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Weltspiegel

Island: Bankrott auf ganzer Linie

Banken pleite, Staat pleite, Regierung geschasst: Das kleine Island mit seinen nur rund 300.000 Einwohnern hat als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise Milliardenschulden. Und daran gehen am Ende dann auch seine Bürger bankrott: Junge Familien, die auf Baustellen leben, weil die Handwerksfirmen in Konkurs sind; Menschen mitten im Leben, die jetzt wieder studieren gehen, weil sie ihre Jobs los sind; und solche, die einfach ihre Sachen packen und das Land verlassen. Andere gehen auf die Straße: Auf der Insel spricht man von den heftigsten Auseinandersetzungen seit den Protesten gegen den NATO-Beitritt 1949. Seit Herbst vergangenen Jahres wird jeden Samstag in Reykjavik demonstriert. Der Regierungschef wurde mit Eiern und Schneebällen beworfen - bis er diese Woche gehen musste. Es wird Neuwahlen geben. Damit ist Island das erste Land, dessen politische Führung über die ökonomischen Tumulte stolpert. Und das alles, weil wohl einige Banker zu heiß gebadet haben in den Thermalquellen der Vulkaninsel. Nächste Woche ist Gläubiger-Versammlung beim Pleitegeier Kaupthing-Bank.

Autorin: Claudia Buckenmaier, ARD Stockholm

Neuseeland: Volle Düse durchs Naturschutzgebiet

Krise hin oder her: Ein bisschen Spaß muss sein. Und Jetbootfahren, so schwärmt unser Korrespondent Robert Hetkämper, ist „ein Heidenspaß". Wenige Minuten später ist der Hut weg, sein Markenzeichen. Ausgerechnet. So kann's gehen, wenn einem der Fahrtwind den Scheitel zieht. Mit zehn Litern Hubraum und hundert Sachen über nur fünf Zentimeter tiefes Wasser, mitten durchs Naturschutzgebiet. In Neuseelands Jetbooten bleibt kein Auge trocken. Die PS-Monster mit Düsenantrieb sind eine nationale Ikone und heimische Erfindung. Sagen jedenfalls die Kiwis. Dabei soll schon der alte Archimedes ein paar hundert Jahre vor Christus über den Vortrieb durch Wasserkraft sinniert haben. Heute gibt's sogar politischen Segen für die Raserei: Der Tourismus ist Neuseelands größter Devisenbringer, die Regierung fördert ausdrücklich das Markenzeichen 'Abenteuer'. Und mehr Abenteuer, als im Donnerkahn durch faszinierende Landschaften zu jetten, geht kaum. Was in Deutschland undenkbar wäre, hat auf der anderen Seite des Globus Methode. Bitte anschnallen!

Autor: Robert Hetkämper, ARD Singapur

Iran: Khomeinis Teekocher rechnet ab

Auf den Tag genau heute vor 30 Jahren kehrt Ayatollah Khomeini aus dem französischen Exil nach Teheran zurück - und mit ihm die „Islamische Revolution". An der Seite des weißbärtigen Imams dient Hajj Darwish, sein Teekocher. Darwish ist heute 76 Jahre alt und bitter enttäuscht. Für ihn hat die Islamische Republik nichts mehr mit dem zu tun, was Khomeini einst vorschwebte: Zu viele, die über die Religion an die Macht gekommen sind, aber den Islam nur dafür benutzt haben. Zu viele Reglementierungen, die die Meinungsfreiheit einschränken, zuviel Einfluss für die Revolutionswächter, die - nach Meinung des Dieners - die Mullahs und Ayatollahs zusehends von den Schalthebeln der Macht verdrängen. Darwish hat persönlich nicht davon profitiert, dem Volkshelden so nahe gestanden zu haben. Er muss mit ein paar Führungen durch Khomeinis bescheidene Räume und mit Taxifahren versuchen, über die Runden zu kommen. Denn eines kann nicht mal der Gottesstaat des amtierenden Präsidenten Ahmadinedschad kaschieren: Die Unfähigkeit der Regierenden, die Lebensverhältnisse der Bevölkerung trotz riesiger Öl- und Gasvorkommen nachhaltig zu verbessern. Kein Wunder, dass nur noch bestenfalls ein Drittel der Iraner das religiöse System unterstützt.

Autor: Peter Mezger, ARD Teheran

USA: Energiesparen im Armenviertel

Erste Amtshandlungen in Sachen Umweltpolitik lassen schon erkennen: Der neue US-Präsident Barack Obama redet das Klima nicht mehr länger schön, stattdessen kündigt er die Energiewende an. Seit Jahren schon hofft der Rest der Welt, die USA mögen doch endlich ihren grünen Daumen entdecken und vielleicht internationale Klimaschutzabkommen unterzeichnen. Und sieh da, in Denver, Colorado, haben sie den Hebel schon umgelegt: Seitdem in Amerika und den US-Vorwahlen das Wort 'Canvassing' wieder Konjunktur hat, also das engagierte Werben der politischen Fußtruppen an den Haustüren der Bürger, gehen hier die 'Canvasser' nun für neue Ziele von Haus zu Haus. Sie bringen einen Millionenetat der Stadt Denver unters Volk, die ehrgeizige Klimaschutzziele anpeilt. Vorzugsweise in ärmeren Haushalten tauschen die Hilfstruppen des Bürgermeisters seitdem kostenlos Glühlampen und Duschköpfe aus, melden veraltete Heizungen und zugige Dächer. Danach kommen die Handwerker, ebenfalls auf Kosten der Stadt. „Wir wollen Energie sparen und das Klima verbessern", sagt Denvers neuer Mann fürs Grüne, „dafür ist die Politik doch da!"

Autor: Klaus Scherer, ARD Washington

Philippinen: Zuflucht vor dem Kinderstrich

Vanille und Pfefferminz sollen helfen gegen den Ekel. Mit diesen Geschmacksrichtungen versehene Kondome verteilt Pater Heinz Kulüke im philippinischen Cebu-City - aller Verdammnis der katholischen Kirche zum Trotz. Er hat keine Wahl, will er die schätzungsweise zehntausend, teils minderjährigen Prostituierten in der Stadt zumindest vor gefährlichen Geschlechtskrankheiten, tödlichen Abtreibungen und HIV bewahren. In Cebu-City boomt der Menschenhandel, die Metropole ist zu einer Hochburg für den internationalen Sextourismus geworden. Das kriminelle Verlangen der Urlauber treibt immer jüngere Mädchen aus der Armut ihrer Familien in die Bars und Bodelle auf dem Kinderstrich. Bis zu 15 Kunden müssen sie bedienen, für ein paar Euro, Abend für Abend. Pater Kulüke ist jede Nacht in den einschlägigen Vierteln unterwegs, und manchmal gelingt es ihm in zähen Verhandlungen, den Zuhältern eines der Mädchen abzunehmen. In einem Rehabilitationszentrum bietet er ihnen dann Zuflucht und eine Zukunft ohne Prostitution. Der Weltspiegel hat den Pater auf seiner Mission im Rotlichtmilieu begleitet.

Autor: Thomas Berndt, ARD Tokio

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Norddeutscher Rundfunk
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