SENDETERMIN So., 21.01.24 | 23:35 Uhr | Das Erste

Druckfrisch-Musiker des Monats: Löwenzahnhonig

Druckfrisch-Musiker des Monats: Löwenzahnhonig | Video verfügbar bis 21.01.2029 | Bild: ARD

"druckfrisch" darf schon wieder ein Jubiläum feiern. Dabei helfen uns in unserer 200. Ausgabe die Musiker des Monats Januar: die Züricher Band, die sich selbst den Namen "Löwenzahnhonig" und ihrem nach Fleetwood Macs Feelgood-Hymne "Albatros" klingenden Song den Titel "Möwe" gegeben hat. Dream-Folk-Pop vom feinsten. So irre und schön wie ihre Musik ist auch die Sage vom Entstehen ihres Bandnamens. Sie behaupten: "Im Musik-Universum gibt es ein Areal, wo Bandnamen auf ihre Musiker*innen warten. Der Name Löwenzahnhonig wartete lange und geduldig auf den 21.Dezember 2021. An dem Tag betrat Fai Baba das Studio von Long Tall Jefferson in Zürich, um zusammen Gitarre zu spielen. Zufälligerweise war auch Paul Märki, Ex-Bassist von Black Sea Dahu, zugegen, denn es ist zur Hälfte sein Studio. Fai Baba und Long Tall Jefferson begannen zu spielen, Paul begann zuzuhören und eine halbe Stunde später saß Paul an den Drums und die drei spielten einen Song, den sie davor noch nicht kannten: Winter Solstice. Spätestens an dieser Stelle musste den drei Musikern dämmern, dass sie im Bann eines mächtigen Bandnamens standen, der endlich seine Bestimmung erfüllte.“ - Mehr kann man dazu wahrlich nicht sagen, denn genau so fühlte es sich an, als die drei bei uns live gespielt haben.

Den Auftakt zur Sendung machte (begleitet von einem kleinen Sirenen-Solo unseres Realisators Andy Ammer) das Damen-Schwestern-Duo von "Rising Appalachia", das konsequent versucht, jenseits der Musikindustrie ein künstlerischen Ort zum Überleben zu finden. Tonträger werden im Selbstvertrieb, über künstlerische Kollektive oder per Crowdfunding veröffentlicht. An die heilende Kraft der Musik glauben die beiden Damen aus den Appalachen trotzdem. Man darf vermuten, dass ihr Bandnahme politisch zu betrachten ist. Anfangs haben sie ihre Kunst auch als "Slow Music Movement" betrachtet. In der angespannten Lage der öffentlich-rechtlichen Sender (insbesondere der Kulturprogramme) gefiel uns ihr Titel "Keep going" natürlich besonders gut. Nehmen wir uns zu Herzen. Nur unsere Sendung würde mit Crowdfunding wohl nicht funktionieren.

Aus den Applachen nach Kanada, wo Elise LeGrow zu Hause ist, die – wie sie in ihrem Song "Drinking In The Day" behauptet – lieber laut losweint, als ihre Sorgen in Alkohol zu ersäufen. Ihre Musik wird dementsprechend gern als "erwachsen" bezeichnet, was zunächst nicht nach einem Lob klingt, aber für eine 21 Jahre alte Sendereihe im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vielleicht ausnahmsweise angemessen ist. Begonnen hat die Dame mit Coverversionen solcher Musik-Machos wie Bo Diddley und Chuck Berry. Mit ihrer Karriereplanung ist irgendetwas faul: Dauernd wird die Dame mit den Größten des Business verglichen, aber Ihre Webseite ist beständig "under construction", ihre letzte Platte dauert nur 24 Minuten, den Mix aus einer etwas halligen Gitarre und einer schönen Stimme hat man auch schon einmal gehört, … aber was soll's: ziemlich toll und "catchy" ist das doch. 

Dann der älteste Titel der Sendung (eigentlich wollten wir zu Kafka einen zeitgenössischen Blues Song aus den 20-er Jahren spielen, haben uns dann aber doch anders entschieden) : "Morphine" gehören zu den großen unentdeckten Supergroups der Musikgeschichte. Immer wieder muss die Geschichte erzählt werden, dass nach 10 Jahren Bandgeschichte 1999 ihr Frontman Mark Sandman bei einem Konzert tot zusammenbrach. Gegenüber dieser Geschichte gerät die unglaubliche Besetzung des Trios in Vergessenheit, das nur aus Schlagzeug, Saxophon dem Bass (und der Stimme) von Mark Sandman bestand, der den Minimalismus der Band noch auf die Spitze trieb, indem er seinen Bass nur mit 2 Saiten bespannte, was maßgeblich für den hypnotischen Sond der Band war. Von der Band existieren genau 5 Alben und 59 Songs, die allesamt unsterblicher sind als ihr Sänger. Diesmal (und sicher nicht zum letzten Mal) in der Sendung mit ihrem Titel "The Other Side" vom Debütalbum "Good", das auch so wunderbare Titel enthält wie "The saddest Song" oder "You Look Like Rain" … Diese dann demnächst auf diesem Kanal.

Im selben Jahr (1989) wie "Morphine" wurde die Band "Freiwillige Selbstkontrolle" gegründet. Sie liefert zum Schluss der Sendung noch den Beweis, dass nicht nur Literatur im Fernsehen funktionieren kann, sondern auch Philosophie in der Gesangskunst. Die Diskursband um DJ-Literat Thomas Meinecke hat wieder eine Platte zur Lage der Nation herausgebracht, die "Topsy Turvy" heißt. Wir spielen daraus den von Michaela Melian herzzerreißend gesungenen Titel "Amorbach" über eine Spritztour des verehrten Philosophen Theodor Wiesengrund Adorno im Odenwald, seiner bevorzugten Urlaubsgegend. Was das mit den "zwei Müttern" auf sich hat, muss jeder selbst herausfinden, ist ja nicht umsonst anspielungsreichste Intellektuellenmusik. Meinecke und Melian haben selbst schon im hier besungenen "Hotel Post" im Örtchen Amorbach übernachtet und dann offenbar diesen Song geschrieben. Schön, dass es so etwas gibt. Wir sind Fans seit Gründung der Band, die noch älter ist als "druckfrisch". … Wird Zeit, dass sie einmal in "druckfrisch" auftritt.

Andy Ammer

TitelInterpret
Keep GoingRising Appalachia
Drinking In The DayElise LeGrow
MöweLöwenzahnhonig
The Other SideMorphine
AmorbachFSK

Stand: 21.01.2024 13:59 Uhr

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