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Taiwan: Nach den Wahlen – auf dem Weg in Pekings Arme?

PlayEin Roller mit zwei Personen fährt an einem Wahlplakat vorbei.
Taiwan: Nach den Wahlen – zurück in Pekings Arme? | Bild: Ulrich Mendgen / ARD Tokio

In Taiwan geht die Demokratie in die nächste Runde. Die Bürger stellen ein neues Parlament auf, sie wählen einen neuen Präsidenten, ohne dass jemand von außen hineinredet.
Warum das alles keine Selbstverständlichkeit in Taiwan ist, das zu erklären hat sich Lin Fei-fan zur Aufgabe gemacht. Der 35-Jährige unterstützt die Regierungspartei DPP, die Abstand zu Peking hält. Das Präsidentenamt hat die DPP erneut gewonnen. Am Wahlabend in der Parteizentrale hat Lin aber nicht nur Grund zum Jubeln über die Ergebnisse: "Wir haben ein Patt im Parlament. Keine Partei hat die absolute Mehrheit. Das ist etwas Neues für uns, das hatten wir noch selten in unserer Geschichte."

Demokratie als Errungenschaft

Taiwan steht am Beginn eines neuen Kapitels. Die Demokratie unter Druck. China droht immer öfter, will sich die Insel einverleiben. Wie lange kann das die Gesellschaft aushalten? Lin Fei-fan zeigt uns den Ort, der ihn hoffen lässt. Das Parlament von Taiwan. Vor zehn Jahren Schauplatz eines Neuaufbruchs. Lin wird hier gleich vom Sicherheitsdienst erkannt. Damals war er ein ungebetener Besucher. Als Demonstrant und sogar Besetzer. Jetzt darf er spontan hinein. Das ist eben Demokratie in Taiwan. 2014 wollte die damalige Regierung ein weitreichendes Wirtschaftsabkommen mit China durchpauken. Ein gewaltloser Protest, beteuert Lin heute. Zugleich eine Wende für Taiwan.

Tatsächlich steht Meinungsvielfalt in Taiwan hoch im Kurs. So mobilisiert die konservative Traditionspartei Kuomintang ihre Anhänger im Wahlkampf. Sie gilt eher als China-freundlich, im Gegensatz zur Regierung. Die politische Heimat des Unternehmers Hsu Cheng-wen: der 58-Jährige beobachtet den Dauerkonflikt zwischen Taiwan und China mit Sorge. Seine Landsleute sollten mehr darauf achten, China nicht noch weiter zu verärgern. Hsu’s Partei KMT fordert, mehr auf Peking zuzugehen. Mehrheitsfähig ist diese Meinung nicht in Taiwan. Aber in seiner Firma in Taipeh erlebt Unternehmer Hsu eine andere Welt. Er lässt drüben auf dem Festland billig produzieren, macht gute Geschäfte mit den Chinesen, reist selbst oft in die Volksrepublik. Abstand halten zu Peking, das findet er falsch.

Das Leben geht weiter in Taiwan, trotz der Drohungen aus China, Das Thema nervt inzwischen viele. Die Politik habe die Alltagssorgen der Bürger vergessen, heißt es. Ein Grund, warum die Regierungspartei es bei der Parlamentswahl schwerer hatte als früher.
Wenn der ehemalige Studentenführer Lin Fei-fan auftaucht, erinnern sich aber viele. Bis heute ist er populär in Taiwan. Der Mann, der einst mit seinen Weggefährten eine engere Anlehnung Taiwans an China abwendete, glaubt nicht, dass sich an diesem Kurs seiner Heimat noch einmal etwas ändern wird. Das wird auch der Kurs des frisch gewählten Präsidenten Lai sein. Vorausgesetzt, er kann künftig auch die Oppositionsparteien davon überzeugen.

Autor: Ulrich Mendgen, ARD Tokio

Stand: 22.01.2024 18:46 Uhr

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