche nach Anerkennung bis zur Unterwürfigkeit. Natürlich haben wir es in diesem Film mit einer sehr extremen, privilegierten Clique zu tun. Aber steht nicht jeder manchmal vor der Frage, wieweit man gehen würde, um "dazuzugehören"? Wie weit geht man, um in einer Clique nicht ausgegrenzt zu werden, wann ist man mutig, wann feige? Wann erlaubt man sich den Widerspruch, den Absprung?

Woher stammt die Idee für diesen Film?

Ich habe mal erlebt, wie in einem Restaurant eine Gruppe angetrunkener Yuppies dem Verkäufer einer Obdachlosenzeitung einen Hunderter angeboten hat, wenn er auf die Knie gehen und wie ein Hund bellen würde. Ich war sprachlos. Obwohl er sicherlich das Geld gebrauchen konnte, besaß der Mann so viel Würde, es nicht zu machen und den Typen den Stinkefinger zu zeigen. Als der Mann gegangen war, wechselten einige Hunderter die Besitzer. Die hatten doch tatsächlich gewettet, wie der Mann reagieren würde. Diese Szene werde ich nie vergessen.

0 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.

Mehr zum "Tatort"

Der Fall in Bildern